Nur Unentschieden gegen Paok Saloniki:Schwarzer Abend für Schalke

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Schalke 04 macht sich mit Nervosität und Passivität das Leben schwer. Nach dem 1:1 gegen Saloniki droht der Bundesligist die Gruppenphase der Champions League zu verpassen. Im Rückspiel fehlt vermutlich der verletzte Torschütze Jefferson Farfan.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Skeptiker, die bis zuletzt gegrübelt hatten, ob nicht im letzten Moment doch noch die Elf von Metalist Charkow durch die Tür kommen würde, erhielten spätestens in dem Moment Gewissheit, in dem Huub Stevens mit grimmiger Miene einmarschierte. Vom Schalker Publikum wurde das neuerdings bei Paok Saloniki tätige königsblaue Trainerdenkmal eher beiläufig empfangen, vermutlich mussten die Leute zu sehr darüber grübeln, ob es wirklich ein Vorteil sein sollte, gegen den griechischen statt den ukrainischen Meisterschaftszweiten um den Einzug in die Champions League zu spielen.

Die Antwort bleibt nach dem 1:1 (1:0) am Mittwoch offen bis zum Rückspiel am nächsten Dienstag. Fest steht, dass dieses Schalke mit jedem Gegner arge Probleme hat. Die Partie gegen Paok geriet zu einem Drama. Außer dem enttäuschenden Resultat gab es Zuschauerunruhen zu beklagen, und so wie es aussieht, muss in der nächsten Zeit außer dem am Knie verletzten Torjäger Huntelaar auch Rechtsaußen Farfan ersetzt werden. Er wurde mit einer Trage vom Platz gebracht.

Es war ein rundum schwarzer Abend für das in grünen Trikots aufgelaufene Schalke 04, selbst wenn Jens Keller, der seiner Mannschaft irritierenderweise "eine überragende erste Halbzeit" attestierte, noch "alle Chancen" auf ein Weiterkommen sah: "Wir sind außerdem immer für ein, zwei Tore gut."

Keller hatte am Dienstag erklärt, nach dem 0:4 in Wolfsburg könne er nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, und tatsächlich ergriff er Konsequenzen. Joel Matip kehrte anstelle von Felipe Santana in die Innenverteidigung zurück, und Christian Clemens musste seinen Platz an Max Meyer abgeben. "Max hat gut trainiert und soll heute das auf dem Platz zeigen, was er im Training gezeigt hat", erklärte Manager Horst Heldt die mutige Personalie, die kein noch so versiertes Fachorgan vorgesehen hatte. Seine technischen Qualitäten konnte Meyer bestätigen, die erhoffte Wirkung konnte der 17-Jährige aber nicht entfalten. Nach 70 Minuten ersetzte ihn Clemens.

Erwartungsgemäß startete Schalke 04 ziemlich nervös in den Abend. Das Ausmaß der Nervosität überraschte trotzdem. Saloniki durfte nach nicht mal drei Minuten den dritten Eckball treten, die Gastgeber rannten verkrampft hinterher. Letztlich war dieses vom spanischen Regisseur Lucas gelenkte Powerplay aber eine optische Täuschung. Die Partie beruhigte sich zügig, Schalke übernahm die Spielführung. Positiv ließ sich dazu sagen, dass die Hausherren bis zur Pause eine außerordentlich hohe Passquote zustande brachten. Auf der anderen Seite stand allerdings der außerordentlich dünne Ertrag.

Saloniki zog sich in geschlossener Formation an den Strafraum zurück und gestattete dem Gegner nur den reichlichen Austausch von Querpässen. Näherten sich die Schalker der neuralgischen Zone, wurde es eng. Auf Torchancen warteten die Zuschauer geduldig, aber vergeblich. Schalke fehlten die Räume, um Tempo zu machen, und die Präzision, um mit Kombinationen Lücken zu schaffen. Farfán, Draxler und Meyer blieben immer wieder hängen, und die Flanken der häufig aufrückenden Außenverteidiger Fuchs und Uchida waren leichte Beute für Salonikis Deckung.

Ein auf gut Glück gestarteter Fernschuss von Jermaine Jones in der 31. Minute war die erste nennenswerte Bemühung, das Tor des spanischen Schlussmanns Jacobo zu gefährden. Gleich darauf fiel das Führungstor. Ausnahmsweise verschafften sich die Schalker ein wenig Platz im Strafraum, Mittelstürmer Adam Szalai legte den Ball zu Jefferson Farfán, der einen sehenswerten Schuss folgen ließ - nicht hart, aber extrem präzise.

Das 1:0 löste große Erleichterung im angespannten Publikum aus, die aber bald wieder den gewohnten Sorgen wich. Schalke wurde nicht sicherer durch die Führung, Saloniki dafür angriffslustiger. In der 39. Minute wäre es fast passiert: Chaotische Szenen trugen sich zu, als Uchida und Jones in einer Mischung aus Unglück, Hektik und Ungeschick einen Kontrollverlust auslösten. Den Schuss von Katsouranis konnte Fuchs gerade noch vor der Linie abfangen.

Auch in der zweiten Halbzeit suchten die Griechen das offene Spiel. Warum nicht? Die Schalker hatten ihre tiefsitzende Unsicherheit hinreichend bewiesen, offensiv kamen sie auch mit etwas mehr Platz nicht besser voran. Nach 73 Minuten fiel der mehr oder weniger angekündigte Ausgleich: Der slowakische Angreifer Stocher lief ungestört drauflos und schlenzte den Ball aus zwanzig Metern ins Eck.

Von Heimspielatmosphäre konnte nun keine Rede mehr sein, zumal die Polizei mit einer Einsatzhundertschaft den Schalker Fanblock besetzte - zuvor hatten sich Schalker Anhänger geprügelt. In der allgemeinen Unruhe kam Schalke noch zu zwei guten Chancen, aber sowohl Farfan wie auch Höwedes vergaben. Wenig später verletzte sich der Peruaner bei einem Pressschlag, die bittere Pointe eines bitteren Abends.

Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile ist bekannt, warum es zum Einsatz im Schalker Fanblock kam. Es ging um eine mazedonische Fahne. Mehr Informationen und Reaktionen gibt es hier.

© SZ vom 22.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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