NBA-Playoffs: Dirk Nowitzki:Plötzlich Favorit

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Vor den Playoffs wurden die Dallas Mavericks geschmäht und verspottet, nun sind Dirk Nowitzki und seine Kollegen Favorit im Halbfinale gegen Oklahoma City. Der Grund dafür: eine deftige Niederlage.

Jürgen Schmieder

Als vor wenigen Wochen die Ausscheidungsrunde in der NBA begann, da waren die Zeitungen voll mit spöttischen, gar defätistischen Artikeln über die Dallas Mavericks. Die Mannschaft sei in den Playoffs ein gern gesehener Gegner, hieß es, sie würde ohnehin keinen Titel gewinnen und bisweilen wurde Dirk Nowitzki auch wieder als "No-win-ski" bezeichnet.

Plötzlich Favorit: Die Dallas Mavericks und Dirk Nowitzki. (Foto: dpa)

Nun stehen die Mavericks im Finale der Western Conference, auf dem Weg dorthin haben sie zuerst die Portland Trailblazer mit 4:2 besiegt, um danach den Titelverteidiger, die Los Angeles Lakers, mit 4:0 zu demütigen. Die Mavericks treten nun gegen die Oklahoma City Thunder an, und selbst TV-Experte Charles Barkley - gemeinhin einer, der immer ein kreatives Schimpfwort für die Mavericks auf Lager hat - sagt nun: "Es wird eine kurze Serie, Dallas wird schnell gewinnen. Fertig. Aus."

Plötzlich sind die Mavericks Favorit, plötzlich sollen sie ins NBA-Finale einziehen - und womöglich auch noch den Titel gewinnen. Nach neun spielfreien Tagen kommt es am Dienstagabend zum ersten Spiel gegen die Thunder. "Wir sind bereit, wieder loszulegen", sagt Nowitzki. Er warnt jedoch davor, dass Oklahoma City eine andere Strategie verfolge als Portland und Los Angeles und deshalb gefährlicher sei.

Im Gegensatz zur kraftvollen, manchmal jedoch statischen Spielweise der ersten beiden Gegner müssen sich die Mavericks auf die Schnelligkeit der Thunder einstellen. Am Montag ließ Dallas-Coach Rick Carlisle seine Spieler eine extra für die Thunder ausgearbeitete Defensivstrategie üben.

"Sie sind sehr defensivstark und versuchen immer wieder, Ballverluste zu erzwingen", sagt Nowitzki, "die Verteidigung nach Ballverlusten wird eine wichtige Rolle spielen." Von den drei Duellen in der regulären Saison gewannen die Mavs zwei - 111:103 und 103:93. In der zweiten Partie hatte sich Nowitzki den Knöchel verstaucht und konnte so bei der 95:99-Niederlage nicht mitwirken.

Die prägenden Spieler in Oklahoma sind Kevin Durant und Russell Westbrook, deren Talent derzeit nur vom Selbstbewusstsein übertroffen wird. "Wenn wir bescheiden bleiben und so weiter machen, ist auch gegen Dallas was drin", tönte Westbrook, dem im Spiel gegen Memphis ein so genanntes Triple Double (14 Punkten, 14 Assists und zehn Rebounds) gelungen war. Durant war mit 39 Punkten bester Werfer.

"Sie sind mein Geheimtipp", hatte Nowitzki bereits vor dem Beginn der Playoffs gesagt. Die Siegesserie der Thunder, die sich bereits die Rechte an Deutschlands Nationalmannschafts-Center Tibor Pleiß gesichert haben, kommt für den 32-Jährigen daher nicht überraschend - obwohl die Mavericks eine kürzere, wenngleich beeindruckendere Serie hinter sich haben.

Es war der 23. April, da schlichen Nowitzki und seine Mitspieler deprimiert in die Kabine. Einen 23-Punkte-Vorsprung hatten sie gegen die Portland Trailblazers verschenkt und das vierte Spiel der ersten Playoff-Runde verloren. Würde die Mavericks nun einbrechen, wie so oft in den vergangenen Jahren? Die Antwort: Nein, im Gegenteil. Seit dieser Niederlage haben die Mavericks kein Spiel mehr verloren.

Prägender Spieler bei Oklahoma City Thunder: Russell Westbrook (links). (Foto: dpa)

"Das Spiel hat das Team verändert", sagt Mavericks-Center Tyson Chandler. "Wir hatten so vieles gut gemacht in diesem Match. Es ging nur darum, den Glauben an uns zu bewahren." Nach der 4:0-Gala gegen die Los Angeles Lakers ist dieser Glaube noch ein bisschen größer geworden: "Wir sind heiß und wollen den nächsten Schritt gehen", sagte Routinier Jason Terry.

Vor allem Nowitzki scheint sich in den Playoffs in der Form seines Lebens zu befinden - auch wenn er nicht immer herausragende Statistiken vorweisen kann. Weil die Bankspieler Terry oder J.J. Barrea formidabel treffen, kann Nowitzki Räume schaffen, Pässe spielen und muss nur in entscheidenden Situationen werfen. In diesen Momenten - wenn die Punktdifferenz weniger als fünf Punkte beträgt - liegt die Trefferquote bei unglaublichen 82,5 Prozent.

"Dirk Nowitzki ist nicht zu verteidigen. Von niemandem", sagt Barkley, der Nowitzki einst den Spitznamen "Irk - no D" verpasst hatte, weil der angeblich nicht verteidigen könne. Es hat sich viel verändert, für Nowitzki wie für die Mavericks. Plötzlich wird nicht mehr darüber gelästert, dass es keine klare Anfangsformation gebe - sondern gelobt, dass auch die Ersatzbank famos besetzt sei.

"Die alten Herren aus Texas", so wurden die Mavericks vor der Saison spöttisch genannt. Nun gilt das Team als erfahren - und favorisiert. Doch auch damit werden die Mavericks umzugehen wissen.

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