RB Leipzig:"Man kann nicht sagen, dass wir ein Verein sind, der sich wegduckt"

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Oliver Mintzlaff, hier vor dem Spiel gegen Hertha BSC. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Aufgewühlt wehrt sich RB Leipzigs Boss Oliver Mintzlaff gegen Vorwürfe, der Klub habe angesichts eines drohenden Duells gegen Spartak Moskau nur lauwarm Stellung bezogen.

Von Javier Cáceres, Berlin

Zwei Fragen würden noch ausstehen, hatte der Pressesprecher von RB Leipzig gesagt. Doch als Oliver Mintzlaff, der Chef des Bundesligisten, die erste beantwortet hatte, stand er auf und verließ den Saal. Fast schon unvermittelt. Und das war wohl der ultimative Beweis dafür, dass es um Mintzlaffs Nervenkostüm eher schlecht bestellt war. So schlecht, dass er zwischenzeitlich den Tränen zumindest nahe gewesen war.

Ein Grund: Die teilweise heftige Kritik am lauwarmen Verhalten der Leipziger Verantwortlichen, nachdem ihnen am Freitag in der Europa League der russische Vertreter Spartak Moskau zugelost worden war. "Man kann nicht sagen, dass wir ein Verein sind, der sich wegduckt", beteuerte Mintzlaff, 46 - kaum, dass er außerplanmäßig in der Pressekonferenz zu Leipzigs Pokalspiel bei Hannover 96 Platz genommen hatte. Allein: Er selbst hatte sich erst am Montag geäußert. Als außer Frage stand, dass die europäische Fußballunion Uefa die russischen Mannschaften ausschließen und RB damit gegen Spartak kampflos weiterkommen würde. Oder auch: Lange nachdem die Polen, Schweden und Tschechen klar gemacht hatten, dass sie nicht gegen Russland in der WM-Qualifikation antreten würden.

RB verweist auf die Uefa, aber dem Klub hätte es freigestanden, selbst Fakten zu schaffen

Bis zum Montagmittag, bis also Mintzlaff mitteilte, dass man von einer Absage ausgehe, galt folgende offizielle RB-Position: Man hätte sich zwar "andere Umstände gewünscht", wie Florian Scholz, der Kaufmännische Leiter Sport, am Freitag in den Vereinskanälen zitiert wurde. Aber antreten würde man schon. "Wir sind als einziger Bundesligist noch in drei Wettbewerben vertreten und wollen in all diesen so weit wie möglich kommen, denn unser Ziel als nach wie vor junger Verein ist es, uns nachhaltig in den Top 20 Europas zu etablieren", sagte Scholz. Am Dienstag sagte Mintzlaff, dass man das "heute nicht mehr so machen" würde. Und er betonte, dass er die Uefa hinter den Kulissen aufgefordert habe, eine Entscheidung zu treffen - namentlich deren Präsidenten Aleksander Ceferin. Er habe der Uefa mitgeteilt: "Unter den Voraussetzungen können wir nicht spielen. Und wir bitten jetzt die Uefa, uns hier zu unterstützen."

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Ceferin aber habe darauf verwiesen, dass die Entscheidung der Uefa als Ausrichter der Europa League obliege, sagte Mintzlaff. Dem habe man sich gebeugt. "Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätten wir natürlich auch selber unsere Entscheidung getroffen", behauptete Mintzlaff. Nur: Leipzig hätte es freigestanden, selbst Fakten zu schaffen. Eine zumindest ähnliche Haltung zu zeigen wie die Polen, Tschechen und Schweden, für die es wegen bevorstehender Partien gegen Russland immerhin um die mögliche Teilnahme an einer WM ging.

"Unsere klare Vorgehensweise war, auch in enger Absprache mit Uefa und DFL (Deutsche Fußball-Liga), dass wir es die Uefa absagen lassen. Ich sehe das auch in der Retroperspektive als völlig richtigen Schritt", versicherte Mintzlaff, der zuletzt von Trainer Domenico Tedesco als RB-Sprecher vertreten werden musste. Mit der Erschwernis, dass Tedesco bis zur Jahresmitte 2021 Trainer bei Spartak Moskau gewesen war, persönliche Bande zu dortigen Spielern und Vereinsmitarbeitern unterhält. Am Sonntag wurde er, noch angefüllt vom Bundesligaspiel gegen Bochum, zur komplexen Thematik gefragt und sprach sich gegen einen Boykott aus. Am Dienstag sagte er zum Ausschluss der russischen Mannschaft: "Ich begrüße die Entscheidung."

Mintzlaff kritisiert die Medien: "Wir krank ist das denn?"

Mintzlaff wiederum nahm die Medien aufs Korn. "Wenn ich Journalist wäre, hätte ich mal gefragt: Warum findet dann überhaupt noch ein Fußballspiel statt, wenn Krieg ist? Das ist doch mal die Frage", konstatierte er. Er selbst betonte, dass der Krieg "uns alle extrem beschäftigt", er persönlich sei auch emotional angegriffen. "Wenn man dann natürlich so viel Scheiße liest, dann ist es manchmal schon so, dass man sich fragt: Wie krank ist das denn?"

Damit meinte er dem Vernehmen nach Kritiken, die er im Netz registrierte. "Da wird dann auch immer schnell geschossen. Und dann ist für mich die Frage: Was will ich denn damit bezwecken? Will ich damit das Klischee bedienen, dass RB Leipzig ja nur ein Konstrukt ist und nur Geld verdienen will? Und nur seine Marke pushen will? Da kann ich dann halt nur mit dem Kopf schütteln", sagte Mintzlaff. Russland ist ein relevanter Markt für den österreichischen Energydrink-Hersteller Red Bull, dort wurden in den vergangenen Jahren große Umsatzzuwächse erzielt. Eine Einflussnahme durch die Konzernzentrale in der Causa Europa League wurde vom Bundesligisten auf Anfrage bestritten.

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