Zweite Fußball-Bundesliga:Erstklassige Gefühle

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Treffer zum Einstand: Fürths neuer Angreifer Tim Lemperle (rechts) wird zur Feier seines Tores zum zwischenzeitlichen 2:0 vom Kollegen Simon Asta angebrüllt. (Foto: Daniel Löb/dpa)

Die SpVgg Greuther Fürth vermiest Max Kruses Profi-Comeback mit dem SC Paderborn: Sie gewinnt 5:0 und führt nach dem ersten Spieltag die Tabelle an.

Von Korbinian Eisenberger

Die Haare waren schonmal länger, der kurze Schopf verleiht dem Träger nun eine neuartige Windschnittigkeit. Ansonsten ist er gut wiederzuerkennen, denn das Trikot, das spannte bei Max Kruse auch zuvor bisweilen etwas mehr im Hüftbereich als beim Profifußball-Prototypen. Wer also dachte, Kruse würde im Alter von 35 Jahren mit einer gut sichtbaren Wampe zurück auf die Bundesliga-Bühne kehren, der hatte sich geirrt. Wobei das mit der Bundesliga ja auch nicht so ganz korrekt ist.

Tatsächlich lag am Sonntagnachmittag nicht nur der Dunst von fränkischer Rostbratwurst in der Fürther Luft. Der einstige Nationalspieler Max Kruse ließ ein Gefühl von Erstligazugehörigkeit im Sportpark Ronhof aufkommen, wo die SpVgg Greuther Fürth zum Auftakt der Zweitliga-Saison 2023/24 Kruses neuen Klub, den SC Paderborn, empfing. Gegen dieses erstklassige Gefühl konnte sich offenbar auch der Fürther Stadionsprecher nicht restlos erwehren, der die Zuseherschaft mit "Endlich wieder Fußball-Bundesliga" begrüßte. Eventuell hatten den Sprecher zudem die Videobilder auf der Stadionleinwand inspiriert, zur Erinnerung, dass die Franken vor nicht allzu langer Zeit noch höchstselbst in der obersten deutschen Leistungsklasse firmiert hatten. Ähnlich wie ihr prominentester Gast.

Vielleicht hätte Max Kruse seiner Profi-Rückkehr einiges mehr abgewinnen können, wäre ihm in der fünften Minute dieser Hackentrick im Fürther Strafraum geglückt. Doch statt ins Tor rutschte ihm der Ball durch. Und so dürfte sich die neue Nummer 10 des SC Paderborn kurze Zeit später an einen jener Pokertische in Las Vegas zurückgewünscht haben, wo er zuletzt deutlich erfolgreicher anzutreffen war. Denn am Ende der 90 Minute war auf der Anzeigetafel im Fürther Sportpark zu lesen: 5:0.

"In der ein oder anderen Situation sieht man einfach, was für ein guter Spieler er ist."

In Fürth ereignete sich ein Nachmittag, bei dem selbst dem störrischstem Franken warm ums Herz werden musste, sollte er es mit der Mannschaft von Trainer Alexander Zorninger halten. Von Minute fünf an lief so gut wie alles für die neu formierten Fürther, die ihrerseits vier Debütanten in der Startelf aufgeboten hatten: Torhüter Jonas Urbig, Mittelfeldmann Robert Wagner und die Angreifer Tim Lemperle und Torjäger Dennis Srbeny gaben ihre Pflichtspieldebüts, Srbeny spielte gleich gegen seinen bisherigen Verein.

Zwei sogenannte spielentscheidende Szenen trugen sich alsbald zu, und die wohl spielentscheidendste davon in der achten Minute. Paderborns Verteidiger Visar Musliu ging allzu beherzt - und vor allem allzu spät - gegen Srbeny ans Werk und wurde vom Platz gestellt. Schiedsrichter Richard Hempel hatte kaum eine andere Wahl, zumal der Neu-Fürther eine Knöchelverletzung davontrug und ausgewechselt werden musste.

Paderborn stand weiter solide, verschob gut und zwang die Fürther immer wieder, den Ball zurück zu Torwart Urbig zu spielen. Dann aber missglückte Kruse der zweite Hackentrick nach schwierigem Zuspiel im Aufbau - Sekunden später landete der Ball bei Fürths Kapitän Branimir Hrgota und dann im Paderborner Tor (35). "Es ist nicht unsere Kernkompetenz, das eigene Tor so zu verteidigen", erklärte Paderborns Trainer Lukas Kwasniok nach dem Spiel. Er meinte damit: in Unterzahl - und damit lag er richtig. Lemperle (43.) und abermals Hrgota (45.+3) legten noch vor der Pause nach. Für Kruse war der Arbeitstag nun beendet, er kam nach Wiederanpfiff nicht wieder, Trainer Kwasniok ersetzte ihn durch Verteidiger Jannis Heuer, konnte aber trotz verstärkter Defensive nicht verhindern, dass sich Fürth dank den Einwechselspielern Armindo Sieb (65.) und Damian Michalski (77.) an die Tabellenspitze beförderte.

Der fünffach bediente Kruse war nach der Partie aus eventuell verständlichen Gründen nicht gesprächig. Dafür redeten andere. "Es war schwer für ihn, natürlich. Aber in der ein oder anderen Situation sieht man einfach, was für ein guter Spieler er ist", sagte Fürths Julian Green nach dem Spiel in der Mixed Zone über Kruse. "Er tut der Liga auf jeden Fall gut." Sein Trainer sah in der Pressekonferenz jedenfalls keinen Anlass zu Kritik am prominenten Uugang. "Er ist ein Ballbesitzfußballer, der dann den Unterschied machen kann und nicht die ganze Zeit gegen den Ball oder dem Ball hinterher läuft", erklärte Kwasniok. "Insofern kam seine Qualität da nicht ganz zur Geltung."

Die Fürther interessierten sich viel mehr für ihren Sieg zum Saisoneinstand. Green, seit sechs Jahren im Verein, staunte fast ein wenig ob dieser beiden Zahlen auf der Ergebnistafel, es war ja der erste Fürther Auftaktsieg seit 2018. "Paderborn ist eine gute Mannschaft, bis jetzt war jedes Spiel, das wir gegen die hatten, eng", so Green. Wobei es ja eng war - bis Srbeny mit Schmerzen auf dem Rasen lag. "Es ist wahrscheinlich irgendeine Bändersache, hoffen wir, dass nichts gerissen ist", erklärte Srbeny später, als er - inzwischen mit verbundenem Ober- und Unterschenkel, aber auf beiden Beinen - wieder durchs Stadion humpeln konnte. Mit guter Sicht auf den Monitor mit der Tabelle, in der Fürth nun wohl mindestens eine Woche lang auf einem Rang für erstklassige Gefühle geführt wird.

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