Manchester United:Schweinsteiger, der Sportsmann mit der Wollmütze

Lesezeit: 3 min

Bastian Schweinsteiger im November 2015 bei einem Spiel gegen Leicester City. (Foto: AFP)
  • Bastian Schweinsteiger darf unerwartet am Training von Manchester United teilnehmen.
  • Fotos zeigen den Weltmeister im Gespräch mit Trainer José Mourinho, der ihn zuvor mehrfach gedemütigt hatte.
  • Schweinsteiger hatte sich trotz allem immer vorbildlich verhalten - kommt für ihn jetzt die Wende?

Von Martin Schneider

Die Wollmütze mit dem Vereinswappen hatte Bastian Schweinsteiger tief ins Gesicht gezogen, als er durch den Nebel der Festung stapfte. "Fortress Carrington" nennen Einheimische das Trainingsgelände von Manchester United. Eine Hochsicherheits-Anlage, 30 Auto-Minuten vom Stadion Old Trafford entfernt, die von einer acht Meter hohen Mauer, einem 24-Stunden-Sicherheitsdienst und 30 000 Bäumen geschützt wird. Aus dieser Anlage dringt nur nach draußen, was Manchester United will und an diesem Montag entschied sich der Klub für ein kurzes Trainingsvideo von Spielern im Nebel und einige Bilder. Eins davon zeigte den Verbannten. Ein anderes zeigt Trainer José Mourinho, wie er zu dem Spieler spricht, zu dem er eigentlich nicht mehr sprechen wollte.

"Es ist großartig, dass Bastian zurück ist", sagte Mitspieler Luke Shaw. "Wir haben es vor ein paar Tagen gehört. Er hat einen großen Einfluss in der Kabine und auf dem Feld", wird der Linksverteidiger bei der BBC zitiert.

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Dass Bastian Schweinsteiger nach seiner Suspendierung nun plötzlich und unerwartet zum ersten Mal an einem Training unter dem United-Trainer Mourinho teilnehmen darf, sieht wie die Wende in einer Geschichte voller Demütigungen, Unwürdigkeiten und Niederlagen aus. Bei der aber Bastian Schweinsteiger auf dem Weg ist, am Ende der moralische Sieger zu sein.

Die hässliche Geschichte begann für Bastian Schweinsteiger mit dem Spind. An seinem Geburtstag musste er diesen offiziell räumen, nachdem José Mourinho ihn für die ersten Testspiele nicht berücksichtigt hatte. "Spieler, mit denen ich nicht plane, setzte ich nicht eine Minute ein, und ich behalte sie auch nicht im Kader", sprach der für seine Menschenführung berüchtigte Portugiese und ließ den Weltmeister und Champions-League-Sieger bei der U23 trainieren.

Im September tauchte Schweinsteiger dann in der Bilanz von United auf - als Abschreibung. Wertverlust: acht Millionen Euro. Auf dem offiziellen Mannschaftsfoto, das United erst vergangenen Freitag veröffentlichte, war er auch nicht zu sehen.

Und wie reagierte Schweinsteiger? Postete in den verschiedenen sozialen Netzwerken Bilder von sich, wie er auf der Tribüne des Old Trafford saß und wünschte dem Team viel Glück. Als die Spekulationen um einen eventuellen Wechsel nach Italien wild wurden, schrieb er auf seiner Facebook-Seite, dass United sein letzter Klub in Europa sein würde. "Ich werde bereit sein, wenn mich das Team braucht", schrieb er und sagte noch, dass er kein persönliches Problem mit Mourinho habe.

In solchen Situationen geht es immer auch ums Geld. Als Louis van Gaal ihn auf die Insel holte, soll Schweinsteiger einen sehr üppigen Vertrag erhalten haben. Öffentliche Worte können bei Verhandlungen gegen einen verwendet werden. Lange hieß es, Schweinsteiger könnte in die USA wechseln. In der öffentlichen Wahrnehmung war er es jedoch, dem Unrecht angetan wurde und der sich trotzdem wie ein Sportsmann verhielt. Der dem Club Glück wünschte, der ihn aus der Kabine geschickt hatte. Schweinsteiger wirkte wie jemand, der fair blieb, obwohl andere unfair zu ihm waren.

Er trainierte weiter mit den Nachwuchs-Kickern, postete weiter aufbauende Nachrichten und beobachtete, wie die Leistungen von United immer schlechter wurden und die Mittelfeld-Kombo aus dem 105-Millionen-Euro-Transfer Paul Pogba, Morgan Schneiderlein, Ander Herrera, Marouane Fellaini und Michael Carrick, für die sich Mourinho entschieden hatte, immer anfälliger spielte. Er schwieg, während sich viele Institutionen des internationalen Fußballs daran erinnerten, dass es ihn noch gibt. United-Legende Paul Scholes rief nach ihm. DFB-Kapitän Manuel Neuer sagte recht deutlich, dass ein Schweinsteiger in den Kader der ersten Mannschaft gehört. Michael Ballack, ebenfalls DFB-Kapitäns-Amtsvorgänger, war bisher der letzte, der mehr Respekt gefordert hatte.

Mourinho, der bei Real Madrid einst schon erfolgreich Vereinsikone Iker Casillas vertrieben hatte, ließ sich davon nicht beeindrucken und rutschte in der Liga mit dem Luxus-Kader auf Platz acht ab, hinter den FC Watford. Jetzt die plötzliche Wende, von der aber noch niemand sagen kann, was sie wirklich bedeutet. Braucht Mourinho den Verschmähten plötzlich? Am Donnerstag spielt United in der Europa League, da kommt ein Einsatz von Schweinsteiger nicht in Frage: Der Klub hatte ihn für den Wettbewerb nicht gemeldet. Theoretisch könnte er am kommenden Sonntag in Swansea spielen.

Ob Bastian Schweinsteiger dem Team bei einem Einsatz wirklich helfen kann, das kann niemand seriös vorhersagen. Seine Krankengeschichte, sein Alter, seine Defizite und nun Monate ohne Spielpraxis stehen als Fakt in den Büchern. Aber viel verlieren kann er nicht mehr.

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