Mainz und der neue Trainer Henriksen:Ein bisschen wie Klopp

Lesezeit: 2 min

Kein Torjubel: Der neue Mainzer Trainer Bo Henriksen animiert hier vor dem Spiel die eigenen Fans. (Foto: Jürgen Kessler/dpa)

Lange Haare, Emotionen - und ein Sieg zum Auftakt: Der neue Trainer Bo Henriksen hat Mainz 05 aufgeweckt und die Hoffnung auf den Klassenverbleib zurückgebracht. Der Mainzer Klubchef sieht "einen positiv Verrückten" am Werk.

Von Frank Hellmann, Mainz

Im Vergleich zu den großflächigen Protestplakaten in der Mainzer Fankurve gegen den Investorendeal kam das handgemalte Pappschild ziemlich bescheiden daher. Fernsehkameras haben trotzdem eingefangen, wie liebevoll einige Anhänger des FSV Mainz 05 ihren neuen Trainer Bo Henriksen begrüßten: "Bo 2 - can do." Was der zweite Bo - nach seinem dänischen Landsmann Bo Svensson - zum Bundesliga-Einstand dann vollbrachte, hätten wohl auch kühne Optimisten nicht erwartet. Nach der überzeugenden Vorstellung gegen den FC Augsburg (1:0) forderte der Anhang die Spieler auf, sich auf den Rasen zu setzen, um mit "Humba Täterä" zu feiern.

Eine Prozedur, die zur Philosophie des Hoffnungsträgers passte. Der Mann steht für Leidenschaft, Energie und Aktivität. "Es war ein fantastischer Tag für die Mannschaft, für die Fans und für mich. Ich habe keine Angst auf dem Platz gesehen, das ist das Wichtigste", sagte Henriksen, 49, der die Liga mit seinem unerschütterlichen Optimismus bereichern könnte. Klubchef Stefan Hofmann sieht "einen positiv Verrückten" am Werk, der in diesem Moment gut zum Standort passe. Besser jedenfalls als der verdienstvolle, gegen Ende seiner Amtszeit aber fast nur noch negativ gepolte Svensson; und natürlich auch besser als der blasse Vorgänger Jan Siewert.

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Wenn sich dieses Spiel nicht als zufälliger Trainerpremieren-Effekt erweist, könnte Mainz 05 den vorletzten Tabellenplatz bald verlassen. Das Licht im Tabellenkeller ist zumindest wieder angeknipst, die Lebensgeister sind geweckt. "Er hat sich gesagt: Ich bringe Feuer in den Laden. Das hat er in einer Art und Weise gemacht: Hut ab!" lobte Vorstand Christian Heidel. Ihm war dieser "Emotionstyp" aufgefallen, als sich der FC Zürich unter dessen Regie vom Abstiegskandidaten zum Spitzenklub entwickelte.

Augsburgs Trainer Thorup wusste, was kommt: Er ist auch Däne

Nun hat man einen Einpeitscher an der Linie stehen, der zumindest mit seiner Attitüde ein bisschen an den wilden Jürgen Klopp im alten Bruchwegstadion erinnerte. Der Däne strich sich durchs lange Haar, klatschte in die Hände, trieb die Spieler nach vorne. Es wäre empfehlenswert, auch mal seine Laufleistung an der Linie zu ermitteln. "Bo ist ein Wirbelwind", sagte Heidel, "wir werden sehen, wohin das jetzt führt." Am Freitag geht's allerdings erst einmal zum Tabellenführer Bayer Leverkusen. "Wir fahren da jetzt nicht hin, um möglichst niedrig zu verlieren", kündigte der Boss mit einem verschmitzten Grinsen an. Offenbar ist die Zuversicht des neuen Trainers wirklich ansteckend. Unter der Woche hatte der Coach auch den zweiten Saisonsieg so überzeugend versprochen, "dass die Spieler am Ende auch dran geglaubt haben" (Heidel).

Sein fußballerischer Ansatz orientiert sich offenkundig am sogenannten "Danish Dynamite", jenem spektakulären Spielstil, mit dem Dänemarks Nationalmannschaft in den 80er Jahren die Herzen eroberte. Als Nadiem Amiri in der Nachspielzeit der ersten Hälfte den vierten Mainzer Elfmeter in Serie verschoss, rief Henriksen in der Kabine: "Keep attacking! Keep attacking!"

Exemplarisch für den Einsatz der Mainzer stand der junge Angreifer Brajan Gruda, der im Abschlusstraining durch einen unglücklichen Tritt eines Mitspielers blutüberströmt ins Krankenhaus musste. "Das gesamte Gesicht zerfetzt: Ich hätte gedacht, der spielt die nächsten zehn Wochen keinen Fußball mehr", erzählte Heidel. "Dann läuft er mit Maske auf, schmeißt sie weg und haut sich rein - das ist ein Zeichen, das ist Abstiegskampf."

Wie Gruda, so lebt nun auch Winter-Zugang Amiri im Vorwärtsgang seine Freiheiten aus. Ein "totaler Glücksfall" sei Amiri, meinte Heidel, zumal der aus Leverkusen geliehene Mittelfeldspieler auch jene Freistoßflanke schlug, die Abwehrspieler Sepp van den Berg zum entscheidenden Treffer verwandelte (44.). Der ehemalige Mainzer Finn Dahmen half mit seinem Irrflug allerdings, der FCA-Keeper war auch voll geständig ("da sehe ich unglücklich aus"). Augsburg Trainer Jess Thorup musste später kleinlaut eingestehen: "Wir waren wir nicht bereit. Dabei wusste ich, was auf uns zukommt." Die Herren kennen sich natürlich: Jess Thorup ist auch Däne.

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