NBA:Besser als Michael Jordan?

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LeBron James hat nun mehr Playoff-Punkte erzielt als Michael Jordan. (Foto: AFP)
  • LeBron James hat kurz vor seinem siebten NBA-Finale in Serie mehr Playoff-Punkte erzielt als Michael Jordan.
  • In den USA sorgt das mal wieder für die Debatte, ob er besser ist als die Basketball-Legende.
  • Im Finale treffen er und die Cleveland Cavaliers erneut auf die Golden State Warriors.

Von Christopher Meltzer, Cleveland/München

Der Wurf, der eine große Debatte auslöste, war unspektakulär. Tristan Thompson übergab den Ball jenseits der Dreierlinie an LeBron James, der ihn, ermutigt von den zaghaften Verteidigungsversuchen seiner Gegenspieler, einfach in Richtung des Rings warf, den er dann tatsächlich traf. Ein gewöhnlicher Treffer, den auch die Zeitlupe nicht spannender machte. Für das Ergebnis war er ohnehin irrelevant. Die Cleveland Cavaliers hätten das fünfte Spiel gegen die Boston Celtics auch ohne die drei Zusatzpunkte ihres Anführers gewonnen. Der 135:102-Sieg beförderte sie in die NBA-Finals, wo sie sich ab dem kommenden Freitag das dritte Jahr in Serie mit den Golden State Warriors um den Titel in der US-Basketballliga streiten werden.

Diese Konstellation überrascht nicht. In den unzähligen amerikanischen Radioformaten und Fernsehshows, die sich aus der NBA speisen, wird sie schon seit Monaten diskutiert. Doch jetzt, da endlich Gewissheit herrscht, köchelt dort mal wieder eine andere Debatte; eine, die Basketballfans in den USA in braver Regelmäßigkeit führen. Sie dreht sich um ihre Lieblingsfrage: Wer ist der größte Basketballer aller Zeiten?

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Entfacht hat sie LeBron James mit eben jenem Dreipunktewurf, der optisch nicht weiter auffiel, James' Konto für Playoff-Punkte aber auf 5989 Zähler schraubte - und damit vorbei an dem Spieler, der diese Liste bisher anführte und den viele für den besten in der Geschichte des Basketballsports halten: Michael Jordan.

"Ich habe mich wegen Mike in das Spiel verliebt", sagt James

Nun legt die Anzahl der Playoff-Punkte freilich nicht fest, wem diese Bezeichnung zusteht. Doch bot diese Statistik halt einen guten Anlass, die Argumente mal wieder auszutauschen. Der Boston Globe etwa fragte: "Who's the GOAT, Michael or LeBron?" Was in diesem Fall nicht "Ziege" heißt, sondern Greatest Of All Time, der größte Allerzeiten. Die Amerikaner lieben nämlich den historischen Vergleich. Die Idee, NBA-Spieler aller Generationen in eine Reihenfolge zu bringen, hat schon dicke Bücher hervorgebracht. Nur ist sie eigentlich unsinnig.

Die Liga entwickelt sich rasant, ihre Regeln haben sich in der Vergangenheit immer wieder verändert, ihr Spielstil auch. Ein Vergleich zwischen Jordan, der die NBA in den 90er-Jahren mit den Chicago Bulls dominierte, und James, der 2003 in die Liga eintrat, verbietet sich in vielerlei Hinsicht. Dass die Debatte trotzdem geführt wird, ist im Ranking-Wahnsinn des US-Sports wohl unvermeidbar, liegt aber auch an LeBron James selbst.

Im vergangenen Sommer, gerade erst hatte er mit Cleveland die Meisterschaft gewonnen, verkündete James großspurig: "Meine Motivation ist der Geist, den ich jage. Der Geist, der in Chicago gespielt hat." Vor zwei Tagen schließlich drückte er sich vorsichtiger aus. "Ich trage meine Rückennummer (23; d. Red.) wegen Mike. Ich habe mich wegen Mike in das Spiel verliebt", sagte James. "Wenn man Michael Jordan zugesehen hat, dann war das fast wie einem Gott zuzuschauen. Ich habe also nicht geglaubt, dass ich Mike sein könnte."

Verstummen wird die Debatte aber vorerst nicht. Vielleicht sollte man sie daher anders deuten. Dass immer wieder Michael Jordans Name hervorgekramt wird, um James' Leistungen zu bewerten, weist darauf hin, dass ihm in gewissen Sphären die Konkurrenz zu fehlen scheint.

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Tatsächlich regiert James seit Jahren die Eastern Conference der NBA. Schon das siebte Mal in Serie steht er nun im Finale, wenn auch er aus dieser Serie mit nur drei Titeln hervorging. So leicht wie in diesem Jahr tänzelte James wohl noch nie durch die Playoffs. Auch mit 32 Jahren setzt seine Kombination aus Athletik, Spielverstand und Passspiel Maßstäbe. Nur eine Partie haben die Cavaliers verloren. Man hätte die ersten Playoffrunden einfach überspringen können wie den lästigen Vorspann einer Netflix-Serie.

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Denn gefordert wird LeBron James erst jetzt. Erneut warten die Golden State Warriors, die vor einem Jahr eine 3:1-Serienführung gegen Cleveland verspielten. James lieferte damals den besten Basketball seiner Karriere ab. Doch in dieser Saison könnte auch das nicht reichen, die Warriors scheinen unbesiegbar zu sein. Alle 16 Playoffspiele haben sie gewonnen. Im Sommer fügten sie ihrem Stamm um Stephen Curry, Klay Thompson und Draymond Green noch Kevin Durant hinzu. Ein Umstand, der auch James besorgt: "Sie sind seit drei Jahren das beste Team der Liga und jetzt haben sie noch einen ehemaligen MVP. Sie lösen Stress bei uns aus."

Obwohl die Erinnerungen an das letzte Finaltreffen noch nicht verblasst sind, sehen fast alle Experten Golden State vorne. Vielleicht tauchen die Vergleiche mit Michael Jordan also ausgerechnet dann auf, wenn LeBron James eine Herausforderung bevorsteht, die zu groß für ihn sein könnte.

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