Neue WM-Helden (2): Milos Krasic:Übers Kap zu Milan

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Serbien gilt als schwerster deutscher Vorrundengegner. Dort soll Milos Krasic das Mittelfeld führen. Der 25-Jährige träumt von einer Zukunft in Italien - hat aber eine große Schwäche.

Johannes Aumüller

Milan? Ist es jetzt Milan? "Ich kann Ihnen ein Geheimnis verraten", sagte Milos Krasic dieser Tage der bosnischen Tageszeitung Dnevni Avaz. "Seit meiner Kindheit bin ich Milan-Fan, und ich würde gerne im Sommer mit Edin Dzeko dorthin wechseln. Wir könnten die Leader dieser Mannschaft werden." Aha.

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Fast täglich gibt es neue Meldungen über die Zukunft des offensiven Mittelfeldspielers von ZSKA Moskau. Mal steht der FC Bayern kurz vor dem Vertragsabschluss mit dem 25-jährigen Serben, mal Manchester United, mal Real Madrid - und nun also der AC Mailand. Mit Wonne schüren Krasics Berater die Gerüchteküche, aber es gibt einen, der sich an den ständig lavierenden Wechselprophezeiungen überhaupt nicht beteiligen will. "Bislang sind bei uns noch keine Angebote für Krasic eingetroffen", sagt ZSKA-Chef Jewgenij Giner. "Ich denke, dass er auch nach der WM noch bei uns spielen wird."

Doch Krasic pocht öffentlich auf eine angebliche Wechselzusage, und kaum ein Beobachter glaubt Giner, dass er diese Aussage ernst meint. Vielmehr scheint sich Giner gerade in der Phase zu befinden, in der Fußball-Funktionäre versuchen, die Ablöse noch einmal nach oben zu treiben. 15 Millionen Euro gelten derzeit als Mindestgebot, und wer weiß, in welche Höhen diese Summe noch klettert, sollte Krasic eine starke WM spielen. Und dass er das tun wird, steht zumindest in Serbien außer Frage.

"Der neue Nedved"

"Milos Krasic spielt unglaublich. Ich zweifle nicht daran, dass er zum besten serbischen Spieler werden kann", sagt der frühere jugoslawische Vorzeige-Spieler Dejan Savicevic. 2009 wurde er schon zu Serbiens Fußballer des Jahres gewählt - trotz solch starker Konkurrenten wie Manchesters Nemanja Vidic, Inters Dejan Stankovic oder Milan Jovanovic von Standard Lüttich, mit dem er in der Nationalelf eine gefährliche Flügelzange bildet.

Krasic ist technisch beschlagen, schnell und dribbelstark und besticht durch exzellente Pässe. Zudem hat er in der vergangenen Saison seine frühere Schwäche im Torabschluss abgelegt: Neun Mal traf er in der Liga, vier Mal in der Champions League, in der er mit ZSKA erst im Viertelfinale am späteren Sieger Inter Mailand scheiterte. Wegen seiner fußballerischen Qualitäten und wegen seiner blonden Haare heißt Krasic in seinem Heimatland "der neue Nedved" - nach dem früheren tschechischen Mittelfeldregisseur Pavel Nedved, der sowohl seine Nationalelf als auch die italienischen Vereinsmannschaften Lazio Rom und Juventus Turin zu großen Erfolgen führte.

Dabei ist es erstaunlich, dass Krasic heute überhaupt für Serbien aufläuft. Als in seiner Geburtsstadt Kosovska Mitrovica, die an dem Fluss Ibar an der innerkosovarischen Grenze zwischen Kosovo und Nordkosovo liegt, der Bürgerkrieg tobte und viele Familien das Krisengebiet verließen, blieben seine Eltern dort. So begann er seine Karriere bei Rudar Kosovska Mitrovica, ging mit 14 zu Vojvodina Novi Sad und 2004 mit knapp 20 Jahren zu ZSKA Moskau - nachdem er die Späher des Klubs mit seinen Auftritten beim Olympischen Fußballturnier in Athen überzeugt hatte. Seine erste Partie in der Nationalelf bestritt er 2007, im EM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan (1:2), danach entwickelte er sich rasch zu einem der Leistungsträger.

Schlechte Erfahrung mit Australien

Nun soll er die "weißen Adler" von Trainer Radomir Antic in Südafrika mindestens bis ins Achtelfinale führen. "Wir haben eine starke Gruppe erwischt, aber wir gehören zu den beiden besten Mannschaften der Gruppe", sagt er. "Ich denke, das erste Spiel gegen Ghana ist entscheidend. Aber wir haben bei den Olympischen Spielen auch schon mit Australien negative Erfahrungen gemacht." 2008 in Sydney gab es im Duell dieser beiden Mannschaften, in denen aber nur jeweils drei Spieler standen, die älter als 23 waren, ein 1:1.

Wenn Krasic in Südafrika aber herausragen will, muss er sich gegenüber seinen jüngsten Leistungen deutlich steigern. Denn seine Auftritte in der diesjährigen Saison (die russische Premjer-Liga spielt nach dem Kalenderjahr) waren nicht überzeugend. Im Spitzenspiel gegen Zenit St. Petersburg vor wenigen Wochen saß er sogar nur auf der Bank, weil Trainer Leonid Sluzkij befand, dass er zu wenig Defensivarbeit verrichte. Und der frühere russische Nationalspieler und heutige Zeitungskolumnist Jewgenij Lowtschew erklärte: "Wenn Krasic weiter so auftritt, dann bestreitet er seine letzten Spiele in Russland unter den Pfiffen des Publikums."

Das Umfeld des Mittelfeldspielers macht sich deshalb aber keine Sorgen. "Milos ist traditionell ein Spieler, der in der ersten Saisonhälfte eine gewisse Anlaufzeit braucht und dann aufblüht", sagt sein Berater Dejan Joksimovic. Da können die Fans der serbischen Nationalmannschaft ja aufatmen, ist Krasics WM-Form gerettet - doch ob es bei dieser Charakterbeschreibung auch was mit der Leader-Rolle beim AC Mailand werden kann?

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