Marco Rose:Borusse wird Borusse

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Wechsel am Rosenmontag: Marco Rose. (Foto: Maik Hölter/Team 2/imago)

Aus Mönchengladbach nach Dortmund: Zur nächsten Saison wechselt Trainer Marco Rose zum BVB. Zunächst aber duelliert er sich mit seinem künftigen Arbeitgeber um einen Europapokal-Startplatz und im DFB-Pokal.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Das Adjektiv "respektlos" hatte man bei Borussia Mönchengladbach zuletzt besonders gern zum Zwecke der rhetorischen Abwehr verwendet. Der Trainer Marco Rose werde von Borussia Dortmund umworben? "Respektlos!", schimpfte über derlei Gerüchte bereits im Oktober verständnislos der Sportdirektor Max Eberl. Der Mittelfeldspieler Florian Neuhaus erwäge seinen Fortgang schon diesen Sommer? "Respektlos!", klagte darüber vergangene Woche wiederum ein aufgebrachter Eberl. Bei Borussia Mönchengladbach hatten sie sich zuletzt demonstrativ beleidigt gegeben in einer Rolle, die sie doch eigentlich schon seit Jahren verinnerlichen: Wenn es sportlich gut läuft, wird Gladbachs Personal besonders interessant für höhere Aufgaben.

Respektlos mögen es die Borussen nun auch finden, dass Rose, 44, Mönchengladbach im Sommer nach nur zwei Jahren tatsächlich wieder verlässt und zu Borussia Dortmund wechselt. Aber so ist nun mal das Geschäft. Vor zwei Jahren haben die Gladbacher eine Ausstiegsklausel Roses bei RB Salzburg genutzt, um ihn für drei Millionen Euro an den Niederrhein zu locken. Und auch diesmal nutzt Rose eine Ausstiegsklausel, um einen weiteren Schritt auf seiner Karriereleiter zu tun. Fünf Millionen Euro muss sich der BVB seinen künftigen Trainer kosten lassen. Kein allzu großes Ding für einen Klub, dessen Personalkosten etwa doppelt so hoch sind wie die der Gladbacher - dies auch als Hinweis für jene, die beim Blick auf die Bundesliga-Tabelle behaupten wollten, Borussia Dortmund sei derzeit vielleicht gar keine bessere Wahl als Gladbach. Rose wird sich gehaltsmäßig deutlich verbessern.

In Dortmund sind sie erleichtert über Roses Entscheidung. "Wir freuen uns, dass er sich für uns entschieden hat", sagt der Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Watzke. Man schätzt Roses Fußball ebenso wie seine Art, die mehr als bei jedem anderen BVB-Coach zuletzt dem Wesen des Lieblingstrainer Jürgen Klopp nahe kommt. An Rose schätzt man überdies seinen Umgang mit jungen Spielern. 2017 hat er mit der Salzburger A-Jugend die European Youth League gewonnen, die Champions League der Nachwuchsteams.

Ein bisschen problematisch findet man beim BVB allerdings den Zeitpunkt von Roses Mitteilung zwei Tage vor dem Dortmunder Champions-League-Spiel beim FC Sevilla und fünf Tage vor dem Ruhrderby bei Schalke 04. Roses vorauseilender Schatten erschwert beim BVB dem ohnehin mit nicht allzu viel Erfolg gesegneten Interimstrainer Edin Terzic zusätzlich die künftigen Aufgaben. Weiterhin will man in Dortmund mit Terzic die Saison aber zu Ende bringen. Ausgerechnet gegen Gladbach spielt man am 2. März um den Einzug ins DFB-Pokal-Viertelfinale und ausgerechnet mit Gladbach konkurriert man um einen Europapokal-Platz in Kategorie 1 (Champions League) oder Kategorie 2 (Europa League).

Doch der Druck in Mönchengladbach war Rose offenbar zu groß geworden. Seit Wochen hielten sich die Wechselgerüchte, aber erst vor zehn Tagen nahmen sie Fahrt auf, als Rose ausgerechnet im prestigeträchtigen Derby gegen den 1. FC Köln aus Gründen der vermeintlichen Belastungssteuerung eine bessere B-Elf aufbot und prompt 1:2 verlor. Die Fan-Dachorganisation griff den Trainer nun frontal an und brachte zu diesem Zweck die Spekulationen um seinen Wechsel ins Spiel. Obwohl tags darauf ausgerechnet der BVB als Gladbacher Pokalgegner ausgelost wurde und Rose sein Geheimnis vermutlich mindestens bis März gern für sich behalten hätte, schuf er am Montag Fakten. "Wir haben viele Gespräche geführt, in denen es um die Zukunft von Marco ging", lässt sich Eberl in einer Pressemitteilung zitieren, "leider hat er sich nun entschieden, von einer Klausel in seinem bis Juni 2022 laufenden Vertrag Gebrauch zu machen und im Sommer zu Borussia Dortmund wechseln zu wollen."

Marsch? Kohfeldt? Wer in Gladbach Trainer wird, ist noch offen

Der Manager muss sich seit Montag keine Sorgen mehr um seinen Trainer machen, aber umso intensiver um die künftige Mannschaft. Denn deren Gesicht könnte vom Abgang Roses beeinträchtigt werden. Der Vertrag vom Abwehrchef Matthias Ginter zum Beispiel - Nationalspieler und vielleicht wichtigster Mann im Gladbacher Kader - läuft 2022 aus, und Ginter hatte bereits erklärt, dass für eine Verlängerung "auch der Faktor Trainer eine Rolle spielt". Für umworbene Spieler wie Nico Elvedi, Florian Neuhaus, Denis Zakaria, Marcus Thuram oder Alassane Plea gilt das vermutlich ebenso.

Als Trainerkandidaten in Gladbach werden längst Namen gehandelt: Florian Kohfeldt von Werder Bremen, Erik ten Hag von Ajax Amsterdam, Gerardo Seoane von den Young Boys Bern oder Jesse Marsch von RB Salzburg. In Dortmund muss sich Edin Terzic derweil eher keinen neuen Klub suchen. Der BVB sähe ihn gern als künftigen Assistenten von Marco Rose, der einen Drei-Jahres-Vertrag bis 2024 erhalten soll.

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