TSV 1860 München:Warum die Löwen Kapitän Mölders suspendieren

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Vorerst getrennte Wege: Trainer Michael Köllner und Kapitän Sascha Mölders. (Foto: MIS/Imago)

Zu viele Wurstsemmeln, zu wenig Hingabe? 1860 reagiert auf die Krise und wirft den Kultstürmer vorläufig aus dem Kader. Der Verein stützt die Entscheidung auf eine Analyse der vergangenen Wochen.

Von Christoph Leischwitz

Es hört sich alles sehr nachrichtlich an, was der TSV 1860 München am Montagnachmittag veröffentlichte, doch es lässt sich nicht mehr länger verheimlichen: Es gab richtig Stunk in und um die Drittliga-Mannschaft - und zwar nicht erst seit einer schlechten Leistung gegen Waldhof Mannheim vor einer Woche (1:3) und einer historisch schlechten Leistung gegen den 1. FC Magdeburg am vergangenen Samstag. Gleich nach dem 2:5 gegen den Tabellenführer war klar, der Trainer steht nicht infrage. Nun ist klar, wen es trifft: Michael Köllner und Geschäftsführer Günther Gorenzel haben sich entschlossen, Sascha Mölders zu suspendieren - aufgrund einer "fortlaufenden Analyse der Entwicklung der vergangenen Wochen".

Der 36-jährige Angreifer, in der vergangenen Saison mit 22 Treffern Torschützenkönig der dritten Liga, hatte zwischenzeitlich für zwei Ligaspiele nicht in der Startelf gestanden. Das war vor gut zwei Monaten. Diese Maßnahme scheint so etwas wie ein Schuss vor den Bug gewesen zu sein, denn Mölders wird offenbar aus Sicht der sportlichen Leitung mehr zur Last gelegt, als nur wenige Tore geschossen zu haben in der laufenden Saison; ganz offensichtlich hat man sich vom Kapitän mehr Führungsqualitäten erwartet.

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Der Fußball-Drittligist begründet die Entscheidung mit "einer fortlaufenden Analyse der vergangenen Wochen". Mölders reagiert verwundert.

Als die Mannschaft am Montag zum Training kam, wurde Mölders der Entschluss mitgeteilt - dem Vernehmen nach soll die Suspendierung erst einmal für ein paar Wochen gelten. Die Tür sei noch nicht endgültig zugeschlagen, so das Signal. Mölders' Reaktion folgte prompt, über die sozialen Medien. Um neun Minuten vor 17 Uhr schrieb Mölders auf Instagram, "heute war ich am Trainingsgelände und mir wurde mitgeteilt dass ich nicht mehr zum Training erscheinen soll bzw. individuell trainieren soll, weil der Trainer es so wünscht. Als Kapitän wünsche ich der Mannschaft nur das Beste. Ich bin schockiert".

Erkennbar ist die Bereitschaft, reinen Tisch zu machen

Es gab auch noch eine weitere personelle Veränderung: "Oliver Beer wird sich seiner persönlichen Fortbildung widmen und mit dem Fußballlehrer den nächsten Baustein seiner Trainer-Ausbildung absolvieren", heißt es in einer Pressemitteilung über den Co-Trainer. Der 42-Jährige werde sich auf eigenen Wunsch verstärkt seiner "persönlichen Fortbildung" widmen und sich im Nachwuchs-Leistungszentrum verstärkt um Talente kümmern.

Diese Entscheidung steht nach SZ-Informationen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Suspendierung. Eher gaben unterschiedliche Auffassungen im fachlichen Bereich und der Umgang mit der sportlichen Krise den Ausschlag. Gemein haben beide Personalien aber, dass diese sportliche Krise personelle Veränderungen nötig gemacht hat. Und dass angesichts der aktuellen Lage die Bereitschaft, reinen Tisch zu machen, gestiegen ist.

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Mölders war in den vergangenen Monaten immer wieder ein Gesprächsthema gewesen. Oft ging es dabei um sein Gewicht - Mölders wird auch gerne die "Wampe von Giesing" genannt -, weil seine physische Verfassung einerseits die Frage aufwarf, ob sie die Leistung beeinflusst, und andererseits, ob ein 36-Jähriger, der in den sozialen Medien gerne einmal seine Wurstsemmeln postet, es wirklich ernst nehme mit seiner Leistungsfähigkeit. Aus dem Umfeld der Mannschaft sind sogar noch andere Vorwürfe zu hören, zum Beispiel jener, dass es mit Mitspielern immer wieder zu Streitereien gekommen sein soll. Oder auch, dass er trotz seines Alters niemals eine Jokerrolle als Einwechselspieler akzeptieren wollte.

Mölders hatte Platzhirsch-Status

Als der ehemalige Bundesligaspieler dann Ende September auf der Ersatzbank Platz nehmen musste, gab er dazu keinen Kommentar ab; was auch nicht nötig war, sein Gesicht sprach Bände. Am vergangenen Samstag, als die Mannschaft zur Halbzeit 0:5 zurücklag, war Mölders dann auch nicht mehr der Lautsprecher, der er sonst gerne ist. Leidenschaftslos lief das Spiel an ihm vorbei, dann ließ er sich auswechseln und klatschte beim Hinausgehen noch einmal recht unmotiviert mit Trainer Köllner ab.

Trotz anhaltender Erfolglosigkeit war Mölders aber trotzdem meistens gesetzt. Das bedeutete, dass andere Spieler nicht zum Einsatz kamen, weil Mölders Platzhirsch-Status genießt. Es spricht vieles dafür, dass die Chemie innerhalb der Mannschaft nicht stimmte, und dass Köllner die Erfolglosigkeit der vergangenen Tage zum Anlass nahm, einen Schlussstrich zu ziehen - auch auf die Gefahr hin, dass ein großer Teil der Fans in dieser Entscheidung nur eine Sündenbock-Alibi-Aktion sieht.

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Aber sie wehrten sich kaum: 1860 geht beim 2:5 gegen den 1. FC Magdeburg mit fünf Gegentoren in der ersten Halbzeit unter. Die Klubbosse diskutieren offenbar schon während des Spiels über mögliche Konsequenzen.

Von Christoph Leischwitz

Von Mölders wird nun erwartet, dass er noch einmal die Bereitschaft zeigt, an sich zu arbeiten. Aus dem Verein ist auch zu hören, dass mit dem Fokus aufs Sportliche auch gemeint ist, dass Mölders seine Nebentätigkeiten hintenanstellen sollte, wie zum Beispiel seine Expertentätigkeit für einen Streamingdienst. Sollte Mölders nicht einsichtig sein, ist allerdings eine Hängepartie zu erwarten, die leicht in einer Schlammschlacht enden könnte. Solange sein Vertrag läuft, dürfte zudem kaum Geld für einen weiteren Angreifer zur Verfügung stehen.

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