Lewandowski-Zoff beim FC Bayern:Im Zorn getippt

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Darf er Ronaldo wählen? Matthias Sammer (rechts) diskutiert mit Robert Lewandowski (Foto: Bongarts/Getty Images)

Robert Lewandowski hat Cristiano Ronaldo bei der Weltfußballer-Wahl vor Manuel Neuer gesetzt. Das reicht, um beim FC Bayern für erhebliche Aufregung zu sorgen. Pokerface Lewandowski zeigt sich in Katar sauer - und denkt nicht daran, nachzugeben.

Von Benedikt Warmbrunn, Doha

Am Morgen danach empfing den FC Bayern eine angenehme Hitze, trocken stand die Luft still, Nasen verfärbten sich rot, Bäckchen verfärbten sich rot. Mit dieser leichten Hitze mischte sich auch das Wetter noch höhnisch ein in diese Diskussion, die den FC Bayern an diesem Morgen im Trainingslager in Katar bewegte. Und die beiden, um die es in dieser Diskussion ging, standen mitten auf einem zu jeder Temperatur sattgrünen Rasen, zum Spiel Fünf gegen Zwei. Sie standen sich gegenüber, beide spielten sich aus. Manuel Neuer und Robert Lewandowski.

Es ist bisher ein eher ereignisarmes Trainingslager des FC Bayern in Katar, Spieler und Trainer und Sportvorstand sagen sehr oft, wie angenehm gerade alles verlaufe. Ansonsten spielen sie sehr oft Fünf gegen Zwei. Das große Thema der ersten Tage: Manuel Neuer und sein Abschneiden bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres 2014 am Montag; alle hatten sich darauf vorbereitet, dass Manuel Neuer, der Torwart, nicht gewinnen werde, und so kam es ja dann auch. Der Torwart Neuer wurde Dritter, hinter Cristiano Ronaldo und Lionel Messi.

Dann kam der fünfte Tag, der Dienstag, der Tag nach der Gala mit der Weltfußballer-Wahl, und auf einmal gab es ein Thema, erst war es nur ein kleines, aber dann wurde es immer größer. Weiter ging es um Neuer. Und um Robert Lewandowski, den Stürmer.

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Bei der Wahl zum Weltfußballer stimmen neben ausgewählten Sportjournalisten die Trainer und Kapitäne der 209 Nationalmannschaft der Welt ab, Lewandowski ist der polnische Kapitän, und er wählte: Ronaldo auf Platz eins, Neuer auf zwei, Bastian Schweinsteiger auf drei, vor Monaten schon hatte er seine Stimme abgegeben. Am Dienstag wurde diese Wahl zum Politikum. Sie zeigte, wie wenig es manchmal braucht, um bei diesem sich selbst so streng kontrollierenden FC Bayern für ein bisschen Aufregung zu sorgen.

Am Dienstagvormittag sagte Lewandowski dem kicker: "Es war ein Fehler von mir, Ronaldo gewählt zu haben." Und: "Ich würde heute ganz klar Neuer wählen." Später redete auch Matthias Sammer über die Wahl; in den Tagen zuvor hatte der Sportvorstand gerne betont, dass der Weltfußballer "subjektiv" gewählt werde, und er versuchte sich wiederholt in dem Scherz, dass nur er objektiv wählen könne. Nun also war öffentlich geworden, wie Lewandowski gewählt hatte, und Sammer sagte: "Wir haben darüber gesprochen, er hat es ja auch öffentlich schon korrigiert, dass er Manuel als Nummer eins sieht. Dementsprechend ist das auch okay."

Nichts war okay.

Am Dienstagabend spielte die Mannschaft gegen die Katar Stars, es waren weitere eher ereignisarme Minuten, die Bayern gewannen 4:1, Mitchell Weiser mit einem Doppelpack, Franck Ribéry und Claudio Pizarro trafen. Wenige Minuten später lief Lewandowski zum Bus, an den Journalisten vorbei, streckte den Finger aus und sprach von einer "Scheiße", die geschrieben worden sei.

Robert Lewandowski, der sonst ein regungsloses Pokerface durch die Gegend spaziert, ließ tief hineinblicken in seine Gefühlswelt. Er schaute sehr zornig.

Wenige Minuten später meldete sich noch Lewandowskis Berater Maik Barthel zum Thema "Wahl des Weltfußballers"; auf Twitter, diesem tendenziell aufgeregten sozialen Netzwerk, schrieb er von einer "Frechheit". Es war der Moment, in dem die Diskussion völlig ihre Grundlage verlor.

"Ich habe nicht vor, mich dafür zu entschuldigen"

Den Tag nach der Wahl beendete Lewandowski mit dem Hinweis, ebenfalls auf Twitter: "Ich bin mir bewusst, wen ich gewählt habe und habe nicht vor, mich dafür zu entschuldigen." Es waren weitere Worte, die im Zorn getippt wurden. Es waren Worte, die sehr gut passten zu den Worten, die seine Berater zuvor getippt hatten. Worte, die für Aufregung sorgten, vermutlich sogar: ganz kalkuliert.

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Am Tag nach dem Stimmenstreit, in der leichten Januarhitze von Doha, trainierten Neuer und Lewandowski also wieder, in einer Gruppe, gegeneinander, miteinander. Sie standen in der Gruppe wie zwei ganz gewöhnliche Teamkollegen. Später redete Neuer mit der Presse, keine rote Nase, kein rotes Bäckchen, ganz unaufgeregt, er machte aus der Diskussion das, was sie eigentlich war: nichts. "Es ist überhaupt kein Problem. Daran sieht man, dass es keine Absprachen unter uns gibt und dass es eine faire Wahl ist. Ich finde es völlig legitim und in Ordnung, wenn ein Stürmerkollege sich für den anderen Stürmer ausspricht und ihn dann wählt."

Neuer berichtete dann noch von seinem Ausflug nach Zürich, es sei eine "schöne Reise" gewesen, danach war er aber "schon erschöpft". Es waren die Worte eines Mannes, der wirklich etwas zu erzählen hat.

© SZ vom 15.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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