Uefa Youth League:Wo Mainz 05 die Giganten schlägt

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Daniel Gleiber (Mitte) feiert mit dem Team den Sieg gegen den FC Barcelona. (Foto: Hahne/Beautiful Sports/Imago)

Erst der FC Barcelona, dann Manchester City, nun an diesem Abend der FC Porto: Die Mainzer U19 feiert in der Youth League, der Champions League für Junioren, eine besondere Erfolgsgeschichte. Das soll auch den akut abstiegsbedrohten Männern helfen.

Von Helene Altgelt

Fünf Minuten können in der Welt des Fußballs sehr lang oder sehr kurz sein. Sehr lang, wenn der Lieblingsverein 1:0 in Führung liegt und die Nachspielzeit beginnt. Sehr kurz, wenn die Tickets für ein Spiel der U19 von Mainz 05 in den Verkauf gehen. Dann gilt es, schnell zu klicken. Nach fünf Minuten waren alle Karten, immerhin 7143, für das Youth-League-Viertelfinale gegen den FC Porto (Mittwoch, 18 Uhr) weg - die 7143 Mainzer Fans wollen das nächste Fußballfest erleben. In ihrer großen Arena sind Feste aktuell rar, die Rheinhessen stecken in der Bundesliga knietief im Abstiegskampf. Im Bruchwegstadion dagegen, der Heimat der Jungmainzer, wurde diese Saison schon zweimal gefeiert: Als Neuling im Wettbewerb besiegte Mainz den FC Barcelona und Manchester City.

Die Youth League ist die Champions League der Junioren, Mainz qualifizierte sich als Meister der A-Jugend-Bundesliga 2023. Schon dieser Erfolg war eine Überraschung, jetzt folgt auf das kleine Wunder die große Fortsetzung. Dabei hilft, dass das Format des Uefa-Wettbewerbs perfekt für Außenseitergeschichten ist. Nach der Qualifikation für die K.-o.-Runde, die den Mainzern eher mühsam gegen Maribor und Minsk gelang, gibt es statt Hin- und Rückspiel immer nur eine Partie. Da Fortuna mit den 05ern war, wurden schon die entscheidenden Spiele gegen die Schwergewichte Barcelona und Manchester jeweils zu Hause ausgetragen. Zudem hat die Youth League ihre eigenen Gesetze. Hohe Ergebnisse sind nicht selten, die vergangenen beiden Endspiele endeten 5:0 und 6:0. Aber ein U19-Spiel kann auch schnell kippen, und immer wieder gibt es sensationelle Siegeszüge von Klubs mit einer starken Generation. All das kommt Mainz entgegen.

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Zwischen Akademieteams von Champions-League-Siegern und Toptalenten aus portugiesischen und niederländischen Kaderschmieden sind die Mainzer A-Junioren wackere Kämpfer gegen die Übermacht der Großen. Eine solche Wohlfühlgeschichte kann ein wankender Verein gerade gut gebrauchen, um sich wieder hochzuziehen. Diese Rolle gefällt den Mainzern: Ein "gallisches Dorf" sei man, erklärt U19-Trainer Benjamin Hoffmann, denn viele seiner Spieler kommen aus Mainz, und kein Talent wurde, wie bei den Spitzenklubs Europas gang und gäbe, aus anderen Ländern eingekauft. Hoffmann, 44, war vorher bei Borussia Dortmund tätig, mit seiner jovial-offenen Art passt er gut zu Mainz. Er ist jüngst vom Juniorentrainer zum Coach der zweiten Mannschaft aufgestiegen, in der Youth League dreht er eine Abschiedsrunde mit seinem Team.

Einiges können sich die Profis von den Junioren abschauen, zum Beispiel: Elfmeter!

Hoffmann profitiert von einem starken Jahrgang, Kapitän Daniel Gleiber und Maxim Dal wird großes Potenzial bescheinigt. In Mainz ist das nichts Ungewöhnliches, die Jugendarbeit war schon oft eine erfolgreiche. Eigengewächse wie André Schürrle oder Yunus Malli verkaufte der Klub einst teuer weiter, im aktuellen Profikader stehen in Jonathan Burkardt, Brajan Gruda und Nelson Weiper Hoffnungsträger aus der eigenen Jugend. Seine Jungs, sagt Hoffmann, mache spielerisches Können aus, aber ebenso ihr Charakter: "Ihnen werden hier in Mainz viel mehr Widerstände gegeben, viele kleine Dinge ergeben eine große Wirkung." Anders als bei den Topklubs werden die Talente nicht zu jedem Training kutschiert, sondern zur Selbstständigkeit erzogen. Das sollen sie auch auf dem Platz zeigen, so die Mainzer Philosophie - "und das macht diese Mannschaft par excellence."

Erfolgstrainer der Mainzer A-Junioren: Benjamin Hoffmann. (Foto: Hahne/Beautiful Sports/Imago)

Die Junioren umgibt in Mainz jetzt eine besondere Aufmerksamkeit: Ultras im Stadion, Poster mit der Mannschaft in Lebensgröße - es ist ein Fußballmärchen, das vom tristen Bundesligaalltag ablenkt und zugleich als Mutmacher im Abstiegskampf dienen soll. Die Profis haben neun Punkte Rückstand auf den rettenden 15. Platz. Mit der Verpflichtung des energischen dänischen Trainers Bo Henriksen spross ein zartes Pflänzchen der Hoffnung, auch Hoffmann spricht von Aufbruchstimmung - wie fragil diese ist, zeigte aber die jüngste 1:8-Klatsche gegen die Bayern. Die Erfolge in der Youth League, hofft Hoffmann, können auf dem langen Weg zum Klassenverbleib ein kleines Puzzlestück sein, die U19 soll etwas Leichtigkeit und Hoffnung in den Klub bringen. Das ganze Mainzer Dorf soll sich gegen den Abstieg stemmen.

Das ein oder andere können sich die Profis von ihren Junioren tatsächlich abschauen, beispielsweise: Elfmeter. In der Bundesliga verschossen die Mainzer alle vier Strafstöße, ganz anders der Nachwuchs. Gegen Barcelona gewann die Hoffmann-Elf im Elfmeterschießen, gegen Manchester City fiel das entscheidende Tor per Strafstoß. Auch das manchmal so dringend notwendige Glück, das im Abstiegskampf bisher fehlte, haben sie in der Youth League.

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