RB Leipzig:Olmo und sein mutiger Plan

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In Leipzig angekommen: Dani Olmo (Foto: dpa)
  • Dani Olmo hat einen ungewöhnlichen Weg hinter sich.
  • Nun spielt er bei Leipzig und hat viel vor.
  • Sein persönliches Ziel ist die EM-Teilnahme mit Spaniens A-Team.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Am Montag wurde der Spanier Dani Olmo als Zugang von RB Leipzig vorgestellt, und der Manager des Tabellenführers der Bundesliga, Markus Krösche, ließ dabei eine Bemerkung fallen, die ein wenig kryptisch wirkte. "Als wir auf der Zielgeraden waren, gab es noch turbulente Aktionen", sagte Krösche. Turbulente Aktionen? Es gibt Menschen in Leipzig, die mit dieser Andeutung folgende Geschichte in Verbindung bringen: Olmo, 21, sei von Leipzig längst auf Herz und Nieren geprüft worden, sprich: er habe den obligatorischen Medizintest und damit den letzten Schritt vor der Unterzeichnung des Vertrags geleistet - als sich der FC Bayern bei den Beratern des Spaniers meldete.

Olmo solle auf gar keinen Fall in Leipzig unterschreiben, sollen die Bayern gesagt haben. Man werde einen Flieger nach Leipzig schicken und entscheidende Passagen des eigenen Vertragsentwurfs freilassen: Gehalt, Provisionen für Berater - all das könne die Partie Olmo selbst ausfüllen, nach Gusto, sozusagen. Es klingt tatsächlich nach einer Aktion, wie sie turbulenter nicht sein könnte. Der FC Bayern allerdings bestreitet, zu diesem Zeitpunkt an Olmo interessiert gewesen zu sein. Und doch stehen diese Andeutungen rund um die möglichen Turbulenzen, von denen Krösche gesprochen hat, für vieles. Dafür, dass diesem Olmo ein vorzüglicher Ruf vorauseilt; dass der FC Bayern - sofern er über Olmo nachgedacht haben sollte - ein Auge für Talente hat; dass sich RB Leipzig aber ebenfalls einen Ruf erworben hat; und vor allem, dass es etwas gibt, worauf Verlass ist: Olmos Wort. "Ich hatte mich bereits entschieden, mich verpflichtet. Und ich bin mir sicher: Leipzig ist für mich die beste Option", sagte Olmo am Montag.

Mit 16 Jahren verlässt er den FC Barcelona

Als Krösche von Olmos "ungewöhnlichem Karriereweg" sprach, wirkte es so, als habe der Spanier dem RB-Manager großen Respekt abverlangt. Und dieser Weg war auch wirklich ungewöhnlich - und mutig. Und er scheint Olmo dem Ziel näherzubringen, sein nicht zu verleugnendes Talent zur Geltung zu bringen.

Olmo wurde in Terrasa geboren, einem katalanischen Industriestandort in der Nähe Barcelonas, der Berge, des Meeres. Im Alter von zehn Jahren wurde Olmo in der vielleicht anspruchsvollsten Akademie der Welt aufgenommen, der Nachwuchsabteilung des FC Barcelona. Und er schlug ein. Nahezu jede Spielzeit beendete er als der torgefährlichste Spieler seines Jahrgangs, die Ausnahmen waren das erste Jahr und eine Saison, in der er vom Mittel- zum Außenstürmer umfunktioniert wurde. Doch mit 16 verließ er den Klub. Mit einem Ziel, das in der Rückschau seine Logik entfaltet hat, aber seinerzeit unter vielen Katalanen für Erstaunen gesorgt hat. Olmo ging zu Dinamo Zagreb, zum Serienmeister nach Kroatien.

Die Überzeugung, dass es besser wäre, Barcelona zu verlassen, reifte bei Miquel Olmo, dem Vater von Dani, aus mehreren Gründen. Nach dem Ende der Amtszeit von Pep Guardiola zeichnete sich ab, dass Barcelona sich von der Idee des Ausbildungsvereins entfernen würde, dass Barça sich in einen businessorientierten Konzern zu verwandeln drohte. Der Klub signalisierte Miquel Olmo aber auch, dass man sich auf die Förderung des Südkoreaners Lee Seung-woo konzentrieren wolle, der mittlerweile beim VV St. Truiden in der belgischen Liga gestrandet ist, in der aktuellen Saison hat er dort nur eins von 18 Spielen gemacht. Olmo hatte Angebote von englischen Topvereinen. Doch dem Vater, einem langjährigen Profitrainer, sagte das zu, was er bei Dinamo Zagreb hörte. Man könne nicht so viel Geld bieten wie die Engländer, sagte ihm der Präsident. Aber eine Perspektive. Dinamo Zagreb sei nach Ajax Amsterdam der zweitgrößte Talentschürfer des Kontinents - im WM-Finale 2018 standen zehn Spieler, die mal bei Dinamo gespielt hatten, allen voran Luka Modric. Und: Zagreb stellte einen Plan vor.

Olmo würde im ersten Jahr ein Mal pro Woche, im zweiten Jahr voll mit der ersten Mannschaft trainieren dürfen. Doch Olmo überzeugte so schnell, dass er schon nach zwei Monaten bei den Profis dabei war. Im Februar 2015, als 16-Jähriger, feierte er sein Erstligadebüt - unmittelbar nachdem der FC Barcelona die Transferpapiere freigegeben hatte. Die Umgehungsstraße erwies sich als eine phänomenale Abkürzung. Ein paar Schlaglöcher gab es noch, in Form von Verwunderung über einen Mangel an Einsatzzeit. Doch am Ende standen die Wahl zu Kroatiens Fußballer des Jahres 2018, drei Pokale, vier nationale Meisterschaften - und im vergangenen Sommer der Sieg bei der U21-Europameisterschaft, dazu das donnernde Debüt in der Champions League. Da hatten sich längst Vereine des ganzen Kontinents wieder um Olmo bemüht - aus Deutschland unter anderen Bayer Leverkusen und Mönchengladbach. In Gladbach besuchte Miquel Olmo auch ein Nachwuchsspiel - und staunte, als er dort einen Trainerkollegen sah, von dem er so viel gehört hatte: Julian Nagelsmann, damals noch Trainer in Hoffenheim und heute Coach bei RB Leipzig - und damit der neue Trainer von Dani Olmo.

Des Weiteren soll auch Borussia Dortmund im vergangenen Sommer versucht haben, Olmo von einem Wechsel zu überzeugen; in Italien merkten der AC Milan und Inter Mailand auf, die Engländer meldeten sich, und aus Spanien ist zu hören, dass es intensive Unterredungen Olmos mit dem Ex-Klub seines Beraters Juanma López (Atlético Madrid) sowie mit dem FC Barcelona gegeben habe. Aber weder der Fußball des einen noch der des anderen spanischen Spitzenklubs passen zu dem Offensiv-Allrounder.

Sein persönliches Ziel ist die EM-Teilnahme mit Spaniens A-Team

Am Ende soll Olmo sich zwischen zwei Klubs entschieden haben: Zwischen dem AC Milan, weil dieser seiner Geschichte verpflichtet ist und gerade einen neuen Ehrgeiz entwickelt. Und eben RB Leipzig, das den Zuschlag erhielt. Weil es ein junges, ambitioniertes Unternehmen ist, das schon einige Spieler besser gemacht hat, und das durch den Titelkampf in der Bundesliga und die Champions-League-Teilnahme gute Aussichten darauf bietet, dass Olmo in Spanien wahrgenommen wird. Sein Ziel ist die EM-Teilnahme mit Spaniens A-Team, für das er schon ein Spiel bestritten hat.

Sein neuer Trainer Nagelsmann hält große Stücke auf ihn. Unter der Woche bekam Olmo zwei Einzelschnellkurse in kollektiver Defensivarbeit, eine komplexe Angelegenheit von Automatismen, die der beidfüßige Offensiv-Allrounder noch verinnerlichen muss. Alles andere hat er auf der Festplatte gespeichert. "Er hat ähnlich wie Emil Forsberg eine unglaubliche Ruhe in der roten Zone, was uns sehr gut tut, denn unser Spiel ist nach wie vor auf Geschwindigkeit, auf viele Umschaltmomente ausgelegt", sagt Nagelsmann. Zehner wie Emil Forsberg, Marcel Sabitzer oder eben Olmo mögen es, "zwischen den Linien angespielt zu werden, sie haben eine gute Ballsicherheit und können Drucksituationen auch mal im Eins-gegen-eins lösen, durch kreative Lösungen, einen guten finalen Pass, Ruhe, Überlegtheit, Finesse..." Ob Olmo gegen Mönchengladbach schon im Kader steht, ließ Nagelsmann allerdings noch offen.

© SZ vom 01.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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