Neuer Sportdirektor für 1860 München:Poschner macht es

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Einst Spieler von 1860, nun Geschäftsführer: Gerhard Poschner (Archivbild) (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der "verrückte Verein" hat einen Sport-Geschäftsführer gefunden, der zu ihm passt: 1860 München und sein ehemaliger Spieler Gerhard Poschner haben sich auf ein Engagement geeinigt. Noch in dieser Woche soll er sein Amt antreten.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Gerhard Poschner weiß genau Bescheid, was ihn erwartet. Er brachte schließlich als Spieler im Jahre 2004 schon einmal eine halbe Saison beim TSV 1860 München zu; erst war er der große Hoffnungsträger, nur Wochen später laut dem damaligen Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser "nicht einmal ein Mitläufer". Recht beeindruckt sprach Poschner damals: "Ich habe hier in kürzester Zeit alle Facetten des Fußballs erlebt - wofür man sonst ja durchaus einige Jahre benötigt. Gute Spiele, schlechte Spiele, wohlwollende Presse, Kritik. Vernichtende Kritik. Es war alles dabei."

Zehn Jahre sind ins Land gegangen, Karl-Heinz Wildmoser ist verstorben, in Giesing schreitet die Gentrifizierung voran, Sechzig spielt mittlerweile in Fröttmaning - aber an der Grünwalder Straße 114 hat sich im Grunde wenig verändert. Der TSV 1860 sei "ein verrückter Verein", stellte Vizepräsident Peter Helfer unlängst mit einigem Recht fest, und da brauche man einen Sport-Geschäftsführer, der damit umgehen könne.

Neuer Sportchef bei 1860 München
:Kandidat Poschner

Zweitligist TSV 1860 München will in den nächsten Tagen die vakante Stelle des Sportchefs neu besetzen. Der ehemalige Dortmund-Profi Gerhard Poschner gilt als aussichtsreicher Kandidat - ein Mann mit Vergangenheit beim TSV 1860.

Von Philipp Schneider

Beim VfB bekommt Bobic den Vorzug

Nun ist er gefunden - nach SZ-Informationen haben sich der Klub und Poschner, 44, genannt Poschi, mittlerweile in allen inhaltlichen Punkten final geeinigt, es geht nur noch um Details. Warum die Personalie noch nicht vom Klub bestätigt wurde, ist unklar - es könnte daran liegen, dass Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik Poschner noch nicht kennengelernt hat und sich der Neue erst in Abu Dhabi vorstellen wird, bevor die Sache offiziell gemacht wird. So war es jedenfalls beim Amtsantritt von Finanz-Geschäftsführer Markus Rejek im Januar. Da Ismaiks Bruder Abdelrahman und sein Cousin Noor Basha ihre Zustimmung in München bereits gegeben haben dürften, wird die Personalie wohl nicht mehr scheitern.

Damit geht für Poschner bei dem Zweitligisten der Wunsch in Erfüllung, wieder als Sport-Geschäftsführer eines Vereins zu arbeiten, was er zuletzt in Spanien bei Real Saragossa in der Saison 2009/10 tat. Wenige Wochen nach diesem Engagement war er damals als einer von drei Kandidaten in der engeren Auswahl beim VfB Stuttgart, bei dem er seine Karriere als Bundesligaspieler begonnen hatte. Der VfB entschied sich dann allerdings für Fredi Bobic.

In Saragossa gehörte es zu Poschners ersten Aufgaben, den Kader des Klubs grundlegend umzubauen und zu verstärken - dies werden sie auch bei 1860 von ihm erwarten. "Mir ging es schon immer darum, ein möglichst großes internationales Netzwerk aufzubauen", sagte Poschner damals. Dieses Netzwerk soll und will er für Sechzig nutzen, zu den bereits vollständig abgehandelten inhaltlichen Fragen gehört daher mit Sicherheit der geplante Etat.

1860 und Ismaik halten sich bedeckt, welche Mittel der jordanische Investor für die kommende Spielzeit zur Verfügung stellt; man darf aber getrost davon ausgehen, dass Poschner - der in den vergangenen Jahren als externer Berater zahlreicher Klubs tätig war -niemals seine Zusage für die Unterschrift gegeben hätte, wenn nicht über aufstiegstaugliche finanzielle Mittel Gewissheit bestünde.

Markus von Ahlen bleibt vorerst Trainer

Auch über eine fußballerische Philosophie als Grundlage aller Entscheidungen - eines der Lieblingsthemen des Präsidiums um Gerhard Mayrhofer und des Finanz-Geschäftsführers Rejek - sind sich der Klub und der künftige Sport-Geschäftsführer Poschner nach SZ-Informationen einig. Eine Präsentation im Doppelpack mit einem neuen Trainer, wie sie angesichts der umfänglichen Vakanz in der sportlichen Führung durchaus vorstellbar war, wird es aber nicht geben. Denn Präsident Mayrhofer hat Markus von Ahlen für diese Saison das Vertrauen ausgesprochen, daran wird sich auch nichts ändern - Poschner gibt das Zeit, sich einen Eindruck über die Arbeit des bisherigen Assistenztrainers zu verschaffen.

Dabei ist von Ahlen die Herangehensweise seines neuen Chefs zu empfehlen. "Wenn man gefeiert wird, ist das schön", philosophierte Poschner einmal, "und wenn man auf die Fresse bekommt, aber damit umzugehen weiß, ist das auch schön." Das ist doch eine ganz hervorragende Lebenseinstellung, um sich beim TSV 1860 München wohlzufühlen. Diesen feinen Satz hat Poschner übrigens auch damals gesagt, als er als Spieler mitten in den Irrungen und Wirrungen der Sechziger steckte. Er wird ihn wieder brauchen. Gute Spiele, schlechte Spiele, wohlwollende Presse, Kritik, vernichtende Kritik - alles wird wieder dabei sein.

© SZ vom 10.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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