Patrick Mahomes im Superbowl:Mal Slalom, mal Bombe

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Wird das Finale zur Show von Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes? (Foto: AP)
  • Das NFL-Finale wird wohl über Patrick Mahomes entschieden, den Quarterback der Kansas Chiefs.
  • Die 49ers dagegen fragen sich: Wie lässt sich verhindern, dass dieses Endspiel zur Patrick-Mahomes-Show wird?
  • Um ihn zu stoppen, müssen San Franciscos Verteidiger wachsam, schnell und überhaupt: Geisterjäger sein.

Von Jürgen Schmieder, Miami/Los Angeles

Nur damit das auch geklärt ist: Patrick Mahomes glaubt an Geister, er hat allerdings selbst noch keinen gesehen. Fragen wie diese gehören dazu beim Gedöns um den Super Bowl, das Endspiel-Spektakel der nordamerikanischen Footballliga NFL, das in diesem Jahr in Miami zwischen den San Francisco 49ers und den Kansas City Chiefs ausgetragen wird. Mahomes ist Quarterback, die Attraktion der Chiefs und gerade auch der gesamten NFL. Andy Reid, der Trainer der Chiefs, der in seiner 37 Jahre dauernden Karriere schon einige Akteure erlebt hat, nennt ihn den "tollsten Spieler, den wir jemals beobachtet haben". Vor allem prägt Patrick Mahomes dieses Spiel auch deshalb, weil er für die Gegner ein Geist ist, den diese zwar sehen können, aber nicht zu fassen bekommen.

Klar, jetzt ist es einfach, so was zu sagen, es gibt genügend Beweismittel, allein die Videos aus den jüngsten Playoffs verdeutlichen, dass es so einen wie Mahomes noch nie gegeben hat: die drei Touchdown-Pässe auf Travis Kelce beim Viertelfinal-Comeback gegen Houston. Der 27-Yard-Slalomlauf an sechs Gegnern vorbei in die Endzone im Halbfinale gegen Tennessee. Oder die 60-Yard-Bombe auf Sammy Watkins ein paar Minuten später. Es gibt noch andere Highlights wie den No-Look-Pass in der vergangenen Saison, den Wurf mit dem linken Arm oder jenes Zuspiel auf Tyreek Hill, bei dem der Ball 70 Yards weit segelte, genau in die Arme des sprintenden Kollegen.

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Von Jürgen Schmieder

Jetzt weiß jeder, wie gut Mahomes ist, und jeder will es schon immer gewusst haben. Nur: Warum glaubten vor der Profikarriere so wenige an ihn? Er wurde bei der Talentbörse im Jahr 2017 als Zehnter des Jahrgangs gewählt und erst als zweiter Spielmacher nach Mitchell Trubisky (Chicago Bears), die meisten Experten hatten gar damit gerechnet, dass Mahomes erst in Runde zwei einen Verein findet. Was also haben die Chiefs gesehen, wie haben sie ihn gefördert? Und nachdem die 49ers nun alle Videos von Mahomes studiert haben und über die beste Passverteidigung der Liga verfügen: Wie lässt sich verhindern, dass dieses Endspiel zur Patrick-Mahomes-Show wird?

"Ich glaube nicht, dass er Angst vor mir hat"

Die Zurückhaltung anderer Profiklubs lässt sich damit begründen, dass es schon vergleichbare Spieler gegeben hat - gerade im College. Mahomes spielte bei der Universität Texas Tech, deren Offensivstrategie "Air Raid" hieß und so aussieht, als wäre sie einem Videospiel entnommen. Der Quarterback entscheidet erst kurz vor dem Spielzug anhand der Defensivformation des Gegners über die Laufrouten seiner Passempfänger, die Würfe selbst sind oft weniger geplant als intuitiv aus dem Spielverlauf heraus geboren. Es gibt auch spektakuläre Videos von Mahomes' College-Zeiten - nur: In der Uniliga hat die Defensive eine weniger hohe Bedeutung, 95 Prozent seiner Gegenspieler waren Leute, die später Anwälte oder Lehrer wurden und keine Footballprofis.

Genügend junge Spielmacher hatten schon im College geglänzt und scheiterten dann bei den Profis - zuletzt Johnny Manziel, der wegen seiner Fähigkeiten an der Uni "Johnny Football" hieß, aus der NFL aber nach zwei schrecklichen Spielzeiten verschwand und zuletzt in der Alliance of American Football spielte, die den Betrieb mittlerweile eingestellt hat. Oder Robert Griffin, dessen spektakuläres Spiel zwar erfolgreich, aber eben auch verletzungsanfällig war; er ist nun Ersatzmann bei den Baltimore Ravens. Diese Fragen stellten sich zunächst auch bei Mahomes: Ob dessen Art - erst im Verborgenen zu bleiben und "Wer hat Angst vorm Weißen Hai" zu spielen, dann plötzlich den Ball zu passen oder selber nach vorne zu laufen - ob das auch gegen lauter gestandene Profis funktioniere? Oder ob er vom Gegner so gut aus dem Spiel genommen würde, dass die Karriere bald vorbei wäre? Die Antwort stammt von Brett Veach, einst Scout, nun Manager der Chiefs, er sagte das schon ein Jahr vor dem Draft: "Das ist unser Mann - ich kann nur davon träumen, was der mit unserer Offensive anstellen wird."

Das lag nicht an Mahomes' außerordentlicher Athletik, die sein Vater Pat, einst Werfer in der Baseballliga MLB, dadurch gefördert hatte, indem er den Filius etliche verschiedene Disziplinen probieren ließ. Mahomes war ein sportliches Multitalent, er hätte auch Baseball-Pitcher oder Tischtennisspieler werden können. Die Kraft im Arm bekam er beim Axtwerfen, die Präzision holte er sich bei Darts und Baseball. Aber nicht deshalb wollten ihn die Chiefs unbedingt haben, sondern wegen dem, was sie beim Vorstellungsgespräch erlebten: Mahomes analysierte gegnerische Formationen so, als verfüge er über einen Computer im Kopf wie Arnold Schwarzenegger als Terminator. Er fand für jede Ausgangslage blitzschnell Lösungen und konnte aufgrund seiner Fähigkeiten seine Strategie umsetzen.

Der wichtigste Muskel im Körper von Patrick Mahomes befindet sich also nicht in flinken Beinen oder einem präzisen Wurfarm, sondern in seinem Kopf. Darauf haben die Chiefs geachtet, weniger auf Videos mit wahnwitzigen Spielzügen. Wer am Sonntag den Super Bowl schaut, sollte darauf achten, wie Mahomes glänzt, weil er das Geschehen auf dem Spielfeld schneller verarbeitet als andere. In der vergangenen Saison, seiner ersten als Stammspieler, wurde er zum wertvollsten Akteur der Liga gewählt, nun hat er die Chiefs zum ersten Mal seit 50 Jahren ins Endspiel geführt. Er hat Passempfänger wie Hill, Watkins und Kelce, beim Laufspiel unterstützen ihn Damien Williams und LeSean McCoy. Viel besser geht es nicht.

Haben die 49ers also einen Geisterjäger, der Mahomes nicht nur sieht, sondern auch neutralisieren könnte? Antwort: Ja.

"Er ist beweglich, er kann mit seinem Wurfarm jeden Ort auf dem Spielfeld erreichen, er hat Mitspieler, die seine Pässe fangen", sagt 49ers-Passverteidiger Richard Sherman. Der hat einen Abschluss mit Bestnote an der Elite-Uni Stanford, er hat mit den Seattle Seahawks vor sieben Jahren den Titel gewonnen, ihm wird wie Mahomes die Fähigkeit zugeschrieben, die Strategie des Gegners wie der Terminator zu lesen. In den beiden Playoff-Partien dieser Saison hat er zwei Pässe gegnerischer Quarterbacks abgefangen, so viel wie kein anderer Spieler - und seine freundlichen Aussagen darf man durchaus als Lockmittel verstehen: "Ich glaube nicht, dass er Angst vor mir hat. Er wird schon mal in meine Richtung werfen."

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Das Duell zwischen Mahomes und Sherman dürften den Ausgang des Super Bowl prägen, und nur der Vollständigkeit halber: Sherman glaubt ebenfalls an Geister - will aber nicht verraten, ob er schon mal einen gesehen hat. Am Sonntag könnte es so weit sein.

© SZ vom 01.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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