Lukas Podolski beim 1. FC Köln:Alles für den heiligen Rittmeister

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Pünktlich zum Start der Rückrunde versucht der 1. FC Köln verzweifelt seinen Kader zu verkleinern - um mit dem gesparten Geld Lukas Podolski zum Bleiben zu überreden. Trotzdem ist fraglich, ob das Kölner Idol den Karneval 2013 noch am Rhein erleben wird. Denn der Nationalspieler hat höhere Ansprüche als sein Klub.

Philipp Selldorf, Köln

Das Trainingslager des 1. FC Köln in Portugal verlief friedlich und ruhig, das sagen sogar die, denen es liebe Gewohnheit ist, von weniger friedlichen und ruhigen Zeiten zu erzählen. Der Grund für den ungewohnten Frieden bestand angeblich darin, dass Lukas Podolski in Portimao weder der einen noch der anderen Zeitung Belangvolles mitgeteilt hat, so dass sich kein enttäuschter Medien-Konkurrent genötigt sah, ein zündendes Kontrastprogramm zu schaffen.

Nach Verletzung pünktlich fit geworden für den Start der Rückrunde: der Kölner Stadtheilige Lukas Podolski. (Foto: dpa)

Außerdem hatte Podolski, pünktlich bevor es losging an die Algarve, mit seinen Beratern das Geißbockheim aufgesucht, um den Geschäftsführern Claus Horstmann und Volker Finke auszurichten, dass er vorerst keine Gespräche über eine Vertragsverlängerung führen wolle.

Das brisante Thema hatte er damit Richtung Sommer vertagt, und wenn es auch überall hieß, der Nationalspieler bereite dem FC Ohnmachtsgefühle, so war man im Klub in Wahrheit gar nicht so unglücklich. Man hat Zeit gewonnen, Argumente zu sammeln, bis es in ein paar Monaten ernst wird mit der Vertragsfrage.

Podolski blieb selbstredend trotzdem das führende Gesprächsthema. Die Kölner erfuhren, dass er ein Kinderhospiz in Olpe besuchte und von dessen Leiter als "Mann mit Herz" gewürdigt wurde. Sie lasen darüber, dass er in diesem Jahr beim Rosenmontagszug nicht wieder auf dem Festwagen der Roten Funken mitfährt, sondern auf dem großen Präsidenten-Wagen der Ehrengarde, die ihn bereits zum "Rittmeister" erhoben hat ("die Ehrengarde ist eine coole Truppe").

Ein ganz blödes Wort"

Ferner hat er ein Lied mit der Rockband Brings aufgenommen und soll demnächst mit ihr auftreten, womöglich sogar im Schottenrock. Fußball gespielt hat Podolski auch, allerdings zunächst nur mit Freunden auf einem Kunstrasenplatz, weshalb er im portugiesischen Trainingslager nur Fahrrad fahren und laufen durfte - beim Hallenkick hatte er sich verletzt, ausgerechnet am wichtigsten Körperteil, seinem linken Fuß.

Trainer Stale Solbakken erklärte mit süß-saurer Miene, er sei überhaupt nicht sauer über das Freizeitmalheur, und versicherte, Podolski beim Rückrundenstart in Wolfsburg selbst dann aufzustellen, wenn dieser sich erst zur Abschlussbesprechung zurückmelden werde. Doch die Sorge war nicht nötig: Gleich nach der Ankunft in Köln kehrte der Unersetzliche auf den Trainingsplatz zurück.

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Vom Sportchef Finke war während der Pause nur am Rande die Rede, obwohl er sinnvolle Arbeit geleistet hat. Er hat sich um den "Spielerstau" gekümmert, "ein ganz blödes Wort", wie er selbst sagt, ihm fällt aber kein besseres ein, um den Missstand zu beschreiben. "Wir haben hier eine Gruppe von 40 Spielern unter Vertrag", sagt er, die Ursprünge reichen bis in die Zeiten unter Christoph Daum zurück. Bis zum Sommer 2013 wird der Stau nach Auskunft von Geschäftsführer Horstmann dauern.

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Finke hat deshalb eine Art Verleihstation aufgemacht, mehr als ein Dutzend Profis hat er in alle Welt verschickt, "das ist kein schönes Geschäft", seufzt er. Es ist nicht mal besonders ertragreich, "denn in der Regel muss man kompensieren", sprich: Gehälter subventionieren, wenn Spieler in die zweite oder dritte Liga verliehen werden. Die Kunst besteht darin, "nicht einfach auszusortieren, sondern Werte zu erhalten", wie Finke erklärt.

Vier Profis konnte er im Winter unterbringen, Makino, Matuschyk und Ionita wurden ausgeborgt, den Vertrag mit Stürmer Freis (nach Freiburg) hat der FC aufgelöst. Das schafft Platz und manchmal ein Lichtlein neuer Hoffnung. Neulich war Finke in Athen, um den Verteidiger Giannoulis zu beobachten, den er dem Erstligisten Atromitos zur Verfügung gestellt hatte.

Giannoulis galt als besonders kapitaler Flop, "auf jeder Fanveranstaltung war er das Gespött der Leute", wie sich Finke erinnert, aber jetzt wurde er zum Nationalspieler befördert, und der FC erhält für ihn Anfragen der besseren Klubs aus Griechenland.

Am Ende dient jeder erhaltene Wert als Argument, um Podolski zum Bleiben zu verführen. Es geht jetzt auch darum, den Eindruck zu zerstreuen, der Klub könne sich die Weiterbeschäftigung des Nationalspielers und andere höhere Ambitionen nicht leisten. Man habe zuletzt wohl zu viel über den Schuldenstand geredet, meint Horstmann, "das war ein Fehler".

Nach der Vertragsverlängerung mit dem Hauptsponsor und den Abschlüssen mit einem Ausrüster und einem Vermarkter hat der Klub Selbstbewusstsein demonstriert. "Wir sind voll handlungsfähig", beteuert Horstmann, "wenn Lukas morgen anrufen sollte, sind wir innerhalb einer Stunde imstande, ein leistungsstarkes Angebot abzugeben." Von diesem Anruf träumt die ganze Stadt.

© SZ vom 21.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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