Eishockey:Regelmäßig reingeschmölzt

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Viel gefieselt: Daniel Schmölz (vorne) hat das Abfälschen beim Streethockey gelernt. (Foto: Jonas Brockmann/Eibner/Imago)

Schon 17 Tore in dieser DEL-Saison: Direkt vor dem gegnerischen Gehäuse, mit einem Gegner im Rücken, trifft Daniel Schmölz von den Nürnberg Ice Tigers am liebsten. Mit den Schmerzen und den Provokationen, die damit einhergehen, weiß er umzugehen.

Von Christian Bernhard

Selbstverständlich bekam Daniel Schmölz zwei, drei kleine Schubser mit, in dieser Zone des Eises kommt man so gut wie nie ohne davon. Doch dem Stürmer der Nürnberg Ice Tigers machte das nichts aus: Trotz des Gegnerdrucks hielt er am Donnerstag im Derby gegen die Straubing Tigers seine Position und fälschte die Scheibe in der 55. Minute zum 2:1 ab, es sollte der spielentscheidende Treffer beim Nürnberger 4:1-Sieg sein.

Das 17. Saisontor des 31-Jährigen war ein typisches Schmölz-Tor: direkt vor dem gegnerischen Gehäuse, mit einem Gegner im Rücken. Dort positioniert er sich gerne, lauert auf Scheiben zum Abfälschen oder auf Abpraller. Seine Fähigkeiten, die Scheibe erfolgreich abzufälschen, hat er schon früh trainiert. Beim Streethockey, oder dem "Fieseln", wie der Allgäuer es nennt. Von der Schule nach Hause, Mittagessen und dann ab zum Fieseln, bis zum Abendessen: so sahen Schmölz' Jugendtage oft aus. "Wenn das Wetter schön war, waren wir eigentlich nur am fieseln", erinnert er sich zurück. Das Abfangen des Balles aus der Luft war da sehr gefragt.

Um sich vor dem gegnerischen Tor zu behaupten, muss man nicht nur robust sein und einstecken können, sondern auch seine Emotionen im Griff haben, denn Schläge und Schubser gehören dort schlicht dazu. "Wenn man sich da provozieren lässt, sitzt man zu viel auf der Strafbank, und das macht keinen Sinn", erklärt er. Schmölz' Zündschnur aber ist lang, "ich lasse mich nicht leicht provozieren", sagt er. Dass das Spiel direkt vor dem Tor unweigerlich mit blauen Flecken verbunden ist, macht dem Allgäuer auch nichts aus. "Man weiß irgendwann mit dem Schmerz umzugehen", sagt er. Im Spiel selbst spüre man es aufgrund des Adrenalins eh nicht, und danach helfen Eisbeutel. "Am nächsten Tag geht es dann auch schon wieder - meistens", erklärt er lächelnd.

Schmölz geht auch an den Banden engagiert zu Werk, doch am wohlsten fühlt er sich auf der Position vor dem Tor. "Ich mag sie", betont er, in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gehört er zu den Besten dieses Faches. Das hat ihn zu einem verlässlichen Torjäger gemacht, nur Dominik Bokk und Maximilian Kammerer haben von den deutschen Spielern vor dem Abschluss des 49. Spieltages in dieser Spielzeit noch mehr Tore erzielt. Schmölz fehlen nur noch zwei zu seinem Bestwert aus der Spielzeit 2020/21 (19 Tore). Für den Ex-Profi und TV-Kommentator Sebastian Schwele gibt es einen Spieler wie Schmölz "in Deutschland kein zweites Mal".

Im Alter von 30 Jahren feierte e seine WM-Premiere - und kam in allen acht Turnierspielen zum Einsatz

Als bester Torschütze seines Teams ist Schmölz mitverantwortlich dafür, dass die Franken mitten im Rennen um die Pre-Playoffs sind. Ihre Form stimmt, denn in den vergangenen 15 DEL-Spielen hat nur der ERC Ingolstadt mehr Punkte gesammelt als sie. "So muss man spielen, um in die Playoffs zu kommen", sagte Ice-Tigers-Trainer Tom Rowe nach dem Derbysieg. Auch Straubings Trainer Tom Pokel fand, dass die Ice Tigers "mit dem nötigen Drang" gespielt hatten.

Und den Drang zum Tor verkörpert im Nürnberger Kader keiner so gut wie Schmölz, mit seiner unnachgiebigen Spielweise ist er auch zum Vorbild für die jungen Spieler geworden. Schaut euch einfach an, was der Schmölz macht, da müsst ihr hin, um Tore zu schießen, sagt Rowe regelmäßig zu ihnen. Kämpfen, Checks zu Ende fahren, dorthin gehen, wo es weh tut - "genau das macht Schmölzi", sagt Rowe, der den Angreifer vergangenes Jahr auch bei einem besonderen Turnier coachen konnte: bei der Weltmeisterschaft in Finnland, bei der Rowe als Co-Trainer hinter der Bande stand - und Schmölz im Alter von 30 Jahren seine WM-Premiere feierte und in allen acht Turnierspielen zum Einsatz kam. Obwohl er erst spät ins Nationaltrikot schlüpfte, scheint er sich nun festzuspielen: Zum Sieg beim Deutschland Cup im vergangenen November steuerte er zwei Treffer bei.

In Nürnberg haben sie sogar einen eigenen Begriff für Tore aus kurzer Distanz kreiert: "reinschmölzen". Schmölz findet es "okay, dass die Leute das sagen". Er fände es auch okay, öfters schönere Tore zu schießen, "aber das passiert leider nicht so oft", meint er und grinst. Sein Motto lautet: Es ist egal, wie sie reingehen, Hauptsache sie gehen rein.

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