Handball bei Olympia:Zurück auf dem Thron

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Er prägt eine goldene Generation: Wird Nikola Karabatic auch 2024 in Paris dabei sein? (Foto: Franck Fife/AFP)

Frankreich krönt sich mit einem 25:23-Sieg gegen Weltmeister Dänemark zum Olympiasieger. Doch der Triumph soll keine Abschiedsvorstellung gewesen sein - eher der Beginn einer neuen Dominanz des französischen Handballs.

Von Claudio Catuogno, Tokio

Es geht wieder mal um dieses eine letzte Tor, das alles entscheiden wird. Werfen es die Dänen, gibt es Verlängerung. Werfen es die Franzosen, sind sie Olympiasieger. 25 Sekunden noch zu spielen, die Dänen lassen den Ball zirkulieren, spähen nach einer Lücke in der französischen Deckung. Faszinierend, wie so ein Handballspiel das immer wieder hinkriegt: Dass nach sieben Partien in 16 Tagen und neunundfünfzigeinhalb Minuten im Finale die Entscheidung über Sieg und Niederlage in diesen Alles-oder-nichts-Situationen zusammenschnurrt.

Die Dänen haben also den Ball, es ist schon Zeitspiel angezeigt, sie müssen bald zum Abschluss kommen. Und dann passiert das, was irritierend oft passiert ist in diesem Finale von Tokio: Ein Zuspiel ist zu ungenau, es wird nicht entschlossen genug zugegriffen - und die Franzosen bringen ihre Finger dazwischen. Ludovic Fabregas wirft den Ball auf seine letzte Reise, ins leere dänische Tor. Das Endspiel ist entschieden.

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Frankreich ist also Olympiasieger, nach einem 25:23-Sieg gegen Dänemark. Vor fünf Jahren in Rio war das Endspiel auch schon mit zwei Toren Unterschied ausgegangen - damals für Dänemark, 28:26. Die Franzosen hatten damals Silber gewonnen. Jetzt sind sie zurück auf dem Thron.

Mittendrin feierten ein paar ziemlich alte Männer, die ihrem Team noch viel zu geben hatten: der Kapitän Michaël Guigou, 39, der mehrmalige Welthandballer Nikola Karabatic, 37, Luc Abalo, 36, und Yann Genty, der zweite Torwart, ebenfalls 39. Guigou und Karabatic haben die ganze lange Reise mitgemacht, angefangen mit den Olympiasiegen 2008 in Peking und 2012 in London (damals noch gemeinsam mit ihrem heutigen Trainer Guillaume Gille). In vier Olympiafinals hintereinander stand bisher kein anderes Team.

Insofern lag auch Wehmut in der Luft, als der Kapitän Guigou nach der Siegerehrung seine Abschiedsworte sprach. "Ich beende meine internationale Karriere mit einer olympischen Goldmedaille", sagte er, "aber ich teile diesen Sieg mit einer Gruppe, die weitere Titel gewinnen wird." Auch Abalo hat seinen Abschied angekündigt. Karabatic hingegen hat nichts dergleichen gesagt. 2024 - ausgerechnet in Paris - noch mal dabei zu sein, klingt einerseits verlockend. Es wären seine sechsten Spiele. Andererseits wäre er dann 40. On verra, man wird sehen.

"Frankreich war heute die bessere Mannschaft", erklärt Dänemarks Trainer Nikolaj Jacobsen

Lange hatte es am Samstagabend in Tokio nicht so ausgesehen, als würden Karabatic und die anderen dieses Finale noch mal spannend werden lassen. Mitte der ersten Halbzeit hatten sich die Franzosen zum ersten Mal einen Zwei-Tore-Vorsprung erkämpft (6:4), den bauten sie dann Stück für Stück aus, 14:10 zur Halbzeit, 18:13 kurz nach Wiederanpfiff. Warum schien das so einfach zu sein, wo doch die Dänen - immerhin aktueller Weltmeister - ein Gegner auf Augenhöhe hätten abgeben sollen? "Weil wir im Angriff heute Fehler gemacht haben, die wir normalerweise nicht machen", erkannte ihr Trainer Nikolaj Jacobsen. Der letzte missglückte Angriff stand da stellvertretend für weite Phasen der Partie - "und das lag an der fantastischen französischen Defensive", sagte Jacobsen. Selbst Mikkel Hansen, sonst der Mann für die treffsicheren dänischen Geschosse, fand diesmal kaum ein Durchkommen: Von 16 Versuchen brachte er nur neun ins Netz, fünf davon waren Siebenmeter.

Letztlich war es nur ein berauschter Lauf kurz vor Schluss, auch bedingt durch französische Unterzahl-Phasen, der die Dänen wieder bis auf den einen Treffer heranbrachte. "Aber Frankreich war heute die bessere Mannschaft", erkannte Jacobsen an. "Unsere Solidarität in der Defensive war entscheidend", sagte Guigou.

Eines war den Franzosen dann noch wichtig: dass dieser Triumph von Tokio, bei aller Wehmut, keine Abschiedsvorstellung gewesen sein soll. Dass jetzt nicht die goldene Generation abtritt - und dann endet die Dominanz wieder. "Der Handballsport ist in Frankreich in einer fantastischen Verfassung", sagte der Trainer Gille, "junge Talente kommen nach, zum Teil haben sie hier auch schon Verantwortung übernommen." Und es brauche ja auch "nicht nur Talent", ergänzte Guigou - "die jungen Spieler müssen auch lernen, wie man auf diesem Niveau Spiele gewinnt". Das haben sie am Samstag in Tokio. Die französischen Jahre im Handball, glaubt Michaël Guigou, haben gerade erst richtig begonnen.

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