Mario Götze beim FC Bayern:Zurück bei 100 Prozent

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Mario Götze (mitte) hat gut lachen: gegen ZSKA Moskau brillierte er (Foto: dpa)

Der teuerste Patient des Münchner Lazaretts ist zurück: Bei ZSKA Moskau gelingt Mario Götze ein ungehemmter Auftritt, der die Bayern erahnen lässt, wie viel Freude sie am Ex-Dortmunder noch haben werden. Sorgen bereitet die Verletzung von Philipp Lahm.

Von Johannes Knuth

Mario Götze erstatte ausführlich Bericht am Mittwochabend in Moskau, und das war durchaus bemerkenswert. Der Mario Götze der vergangenen Wochen hatte die Reporter gerne missachtet wie lästige Spendensammler in der Fußgängerzone, abgeschirmt mithilfe von Schirmmütze und dicken Kopfhörern.

Nun plauderte Götze nach dem 3:1 bei ZSKA munter drauf los, über den Sieg im Moskauer Gefrierschrank, über den zehnten Champions-League-Triumph in Serie und, ein delikates Thema, seine gesundheitliche Verfassung. "Ich bin jetzt an einem Punkt, wo ich sagen kann, dass ich bei 100 Prozent bin", sagte Götze und ergänzte: "Dann entscheidet letztendlich der Trainer, wer spielt."

Es ist zuletzt viel geschrieben und gesagt worden über die Gesundheitsverfassung des teuersten Patienten im Kader der Bayern: Götze, für 37 Millionen Euro aus Dortmund entwendet, spiele gehemmt, er sei noch nicht angekommen in München, wie ein Alien in einer fremden Welt, so das Urteil. Der Patient selbst, gehandicapt durch gerissene Muskelbündel und kaputte Bänder, stützte die Diskussion durch empirische Befunde: "Ich bin weit entfernt davon, bei 100 Prozent zu sein" (4. Oktober), "ich bin noch nicht bei 100 Prozent" (27. Oktober), "ich bin jetzt bei 95 Prozent" (7. November). Nun also die selbstbewusste Hochrechnung auf 100 Prozent.

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Tatsächlich ist jede Menge Leichtigkeit in die Darbietungen des 21-Jährigen zurückgekehrt. Das Tor am vergangenen Samstag gegen den BVB schoss er in nahezu einer Bewegung: Pass von Müller, Ballannahme, Schuss, drin. In der Moskauer Tiefkühltruhe vollführte er Dribblings, die er in weitaus milderen Gefilden zuletzt nach wenigen Sekunden abgebrochen hatte. Das 2:0 gegen ZSKA war so ein typisches Götze-Manöver, der 21-Jährige dribbelte, dribbelte, gegen zwei, gegen drei, irgendwann stand nur noch der Torwart im Weg, den Götze lässig überwand.

Das war die wohl erfreulichste Notiz für die Bayern an diesem Abend. Trainer Pep Guardiola nahm nach dem Spiel zunächst die Lobpreisungen der russischen Journalisten entgegen ("Danke für dieses tolle Spiel! Liegt das nur an Ihnen oder auch an der Mannschaft?"), dann würdigte er Götzes Fortschritte: "Ich bin sehr zufrieden, wie er die Rolle als falscher Neuner interpretiert hat."

Ganz ohne neue Krankmeldungen kommen sie beim FC Bayern derzeit aber nicht aus, in Moskau erwischte es Philipp Lahm. Nach einer halben Stunde steuerte der 30-Jährige die Ersatzbank an, erste Diagnose: "Muskelverhärtung, rechter Oberschenkel", wie der FC Bayern über seinen Twitter-Kanal verbreitete.

Lahm mochte das nicht weiter kommentieren, nach dem Spiel steuerte er offensiv die Autogrammjäger an, die in der Mixed-Zone ebenfalls um die Aufmerksamkeit der Spieler warben. "Falle acht Wochen aus", rief Lahm den Reportern nur zu, er scherzte. So schlimm wurde es nicht, dennoch muss die Mannschaft zwei Wochen auf die Dienste ihres Kapitäns verzichten: Lahm zog sich, wie am Donnerstag publik wurde, eine Oberschenkelzerrung zu.

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Es sprach für die Bayern, dass sie auch Lahms frühzeitiger Abschied nicht irritierte, so wie sie die Tage zuvor nichts beeindruckt hatte: Die Anreise, das Verkehrschaos in Moskau, dem das Abschlusstraining zum Opfer fiel, die improvisierte Einheit Fußball-Tennis im Mannschaftshotel, die Kälte, ständig diese Kälte. "Ich mag das überhaupt nicht", sagte Arjen Robben, Schütze des ersten Treffers, "wenn schon Wintersport, dann gehe ich lieber Skifahren."

Wenn dem tatsächlich so war, ließ sich Robben wenig anmerken. Vor dem 1:0 trat er entschlossen an, ließ sich dann listig zurückfallen, das verschaffte ein wenig Platz im Strafraum - genau in diese Leerstelle platzierte Thomas Müller den Ball. "Gutes Zusammenspiel, wir hatten Augenkontakt", sagte Robben, wie bei einem alten Ehepaar, das sich einmal anschaut und weiß, was der andere denkt.

"Wieder ein Rekord", stellte Klubchef Karl-Heinz-Rummenigge während des Mitternachtsbanketts zufrieden fest. Zehn Mal in Serie in der Champions League gewinnen, damit haben die Bayern ja nicht irgendwen übertroffen, sondern den FC Barcelona, was auch Guardiola nicht entgangen war: "Ich bin sehr stolz, vor allem für den Verein. Zehn Siege hintereinander, das ist nicht einfach in Europa."

Und Mario Götze, einmal in Redelaune, sagte im Namen seiner Mitspieler: "Die Mannschaft nimmt das gerne mit, diese Serien und Rekorde. Wer weiß, wann man noch mal in diese Situation kommt."

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