Breel Embolo hat nicht um Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm gebeten, bevor er am Sonntagabend verriet, dass in der Bundesliga eine Verschwörung gegen den FC Bayern im Gange sei. Das Wort Verschwörung hat er genau genommen auch nicht benutzt, und wenn man noch berücksichtigt, dass er bei seiner Enthüllung ziemlich grinsen musste, dann relativiert sich dieser vermeintliche Skandal auch schon wieder.
Der Stürmer von Spitzenreiter Mönchengladbach hat mit Blick auf die aktuelle Tabelle und das Heimspiel der Borussia am nächsten Samstag gegen die Münchner gesagt: "Wir sind nicht die einzigen, die zurzeit die Bayern ärgern, da sind auch Klubs wie Schalke, Leipzig oder Leverkusen. Es ist eine spannende Saison für alle, das ist eine gemeinsame Aufgabe der ganzen Bundesliga, und es läuft gerade wirklich super."
Embolo und seine Gladbacher verhindern seit nun schon acht Wochen, dass der chronische Tabellenführer FC Bayern vorne steht. Das gelingt den Borussen, indem sie die Tabellenspitze höchstpersönlich bewachen. Als sie zuletzt bei Union Berlin unterlagen, drohte die Rebellion gegen den Serienmeister zu bröckeln, doch mit dem 4:2-Sieg am Sonntag gegen den SC Freiburg haben die Gladbacher ihre Führungsposition gestärkt. Embolo hat dazu zwei Tore und eine Torvorlage beigesteuert. Das war in seinem 59. Bundesligaspiel die bislang beste Einzelspielausbeute.
Die Borussia ist Verteidigerin der Tabellenspitze - im Namen der Liga
Die Motivation des 22 Jahre alten Schweizers rührt offenbar nicht nur aus persönlichen oder mannschaftlichen Motiven, sondern auch aus dem Interesse am großen Ganzen, die Liga spannend zu machen - so denken Schweizer seit dem Rütlischwur. "Die Bundesliga", sagt Embolo, "ist im Moment sehr, sehr unterhaltsam. Wir hoffen, dass das so weitergeht."
Der in Kamerun geborene Embolo, der als Kind mit der Mutter in die Schweiz kam und dort 2014 eingebürgert wurde, geht gewissermaßen als Held der Woche ins bevorstehende Spitzenspiel. Er wird in Gladbach all jenen Erwartungen gerecht, mit denen er schon vor dreieinhalb Jahren bei seinem Wechsel aus Basel zu Schalke 04 konfrontiert wurde. Mehr als die rund 25 Millionen Euro Ablöse hatte Schalke für einen Fußballer zuvor nie ausgegeben, doch dem damit verbundenen Druck hielt vor allem der Körper von Embolo nicht stand.
Im Oktober 2016 brach er sich Sprunggelenk und Wadenbein und fiel acht Monate aus. Zwei Jahre später brach er sich den Fuß und fiel vier Monate aus. Binnen drei Jahren kam Embolo bei Schalke nur auf 48 Ligaspiele mit zehn Toren und acht Vorlagen. Im Sommer wechselte er für geschätzte 15 Millionen Euro nach Gladbach. Dort integriert er sich sehr gut ins System des neuen Trainers Marco Rose, in elf Bundesligaeinsätzen hat er schon fünf Treffer und zwei Torvorlagen gesammelt.
Das Spiel gegen Freiburg war sein bislang auffälligstes - was auch daran lag, dass er in der zweiten Halbzeit sogar noch einen Elfmeter verschoss. Embolo bilanzierte, dass es "sicher nicht unser perfektes Spiel war, weil wir teilweise zu nachlässig waren und zu passiv bei Standards". Doch er kitzelt bereits den nächsten Gegner: "Wir wollen den Bayern zeigen, dass wir dagegenhalten können", sagt er selbstbewusst, "auch gegen diese Weltklasse-Elf wollen wir unser Spiel aufziehen."
Mit ihrem Marco-Rose-Fußball beabsichtigen die Gladbacher grundsätzlich, jeden Gegner permanent zu stressen und Angriffe nach Balleroberungen schnellstmöglich abzuschließen. Dieses Konzept funktioniert unabhängig von der konkreten Aufstellung: "Die Abläufe sind immer klar, egal wer auf dem Platz steht", erklärt Embolo. Das macht es allerdings auch für ihn selbst nicht immer leicht, weil er sich angesichts der Konkurrenz von Angreifern wie Marcus Thuram, Alassane Plea und Patrick Herrmann jederzeit auf der Reservebank wiederfinden kann.
Genau dies nicht zum Problem werden zu lassen, hat sich der Trainer aber fest vorgenommen, und nach Embolos Einschätzung gelingt Rose das bislang ganz gut: "Wir haben eine gute Stimmung", sagt er, "wir haben einen sehr guten und breiten Kader, und der gesunde Konkurrenzkampf ist momentan unsere größte Stärke, weil sich jeder auf jeden verlassen kann und weil so viel Qualität im Kader ist, dass jeder gepusht wird."
Zu sechs Pflichtspiel-Heimsiegen nacheinander mit 20 Treffern haben sich die Gladbacher zuletzt gepusht, sie wähnen sich momentan in einer Spirale des Erfolgs. "Der erste Platz ist gut für den Kopf, gut für das Umfeld und gut für die Fans", sagt Embolo. Auf Fragen zur Nachhaltigkeit des gegenwärtigen Erfolgs, die natürlich subtil auf einen möglichen Meistertitel abzielen, antwortet der junge Fußballer sehr routiniert. Wichtig sei nur, nach Rückschlägen immer wieder aufzustehen, sagt Embolo, der mit dem FC Basel schon drei Mal Schweizer Meister war.