Manchester City:Guardiolas Stil kann auch grandios scheitern

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Pep Guardiola: Kopfzerbrechen gegen Everton (Foto: REUTERS)

Das 0:4 gegen den FC Everton ist für Trainer Guardiola eine seiner höchsten Pleiten. Bei Manchester City erlebt er, dass Ballkontrolle und viele Pässe auch zum Desaster führen können.

Von Thomas Hummel

Ein bisschen Pathos war noch übrig bei Pep Guardiola. Bevor nun irgendjemand auf die Idee kommen kann, dass er es hier in England nicht schön findet, sagte er: "I am so happy in Manchester." Gut, er würde gerne ein paar Fußballspiele mehr gewinnen. Aber an seiner Leidenschaft solle bitteschön keiner zweifeln. Selbst nach diesem schlimmen Spiel nicht.

0:4 hatte Pep Guardiola gerade mit Manchester City beim FC Everton verloren. Null zu vier. Es ist die höchste Niederlage für City in dieser Premier-League-Saison. Und zusammen mit dem 0:4 in Barcelona in der Champions League sowie dem 0:4 mit dem FC Bayern zu Hause gegen Real Madrid 2014 auch die höchste Pleite in Guardiolas Trainerkarriere. All die Kritiker von Guardiolas Spielstil durften sich gegenseitig beglückwünschen, denn die Theorien des Spaniers schienen binnen 94 Minuten widerlegt. Ballkontrolle, Dominanz, viele Pässe, gutes Positionsspiel - all das kann auch ins Desaster führen.

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71 Prozent Ballbesitz wiesen die Statistiker für seine Mannschaft im brodelnden Goodison Park aus, das ist ein enormer Wert. Doch das betonte die Schwächen von Manchester City eigentlich nur. Schwächen, die inzwischen dazu führen, dass der Titel in der Premier League selbst für Guardiola zu weit entfernt scheint. "Ja. Zehn Punkte sind sehr viel." Er habe seinen Spielern schon gesagt, sie sollten nicht auf die Tabelle schauen, sondern sich auf das nächste Spiel konzentrieren. Erst am Ende der Saison werde man Bilanz ziehen und sehen, wie gut die Spieler waren, wie gut der Trainer war.

Bilanz wird spannend

Es wird spannend, was bei Manchester City im Mai bilanziert wird. Denn der Klub leidet ja angesichts der englischen TV-Gelder und der Besitzer aus Abu Dhabi nicht an Geldmangel, was im kommenden Sommer zu einigen Veränderungen führen könnte. Nach vier Jahren in Barcelona und drei Jahren beim FC Bayern ist die Analyse nicht fern, dass Guardiola in Manchester mit der am wenigstens talentierten Mannschaft seiner Karriere zusammenarbeitet. Auch wenn er am Sonntag sagte: "Ich liebe meine Spieler, ich liebe es mit ihnen zu arbeiten. Ich weiß, wie sie leiden, wie hart sie arbeiten. Wie ehrlich sie sich bemühen."

In München erinnert man sich da zum Beispiel an die "1000 Dantes", die er einmal gerne im Team gehabt hätte. Um kurz darauf den brasilianischen Abwehrspieler freudig nach Wolfsburg ziehen zu lassen.

In Manchester versuchen die Spieler zwar, Guardiolas Ideen umzusetzen. Was aber zu oft misslingt. Torwart Claudio Bravo, von Guardiola vor der Saison persönlich verpflichtet, erreicht nicht den höchsten Standard. Und die Abwehr verliert bei schnellen Angriffen der Gegner auch schnell den Überblick. In Everton reichte ein Fehlpass von Gaël Clichy, um den Gastgebern mit dem ersten Torschuss durch Romelu Lukaku das 1:0 zu ermöglichen (34.).

Beim 2:0 kurz nach der Pause sah sich Evertons Kevin Mirallas ebenso einer Überzahl an City-Verteidigern gegenüber wie Tom Davies beim 3:0 (79.). Und das 4:0 in der Nachspielzeit (durch Ademola Lookman) bereitete Verteidiger John Stones mit einem seiner fast obligatorischen Fehlpässe vor.

Yaya Touré kommt kaum mehr hinterher

Dabei ist der 22-jährige Stones noch der begabteste Defensivmann bei Manchester, vor der Saison war er für 56 Millionen Euro aus Everton gekommen. Seine Nebenmänner Nicolas Otamendi, Clichy, Bacary Sagny oder Aleksandar Kolarov tun sich gerade in der defensiven Basisarbeit schwer. Und der von Guardiola begnadigte Yaya Touré im defensiven Mittelfeld zeigte auch in Everton, dass er mit 33 Jahren kaum mehr hinterherkommt.

Guardiola wollte aber auch in Liverpool keineswegs die Defensive schelten. Sondern er bemängelte wie so oft die schlechte Chancenverwertung. "Wir haben uns in der ersten Halbzeit genug Chancen herausgespielt. Everton hat die einzige Möglichkeit genutzt", sagte Guardiola: "Dann haben sie direkt nach der Pause getroffen. Das ist mental schwierig für die Spieler." Damit hatte er nicht ganz unrecht, denn David Silva oder Raheem Sterling hätten Manchester in Führung bringen können. Sterling hätte auch einen Elfmeter erhalten können, doch der Schiedsrichter ließ weiterspielen.

Und dennoch: Am Ende stand es 0:4, der Gegner feierte eine Party. Und all die, die Pep Guardiola und seinen Stil in England scheitern sehen wollen (und davon soll es auf der Insel einige geben), gingen mit einem Grinsen ins Bett.

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