Leipzigs Rekord-Einkauf Openda:Herausragende Eigenschaft: "Speed!"

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Schoss 21 Tore für Lens und brachte den Verein damit in die Champions League: Lois Openda. (Foto: Laurent Sanson/PanoramiC/Imago)

Für eine Ablösesumme von mehr als 40 Millionen Euro holt Leipzig den Stürmer Lois Openda vom französischen Champions-League-Teilnehmer RC Lens als Nkunku-Ersatz. Wegbegleiter aus Opendas belgischer Heimat finden: Er passt gut zu RB.

Von Javier Cáceres, Berlin

Mehr als 40 Millionen Euro bezahlt RB Leipzig für den belgischen Stürmer Lois Openda vom RC Lens und leistet sich damit den - vorerst - teuersten Kauf dieses Transfersommers. "Das ist ein stolzer Preis!", sagt Belgiens U21-Trainer Jacky Mathijssen und stößt ein Lachen ins Telefon, in dem Verblüffung mitzuschwingen scheint. Aber wer weiß, fügt Mathijssen hinzu: "Vielleicht macht sich die Investition bezahlt." Er würde es sich wünschen, das sei doch klar, allein deshalb, weil er Openda in Sympathie verbunden ist, seit er ihn fast drei Jahre lang durch die U21-Nationalmannschaft der "Roten Teufel" begleitet hat. Zudem, betont er, sei RB Leipzig ein Verein, "der sich etwas denkt bei seinen Transfers".

Diese Bemerkung lässt Mathijssen im Gespräch mit der SZ nicht nur so fallen, sondern weil er sich daran erinnert, dass dies auch Openda selbst so gesagt habe. Und zwar schon vor Monaten, als sich der Angreifer, mittlerweile zum achtmaligen A-Nationalspieler Belgiens gereift, noch nicht endgültig schlüssig war, ob er die Offerte aus Leipzig annehmen solle. Am vergangenen Donnerstag wurde nun Vollzug gemeldet, Openda bekommt bei RB einen Fünfjahresvertrag. Die Zeitung L'Équipe berichtete von einer Ablöse in Höhe von 43 Millionen Euro - plus sechs Millionen in Form von erfolgsabhängigen Prämien.

In Leipzig hieß es, das Volumen des Transfers werde inklusive Prämien oberhalb der 40-Millionen-Grenze, aber unter den von L'Équipe genannten 49 liegen. Man sei damit "in unserem geplanten Rahmen geblieben, und wenn darüber hinaus erfolgsabhängige Boni eintreten, bedeutet dies vor allem, dass wir gemeinsam mit dem Spieler sportliche Erfolge feiern konnten", betonte RB-Manager Max Eberl. Er nannte Openda "unseren absoluten Wunschspieler im Sturm".

Openda wurde in Arnheim vom heutigen Bochum-Trainer Thomas Letsch trainiert

"Lois ist enorm schnell und nicht leicht zu verteidigen. Und was für einen Stürmer ja auch nicht ganz unwichtig ist: Er schießt Tore", sagt Belgiens deutscher A-Nationaltrainer Domenico Tedesco, der im vergangenen Jahr selbst noch die Leipziger gecoacht hat. Mathijssen berichtet, dass sich der FC-Bayern-Herausforderer Leipzig durch Openda einen beidfüßigen Stürmer gesichert habe, der "eine ganz spezifische Eigenheit" habe, die dem RB-Spiel entgegenkomme: "Speed!" Openda sei "ein reaktionsschneller Stürmer, der mit einem sehr guten ersten Ballkontakt ausgestattet" sei.

Davon zeugen auch die 21 Tore, die Openda in der Vorsaison für Lens erzielte - trotz einer zweimonatigen Durststrecke, die sich von Mitte Januar bis Mitte März erstreckte. "Seine Entwicklung in Lens war schon beeindruckend. Es ist nicht einfach, 21 Tore in der Ligue 1 zu erzielen", pflichtet Tedesco bei: "Mit seinen Treffern hatte er großen Anteil daran, dass sich Lens für die Champions League qualifiziert hat." Der Racing Club wurde Meisterschafts-Zweiter, nur einen Zähler hinter den Filous von Paris Saint-Germain und elf Punkte vor dem Tabellendritten Marseille.

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Eine derart erfolgreiche Saison hatte Openda bei seinen vorherigen Profi-Stationen nicht hingelegt - weder beim FC Brügge, wo er von 2018 bis 2020 auf nur fünf Tore in 35 Pflichtspielen kam, noch bei Vitesse Arnheim (2020 bis 2022), wo er unter dem heutigen Bochum-Trainer Thomas Letsch in 88 Spielen immerhin 37 Treffer bejubelte.

Vor diesem Hintergrund verwundert nicht, dass es Stimmen gab, die Openda rieten, noch ein Jahr in Lens zu bleiben, um seine starke Saison zu bestätigen. Vor gut einem Monat aber wischte er diese Bedenken beiseite. In Leipzig könne er "wachsen", argumentierte Openda in einem Interview mit L'Équipe: "Ich finde, dass dies ein guter Moment sein kann, um mich auf einem noch höherem Niveau zu zeigen. Und wenn ich mich bereit fühle, muss ich das machen. Da darf ich auf niemanden hören außer auf mich selbst."

"Wenn er einschlägt, war er günstig, wenn nicht, dann war er teuer", sagt der erste Millioneneinkauf der Bundesliga - der Belgier Van Gool

Die Frage wird allerdings auch sein, wie Openda mit dem doppelten Druck klarkommt, dem er bei RB ausgesetzt sein wird. Einerseits ist er, obwohl er ein weniger barocker Spielertyp ist, der designierte Nachfolger von Christopher Nkunku, der zum FC Chelsea abwanderte und in Leipzig der bestimmende Spieler der vergangenen beiden Spielzeiten war. Zweitens muss Openda die Erwartungshaltung rechtfertigen, die mit seinem Preis einhergeht. Nie zuvor hat Leipzig für einen Spieler so viel Geld hinterlegen müssen, bisheriger Rekord-Einkauf war Naby Keita, der 2016 für 30 Millionen Euro in Salzburg abgelöst wurde.

"Ich kenne das. Bei mir sagten die Leute auch, ich sei zu teuer, als ich 1976 zum 1. FC Köln ging", sagt der belgische Ex-Profi Roger Van Gool zur SZ, "und bei mir ging es nur um eine Million D-Mark - nicht um mehr als 40 Millionen Euro!" Es sei "ganz einfach", fügt der erste Millionen-Einkauf der Bundesligahistorie hinzu: "Wenn er einschlägt, war er günstig, wenn nicht - dann war er teuer." Aber er sei bei Openda optimistisch, sagt Van Gool. Er habe ihn schon früh auf dem Schirm gehabt, nachdem Openda aus seiner Geburtsstadt Lüttich nach Brügge gewechselt war: "Leider haben sie dort nicht so recht an ihn geglaubt, deshalb ist er wohl in die Niederlande gewechselt", sagt van Gool. Er schwärmt von einem "schnellen Kämpfer mit der richtigen Einstellung", der sich in Leipzig schnell einen Stammplatz erobern könne, müsse und werde. RB-Manager Eberl sagt: "Lois spielt sehr gradlinig und immer mit Zug zum Tor, egal ob als zentraler Stürmer oder über die Flügel. Neben seiner Schnelligkeit ist vor allem seine Variabilität im Abschluss eine enorme Qualität."

Mathijssen hat keine Sorgen, dass Openda mit dem Druck nicht klarkomme. Er sei klar im Kopf und "für einen Coach sehr angenehm im Umgang". Tedesco erklärt: "Ich habe ihn bei der Nationalmannschaft als einen sehr freundlichen und sehr ehrgeizigen Spieler kennengelernt, der sich immer verbessern will." Openda sei überdies sehr gläubig, sagt Mathijssen, und das kann Vorteile haben. Denn wer einen anderen und nicht sich selbst für seines Glückes Schmied hält, macht sich keine großen Gedanken, wenn es mal nicht so läuft. Denn dann hatte im Zweifel ein anderer einen anderen Plan.

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