Hängender Transfer:Der doppelte Lewandowski

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Robert Lewandowski wollte schon zu Dortmunder Zeiten unbedingt weg. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Der Stürmer will unbedingt weg, hat aber noch ein Jahr Vertrag. Klingt neu? Ist es aber nicht. Fast alles war schon einmal da.

Glosse von Philipp Selldorf

Ewig lang, wenigstens zwei oder sogar drei Tage, hat es keine Neuigkeiten im Fall Robert Lewandowski mehr gegeben. Daher noch mal in Kürze, was bisher geschah: Lewandowski steht zwar noch ein Jahr bei seinem Verein unter Vertrag, möchte aber zum FCB wechseln. Darüber sind die Manager seines Arbeitgebers gleich zweimal verärgert: Erstens, weil der Torjäger unschöne Mittel einsetzt, um den Klub im Stich zu lassen, der ihn groß und berühmt gemacht hat. Zweitens, weil er eine unliebsame Adresse im Süden ausgewählt hat. Bei Real Madrid oder beim FC Chelsea würde man in ein Geschäft einwilligen. Beim FCB aber gibt es große Probleme und Vorbehalte.

Wer es noch nicht bemerkt hat: Der obenstehende Text gibt teils buchstabengetreu Tatsachen und Begebenheiten aus dem Sommer 2013 wieder. Lewandowski spielte damals für Borussia Dortmund, unterhielt noch einen Rest-Vertrag bis 2014, wollte aber lieber zum FC Bayern (= FCB) wechseln. Das Klubmanagement fand sein vorsätzlich perfides Vorgehen unanständig, im Dortmunder Publikum wurde die Sache kontrovers bewertet. Lasst ihn gehen und nehmt das Geld, das ihr noch kriegen könnt, empfahlen die einen. Lasst ihn nicht gehen und setzt ihn zur Strafe auf die Tribüne, rieten die anderen. Es waren die gleichen Zwischenrufe, die es heute in München gibt, bloß dass es unklar ist, ob das neue Ziel, der FC Barcelona (= FCB), überhaupt zahlungsfähig ist.

Im Fall Lewandowski bestätigt sich ein Gerücht, über das schon Karl Marx und Georg Wilhelm Hegel philosophiert haben. Angeblich hat ja jeder Mensch irgendwo auf der Welt seinen Doppelgänger, es wäre dann theoretisch möglich, dass sich jemand plötzlich in der Fußgängerzone von Herford selbst in die Arme läuft, und dann gibt es logischerweise ein großes Hallo. Verifiziert ist das Phänomen leider nicht, obwohl es den Aufenthalt in Herford erheblich aufwerten würde. Die berechtigten Zweifel an der Doppelgänger-These waren der Grund, dass sich Marx über den Denker-Kollegen Hegel lustig machte. "Hegel", sagte er, "bemerkte irgendwo, dass alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zwei Mal ereignen. Er hat vergessen zu sagen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce."

Zugegeben: Das Zitat ist nicht neu. Aber immerhin lehrreicher als die meisten Aussagen zum Fall Lewandowski, seine eigenen inbegriffen.

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