Neue Einigkeit beim TSV 1860:"Wir wollen den Klub miteinander entwickeln"

Lesezeit: 3 min

Auf gute Zusammenarbeit: Gerhard Mayrhofer (links) und Noor Basha (Foto: dpa)

Nach jahrelangen Zerwürfnissen proben die Eigentümer beim TSV 1860 München den Schulterschluss. Präsident Gerhard Mayrhofer und Noor Basha, Statthalter von Investor Hasan Ismaik, sprechen im SZ-Interview über ihre Zusammenarbeit, die Fehler der Vorgänger und das noch immer "kranke" System 1860.

Von Gerald Kleffmann und Philipp Schneider

Nach Jahren der Zerwürfnisse versuchen die beiden Eigentümer des TSV 1860 München einen Schulterschluss. Das machten Löwen-Präsident Gerhard Mayrhofer und Noor Basha, Statthalter des Mitgesellschafters Hasan Ismaik, im ersten gemeinsamen Interview deutlich. Allerdings appellieren beide an die Geduld der Mitglieder und Fans.

Das System 1860 sei "krank", sagte Mayrhofer der Süddeutschen Zeitung (Samstagsausgabe). "Es ist keine Organisation, in die man reingeht und sich sofort aufgenommen fühlt. Das gibt es ja anderswo, Organisationen, wo man hineinkommt und merkt, die sind ziemlich mit sich im Reinen. Das ist hier nicht so. Das System hier ist relativ anstrengend, es kostet viel Energie. Mir ist auch klar, dass wir noch eine längere Reise vor uns haben." Der TSV 1860 stieg 2004 aus der Bundesliga ab und müht sich seitdem in der zweiten Liga, sportlich wie finanziell auf eine erfolgreichere Linie zu kommen.

Gleichzeitig verdeutlichten Mayrhofer und Basha, dass der Aufbau einer neuen Vereinsstrategie ein schmerzhafter Prozess werden könnte. Es gäbe zu viele Baustellen im Verein. "Ich habe zu Beginn der Amtszeit gesagt, dass jeder in verantwortungsvoller Position bitteschön seine Leistungsbilanz überprüfen soll. Dass wir einen Neustart brauchen, ist vollkommen klar", sagte Mayrhofer. "Der Fußball müsste im Kern von allem stehen, das tut er aber nicht immer. Es gibt sehr viele Strömungen, viel Zerrissenheit."

TSV 1860 München
:Subtiles Gemaule des Trainers

Auch Trainer Friedhelm Funkel ahnt wohl mittlerweile: Beim TSV 1860 ist ein Kaderumbau nötig, um den Aufstieg zu verwirklichen. Es verwundert indes kaum, dass Gerüchte aufkommen, der ehemalige Nationaltorwart Jens Lehmann könne neuer Geschäftsführer Sport werden.

Von Philipp Schneider

Noor Basha erklärte: "Die Fehler, die gemacht wurden, passierten nicht nur in den vergangenen zwei Jahren, im Grunde muss man bei der Analyse weiter zurückgehen, zehn Jahre, 20 Jahre." 1860 stand im Frühjahr 2011 unmittelbar vor der Insolvenz und konnte erst im letzten Moment durch den Einstieg Ismaiks gerettet werden. Der jordanische Geschäftsmann mit Wohnsitz Abu Dhabi zahlte 18 Millionen Euro und ist seitdem im Besitz von 60 Prozent der Anteile der Profifußballabteilung (KGaA); 49 Prozent davon sind stimmberechtigte Anteile.

Mayrhofer betonte, dass der Verein professioneller aufgestellt werden müsse. Priorität habe zunächst die Suche nach einem Nachfolger für den zurückgetretenen Geschäftsführer Robert Schäfer. "Die Hinterlassenschaft ist nicht erfolgreich, wie wir sehen. Ich habe manchmal das Gefühl, hier wird seit Jahren darüber geredet, was sein soll. Und nicht über das, was ist. Momentan ist der Zustand der, dass wir Mittelklasse in der zweiten Liga sind. Das ist die Realität", sagte Mayrhofer.

Wie es um die finanzielle Lage steht, sagte der Präsident nicht, schloss aber indirekt nicht aus, dass es Sanktionen bei der anstehenden Nachlizenzierung bei der Deutschen Fußball-Liga Ende Oktober geben könnte: "Dazu kann man jetzt noch wenig sagen, das wird man sehen." Insgesamt scheut sich der Präsident aber vor keiner seiner heiklen Aufgaben: "Ich nehme diesen Kampf gerne an. Ich habe keine Angst vorm Verlieren."

Basha räumte seinerseits Fehler von Ismaik im Umgang mit Vereinsoffiziellen ein. Sein Cousin sei manches Mal zu "undiplomatisch" gewesen, indem er einfach Rücktritte von Klubvertretern forderte. Ismaik habe aber nun mal fast 30 Millionen Euro in den Verein gesteckt und sei "Teil der Löwen-Familie".

Hasan Ismaik bei 1860 München
:Der Investor will investieren

Als erster 1860-Präsident überhaupt versteht sich Gerhard Mayrhofer gut mit Hasan Ismaik. Die lähmende Pattsituation ist aufgelöst, der Investor stattet seinem Klub sogar einen Besuch ab - und denkt laut über neue Spieler nach.

Von Markus Schäflein

Basha lobte ausdrücklich Mayrhofer und das neue Präsidium: "Wir ziehen an einem Strang". Auch der Präsident kündete einen neuen Kurs in der Partnerschaft an, die Zeit der Zwietracht soll vorbei sein: " Hasan Ismaik wird viel mit involviert sein. Es wird keine Trainer- oder Sportdirektorentscheidungen mehr ohne ihn geben. Und das ist völlig normal."

Als grundlegenden Fehler machte er aus: "In der Vergangenheit wurde über den Geldgeber gesprochen. Ein Plan wurde vereinbart und gesagt: So, jetzt überweis mal, wir machen was draus! Wir wollen eine andere Zusammenarbeit. Wir wollen den Klub miteinander entwickeln. Die KGaA gehört mehrheitlich Hasan Ismaik, mit 60 Prozent. Ob uns diese Realität gefällt oder nicht. Der Verkauf ist passiert, und am nächsten Tag wurde so getan, als sei er gar nicht passiert. Nun müsse man sich gegen Ismaik aufstellen. Da hat permanente Ausgrenzung stattgefunden."

Wie die Verantwortlichen auch die Kontrolle über die Außendarstellung zurückgewinnen wollen, warum Mayrhofer als erster Präsident im deutschen Fußball eine eigene Facebookseite betreibt, die schon für Aufregung sorgte, und welcher Spieler niemals hätte verkauft werden sollen, lesen Sie in der Samstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung sowie in der digitalen Ausgabe auf Tablet und Smartphone.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: