Niederlage im DFB-Pokal:Schalke ist entsetzt

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Und erlöse uns von diesen Qualen: Boateng, Draxler, Jones (v.li.) (Foto: REUTERS)

Nach dem klaren 1:3 im Pokal gegen 1899 Hoffenheim beginnt das Wehklagen beim FC Schalke 04. Rätsel geben die wechselhaften Leistungen der Spieler auf - und die Kritik des Trainers. Jens Keller gibt gar die eigene Ratlosigkeit zu.

Von Johannes Knuth

Horst Heldt sprach leise und bedächtig, aber das nahm seinen Worten nicht die Schärfe, im Gegenteil. "Unruhe gibt es bei uns immer", sagte der Schalker Manager. Dann fügte er leise aber bestimmt an: "Mit der Unruhe muss man zurechtkommen. Vor allem, wenn man so etwas abliefert, was wir heute abgeliefert haben."

Es herrschte kollektives Entsetzen bei den Verantwortlichen von Schalke 04, nach der 1:3-Heimniederlage im DFB-Pokal am Dienstagabend gegen 1899 Hoffenheim. Dabei handelte es sich nicht um den üblichen Ausschlag auf der Gelsenkirchner Unruhe-Skala nach einer Niederlage. Das erste Ziel der Saison, die Teilnahme am DFB-Pokalfinale, können die Schalker nun abhaken, unerwartet früh. Den erhofften, schwungvollen Start in die wichtigen Wochen mit richtungsweisenden Spielen gegen Gladbach (Bundesliga) und Basel (Champions League) hatte die Mannschaft einfach abgewürgt.

DFB-Pokal
:Hoffenheim führt Schalke vor

Auch im DFB-Pokal agiert Schalke 04 konzeptlos - und verliert gegen die TSG Hoffenheim deutlich. Der 1. FC Köln spielt beim HSV mutig auf, doch am Ende hat der Bundesligist die Nase vorne. Mit Kaiserslautern erreicht immerhin ein Zweitligist das Viertelfinale.

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Entsprechend herrschte Fassungslosigkeit in allen Formen und Farben. Torwart Ralf Fährmann brachte sich vor drohenden Schlagzeilen in Sicherheit, das Ergebnis, sagte er, "gibt natürlich allen Kritikern recht, die gerne auf den Verein und die Mannschaft draufhauen". "Desaströs", tadelte Heldt leise aber bestimmt.

Trainer Jens Keller polterte laut und direkt vor den Fernsehmikrofonen, sein Groll war vor allem an die eigene Mannschaft gerichtet: "Wir gehen das wie ein Freundschaftsspiel an", sagte Keller, "ich hätte zur Halbzeit zehn Spieler auswechseln können."

Dabei gab Kellers (spontane) Kritik mindestens genauso viele Rätsel auf wie der Auftritt seiner Mannschaft. Die Schalker - angetreten mit dem selben Personal wie beim jüngsten 3:0-Triumph gegen den VfB Stuttgart - hatten die Anfangsphase der Partie ja durchaus engagiert gestaltet. Draxler flankte scharf in den Strafraum, Höwedes zielte scharf Richtung Tor, wenn auch zwei Etagen zu hoch. Kurz darauf brach Jones auf dem Flügel durch, Boatengs Kopfball fehlte allein die Feinjustierung. Ein Freundschaftsspiel?

Tatsächlich waren es drei individuelle Aussetzer, die die Partie früh entschieden. Vor dem 1:0 flankte Hoffenheims Kai Herdling gen Strafraum, Schalkes Abwehrmann Christian Fuchs trat ein Loch in die Luft, anstatt den Ball zu treffen - 0:1 (21.). Vor dem zweiten Hoffenheimer Tor (32.) setzte Jones an der Seitenlinie gegen Schipplock zu einem eingesprungenen Kung-Fu-Tritt an - ein Defensivmanöver mit 50-prozentiger Erfolgsaussicht: Entweder Jones trifft und klärt den Ball, oder er segelt vorbei, während der Angreifer freie Bahn hat. Jones segelte vorbei.

Schalke stürmt "plan- und kopflos"

Drei Minuten später war das Spiel dann so gut wie entschieden, Jones hatte vor dem eigenen Strafraum einen fahrlässigen Pass gespielt, Sebastian Rudy aggressiv verteidigt, 3:0. Drei individuelle Fehler binnen kurzer Zeit, das waren mindestens zwei zu viel. Aber gleich zehn Spieler auswechseln, wie es Keller erwogen hatte? Das wirkte überzogen.

Keller tauschte zur Halbzeit dann auch nur zwei Mal das Personal (Meyer und Hoogland für Uchida und Neustädter). Wirklich zwingende Torchancen erschufen die Schalker trotzdem nicht, abgesehen von zwei guten Gelegenheiten sowie Farfans Anschlusstreffer. "Nach der Pause hat die Mannschaft den Willen gezeigt", urteilte Keller, aber die Ausführung? "Zu plan- und kopflos." Doch anstatt zu präzisieren, würde der Trainer später sagen: "Eine Erklärung fällt unheimlich schwer, ich habe keine."

Bleibt die Erkenntnis, dass sich die Schalker derzeit so zuverlässig präsentieren wie ein altes Auto an einem Wintermorgen: Man weiß nicht so recht, ob und wann es anspringt, welches Pannenlämpchen als nächstes aufleuchtet. Keine idealen Voraussetzungen für die wichtigen Spiele gegen Gladbach und Basel.

"Wir wollen nicht rumeiern, sondern die Spiele gewinnen. Das sorgt für Ruhe. Wir brauchen Ergebnisse", legte Aufsichtsratchef Clemens Tönnies in der Sport Bild nach. Horst Heldt konterte die Frage nach dem Trainer zwar mit der der üblichen Rhetorik ("Unruhe ist immer"), das Ausmaß des Entsetzen war aber dennoch groß, offenbar größer als sonst. Immerhin kann sich Heldt gewiss sein: Sollten die Schalker am Samstag gegen Gladbach gewinnen, dürften die Stimmungssausschläge in die andere Richtung ähnlich intensiv ausfallen.

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