Darmstadt 98:Harte Arbeit am Kindheitstraum

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Zurück an der Seitenlinie: Darmstadt-Trainer Torsten Lieberknecht freut sich über einen Punkt in Freiburg. (Foto: Eibner-Pressefoto/Memmler/Imago)

Bei der Rückkehr von Trainer Lieberknecht setzt der Aufsteiger aus Darmstadt seinen Weg der kleinen Schritte fort. Mit leicht modifizierter Spielweise reicht es in Freiburg für den nächsten Punkt.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Beim Freiburger 1:1 gegen Darmstadt gab es auf Seiten der Gastgeber ein veritables Nachwuchsproblem zu beobachten. Eine Stunde vor Anpfiff sah man ein etwa sechsjähriges Kind mit Pappschild, auf dem "Stehplatztickets à 35 Euro" angeboten wurden - stolz beobachtet vom Vater, der seinen Sohn offenbar schon mal auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben vorbereiten wollte. Ob die mutmaßlichen Kunden des minderjährigen Schwarzhändlers glücklich mit ihrem Kauf zum doppelten Kurs waren, ist fraglich. Zu zäh verlief der Vortrag der Freiburger, die sich am Ende auch nicht beschwerten über dieses 1:1, das ihnen weit weniger hilft als den Darmstädtern, die jeden in der Fremde erzielten Punkt bei einer nominell besser besetzten Mannschaft ausgelassen feiern - und dazu in dieser Saison genau 17 Mal die Gelegenheit haben.

Darmstadt wird offensiv nur punktuell aktiv - in Freiburg bringt der erste Angriff die Führung

Gegen den SC zeigte Darmstadt genau den Fußball, den man spielen muss, wenn man als Underdog in dieser Spielklasse bestehen will: hoch konzentriert im Zulaufen der Räume, konsequent in der 25-Meter-Zone vor der eigenen Torlinie und mit gutem Gefühl dafür, wann es sich lohnt, selbst aktiv zu werden; nämlich maximal drei-, viermal pro Partie. Diesmal endete der erste der vier Lilien-Angriffe gleich im Tor, es war der verdiente Lohn für einen wirklich erstligatauglichen Angriff über Aaron Seidel, Matthias Bader und Marvin Mehlem, den Mathias Honsak zu einem guten Ende brachte (18.). Auf ihn bezog sich Trainer Torsten Lieberknecht, als er später hervorhob, man habe sich den Punkt durchaus "auch erspielt".

Tatsächlich gelang der Punktgewinn aber vor allem durch eine sehr ordentliche Defensivleistung nebst Modifizierung der in den vergangenen Spielen erfolgreichen Vorgehensweise, hoch anzulaufen, früh zu pressen und sich durch schnelle Ballgewinne Selbstvertrauen zu erarbeiten. In Freiburg attackierten die Lilien rund 20 Meter später als bei den jüngsten Heimspielen, auch die Umstellung auf ein 5-2-3-System wirkte stimmig. Zumal nach dem Ausfall von Christoph Zimmermann, der mit einer "tiefen Fleischwunde" (Lieberknecht) vom Platz getragen werden musste, keine Nervosität aufkam, und Alexander Brunst, der den verletzten Stammtorwart Marcel Schuhen ersetzte, bei seinem Erstligadebüt ein prima Spiel machte.

Die Fans hatten Lieberknechts Ehefrau auf Plakaten gute Besserung gewünscht

Insgesamt war es also "ein hartes Stück Arbeit", wie der in dieser Disziplin gut ausgebildete Fabian Holland fand, "wir mussten über 90 Minuten sehr leiden". Einen ähnlich gelösten Eindruck wie sein Kapitän machte auch Lieberknecht selbst, der sich beim letzten Heimspiel gegen Mainz eine Auszeit genommen hatte, um sich um seine Frau Simone kümmern zu können, die einen Schlaganfall erlitten hatte. Dass es ihr mittlerweile wieder besser gehe, hatte er schon vor dem Spiel berichtet und sich für die Anteilnahme der Lilien-Fans bedankt, die dem Ehepaar auf Transparenten alles Gute gewünscht hatten.

"Als ich letztes Mal aus bekannten Gründe zu Hause war, habe ich gemerkt, dass es keinen Spaß macht, seine eigene Mannschaft von der Couch aus zu verfolgen", berichtete Lieberknecht am Samstag über seinen "Kindheitstraum", in der ersten Liga zu arbeiten. "Deswegen war ich froh, heute wieder aktiv dabei sein zu dürfen."

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