2. Handball-Bundesliga:Coburgs weiter Weg zurück

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Die Abwehr soll wieder das Coburger Prunkstück werden: Hier packt Jakob Knauer (li.) gegen Aues Sebastian Paraschiv zu. (Foto: Picture Point/Imago)

Nach komplizierten Jahren wächst beim HSC Coburg wieder etwas zusammen. Und dieses Mal wird vor allem eines großgeschrieben: Nachhaltigkeit. Der erste Schritt ist die Verpflichtung von Trainer Anel Mahmutefendic für die kommende Saison.

Von Sebastian Leisgang

Jan Gorr hat das alles schon miterlebt. Er war dabei, als es hochging, er war dabei, als es runterging - und er war auch dabei, als es wieder hoch- und wieder runterging. Die jüngere Historie des HSC Coburg ist eine Geschichte von Aufstieg und Fall. Und deshalb sagt Gorr, jetzt, da er das Gefühl hat, dass in der Vestestadt wieder etwas entsteht: "Es reicht nicht - wie in der Vergangenheit - durch ein super sportliches Jahr in die Bundesliga gespült zu werden. Wir müssen auch verlässliche Rahmenbedingungen schaffen."

Ein Nachmittag am Wochenende, es ist Winterpause, doch Gorr, 45, sitzt trotzdem in seinem Büro, als er am Telefon über die Pläne des Vereins und die erste Saisonhälfte seiner Mannschaft spricht. Ende Januar hat der Handball-Zweitligist HSC bekannt gegeben, dass Gorr zum Saisonende als Trainer ausscheiden und seine Position für Anel Mahmutefendic räumen wird, den bisherigen Assistenzcoach des Bundesligisten VfL Gummersbach. Mahmutefendic, der auch schon den Nachwuchs der Füchse Berlin in der dritten Liga betreut hat, soll den Weg weiterführen, den Coburg unter dem Trainer Gorr eingeschlagen hat - und das an der Seite des Geschäftsführers Gorr.

Als Lenker und Großdenker bleibt Gorr also im Amt. Er hat der Mannschaft in den vergangenen Monaten Halt verliehen - und demnächst soll es wieder höher hinausgehen. Coburg hat als Fünfter überwintert, ein respektables Zwischenergebnis zum Halbjahr, das Gorr zum Anlass nimmt, um über Grundsätzliches zu sprechen und Bilanz zu ziehen. "Wir hatten unruhige Jahre mit mehr Fluktuation im Kader, als wir uns gewünscht haben", sagt der Coburger Noch-Trainer und Geschäftsführer, "aber jetzt sind wir zusammengewachsen. Und deshalb ist auch das Gemeinsame wieder da, auf das man sich in schwierigen Phasen eines Spiels verlassen kann."

Das Ziel ist nach wie vor die erste Liga: "Es ist ein weiter Weg", sagt Geschäftsführer Jan Gorr

Diese Substanz, von der Gorr spricht, ging der Mannschaft ab, als sie 2021 aus der Bundesliga abstieg. 2022 und 2023 kam der HSC nur als Elfter ins Ziel, jetzt sind es in Gorrs Augen vor allem zwei Dinge, mit denen der Coburger Aufschwung zu erklären ist: zum einen die Abwehr, die all die Jahre das Prunkstück war und erst in dieser Saison wieder zu alter Stärke gefunden hat; und zum anderen das Rollenverständnis der einzelnen Spieler, die ihre Aufgaben nun besser umsetzen. "Jeder bringt sich ein", sagt Gorr, "das ist ein großes Plus." Und so kann sich auch wieder etwas entwickeln, ein stimmiges Gefüge, ein Selbstverständnis, ein Lauf, der die Mannschaft durch eine Saison trägt.

Schon 2016 und 2020 brachte es der HSC zum Bundesliga-Verein, doch nur ein Jahr später war er wieder zweitklassig. Eine Erfahrung, die sich nicht noch ein drittes Mal wiederholen soll: "2030 wollen wir in der Bundesliga etabliert sein", sagt Gorr, "durch Corona und den Ukraine-Krieg mussten wir Krisenmanagement betreiben und die Vision überarbeiten. Jetzt leiten wir strukturelle Veränderungen ein. Wenn wir uns nachhaltig aufstellen, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, den großen Schritt in die Bundesliga auch wirklich zu schaffen."

Ziel ist die erste Liga, aber nachhaltig: Coburgs Trainer und Geschäftsführer Jan Gorr. (Foto: Marco Wolf/Imago)

Nachhaltigkeit, das ist gerade ein großes Thema. Eigentlich wollten die Coburger schon 2027 nicht mehr aus der Bundesliga wegzudenken sein, doch inzwischen haben sie einen neuen Zeitplan herausgegeben. In den nächsten Jahren soll sich erst einmal infrastrukturell und im Nachwuchs etwas tun, um ein Fundament zu schaffen, das derart stabil ist, dass es auch dann dem Sturm standhält, wenn die Gegner nicht mehr TuS Vinnhorst und EHV Aue heißen - sondern THW Kiel und SC Magdeburg.

"Es sind Riesenwelten zwischen erster und zweiter Liga. Da oben ist die Luft extrem dünn", weiß Gorr und wirbt deshalb für Geduld: "Es ist ein weiter Weg. Man hat schnell gesagt, was man alles erreichen will, aber man braucht auch einen guten Plan." Den, daran hat Gorr keinen Zweifel, haben sie in Coburg. Und sie verfolgen ihn auch.

Die Personalie Mahmutefendic ist Teil dieses Plans, und auch im Kader gibt es Entscheidungen: Die Spieler Kristian van der Merwe und Max Jaeger werden am Saisonende aus familiären Gründen gehen, während Arkadiusz Ossowski, Merlin Fuß, Felix Jaeger und Jannes Krone ihre Verträge verlängert haben.

All das sind Weichenstellungen für die Zukunft. In der Gegenwart steht der Rückrundenauftakt an, am Sonntag (17 Uhr) daheim gegen Eintracht Hagen. Wegen der Verletzungen von Fynn Herzig und Arek Ossowski, der bis Saisonende ausfallen wird, hat der Verein für den Rückraum kurzfristig noch Mikael Helmersson nachverpflichtet. Der 20-Jährige, der bei der SG Flensburg-Handewitt ausgebildet wurde und dann nach Schweden wechselte, hat bis Saisonende unterschrieben.

Platz fünf nach der ersten Saisonhälfte soll nur ein Vorgeschmack gewesen sein. Aber, und das ist die Lehre aus den vergangenen Jahren: Es geht nicht nur um den derzeitigen Erfolg, sondern auch um das, was dahinter ist. Deshalb hat Jan Gorr das große Ganze im Blick. Er will ja wieder dahin, wo er mit dem HSC Coburg schon zweimal war: in die Hallen nach Kiel und Magdeburg.

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