Deutsche Olympiabewerbung:Eine entlarvend einseitige Erzählung

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Weht die Olympia-Flagge tatsächlich bald auch in Nordrhein-Westfalen? (Foto: dpa)

Die Olympia-Initiative aus NRW stellt sich geschickter an als manche der gescheiterten Vorgänger in Deutschland. Dass sie über zentrale Fragen schweigt, ist aber ein Problem.

Kommentar von Johannes Aumüller

Die Olympia-Euphoriker von Rhein und Ruhr sind in ihrem Gehype also den nächsten Schritt gegangen. In den vergangenen Jahren reifte in Nordrhein-Westfalen recht kontinuierlich ein Konzept für die Austragung der Sommerspiele 2032. Es entwickelte sich eine Erzählung, nach der solch ein Event identitätsstiftend für eine ganze Region sein könne und eine Chance für ein dringend benötigtes Infrastrukturprogramm. Inzwischen fühlt sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schon so weit, dass er bis nächsten Sommer Klarheit will, ob es an den entscheidenden Stellen in der Bundespolitik und beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) Unterstützung gibt.

Mal unabhängig davon, wie aussichtsreich dieses Begehr ist; und erst recht unabhängig davon, wie aussichtsreich oder eher nicht aussichtsreich eine NRW-Bewerbung angesichts der sportpolitischen Realitäten beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wäre: Es gab in Deutschland in jüngster Vergangenheit sicher Bewerbungs-Ansätze, die deutlich ungeschickter rüberkamen. Da zeigt sich auch, wie einflussreich und gut vernetzt einige maßgebliche Protagonisten um den Sportmanager Michael Mronz in Politik, Wirtschaft und auch Medien sind. Aber zugleich ist es entlarvend, wie sich die Olympia-Fraktion in zentralen Punkten verhält.

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Die beiden vergangenen Anläufe für deutsche Bewerbungen scheiterten an Referenden in der Bevölkerung: München 2022 und Hamburg 2024. Es kann keine Zweifel daran geben, dass es im nächsten Versuch wieder die Legitimation durch die Bevölkerung bräuchte. Doch wer sich bei den Verantwortlichen um Laschet erkundigt, ob es in jedem Fall ein Referendum gibt, der bekommt zwar einige differenzierende Sätze, aber kein klares Ja.

Die Olympia-Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht das sicher nicht

Laschet hat wohl recht, wenn er argumentiert, dass in den Referenden nur selten die Sportbegeisterung als solche das Problem war. Es waren halt eher die zu erwartenden Kosten, die beim NRW-Olympia-Projekt übrigens noch überhaupt nicht feststehen und die ohnehin immer höher ausfallen als kalkuliert. Und es war insbesondere die Art und Weise, wie sich das IOC präsentierte: der Gigantismus der Spiele etwa, die Korruption, das ganze selbstherrliche Gebaren dieser Organisation mit ihren - aktuell - 105 Mitgliedern.

Beim IOC ist seit einigen Jahren zwar viel von Veränderung die Rede, und tatsächlich läuft eine Olympia-Vergabe inzwischen deutlich anders. Aber das IOC gibt auf vielen Feldern immer noch ein abschreckendes Bild ab. In Russlands Staatsdoping-Skandal zeigte es verantwortungslose Milde, die Athleten lässt es an seinen exorbitanten Einnahmen nicht angemessen partizipieren. Staatsanwaltschaften beschäftigen sich mit mindestens fünf (Ex-)IOC-Mitgliedern und drei der jüngsten Vergaben (Rio 2016, Pyeongchang 2018, Tokio 2020). Und noch immer diktiert das IOC den Veranstaltern munter etwas rein - wie gerade Tokio erfuhr, das die Marathonrennen verlegen muss.

Da ist es verstörend, wenn die Verantwortlichen der NRW-Bewerbung nur angebliche Verbesserungen beschwören und kritische Stimmen nicht zu vernehmen sind. Die Olympia-Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht das sicher nicht.

© SZ vom 23.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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