Sportpolitik:Die Fifa beugt sich dem Druck und sperrt Putins Russland aus

Sportpolitik: Da geht's zur Tür: Selbst Thomas Bach (links mit Russlands Präsident Wladimir Putin) und das IOC geben den Forderungen verschiedener Verbände nun nach.

Da geht's zur Tür: Selbst Thomas Bach (links mit Russlands Präsident Wladimir Putin) und das IOC geben den Forderungen verschiedener Verbände nun nach.

(Foto: Charlie Riedel/AP)

Der internationale Sport sanktioniert Russland und Belarus nach lauten Forderungen auf einmal doch schärfer: Olympische Sportler und Teams könnten von internationalen Großevents ausgeschlossen sein - Fifa und Uefa suspendieren sämtliche russischen Mannschaften bis auf Weiteres.

Von Javier Cáceres und Johannes Knuth, Berlin/München

Als Folge des Angriffskrieges gegen die Ukraine steht Russland jetzt auch sportpolitisch isoliert da. Unter dem Druck der internationalen Öffentlichkeit, europäischer Regierungen und diverser Verbände rang sich der Fußball-Weltverband Fifa am Montagabend dazu durch, Russland bis auf Weiteres von seinen Wettbewerben zu suspendieren. Die europäische Fußballunion Uefa schloss die Russen ebenfalls aus ihren Wettbewerben aus - und kündigte überdies ein Ende ihrer Sponsorenverträge mit dem russischen Energieriesen Gazprom an. Die Entscheidung gelte ab sofort und umfasse alle bestehenden Verträge, hieß es, einschließlich der Champions League und der in Deutschland stattfindenden Europameisterschaft 2024.

Wenige Stunden vor der radikalen Kehrtwende der bis dahin lavierenden Fifa hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) allen Weltverbänden "empfohlen", russische und belarussische Athleten nicht mehr an internationalen Wettbewerben teilnehmen zu lassen. Zu einem Ausschluss der Nationalen Olympischen Komitees von Russland und dessen Partner Belarus rang sich das IOC allerdings nicht durch. Auch baute es in seiner Entscheidung diverse Schlupflöcher ein. Sollte es Weltverbänden aus "zeitlichen oder rechtlichen Gründen" nicht möglich sein, Athleten aus Russland und Belarus auszuschließen, sollten diese zumindest unter neutraler Flagge antreten - oder die Fachverbände sollten ihre eigenen Maßnahmen ergreifen, um "dieses Dilemma effektiv zu adressieren". Das gelte insbesondere für die Paralympics, die am 4. März in Peking beginnen.

Zu diesem Dilemma hatten die Verbände freilich selbst beigetragen. Sie hatten sich zunächst geziert, das wirtschaftlich und personell eng mit dem Sport verflochtene Russland hart zu sanktionieren. Das IOC erkannte dem russischen Staatschef Wladimir Putin am Montag nun sogar den Olympischen Orden in Gold ab. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ließ sich nach zuletzt eher defensiven Aussagen offenbar in den Sog der neuen Forderungen reißen: "Weltweite Sanktionen auf allen gesellschaftlichen Feldern sind umso wirksamer, je mehr gesellschaftliche Akteure sich daran beteiligen", teilte der Dachverband mit.

Zuvor hatten diverse Sportföderationen wiederholt einen solchen Schritt angemahnt. Der finnische Eishockeyverband forderte, Russland und Belarus von der Weltmeisterschaft der Männer in Tampere und Helsinki im Mai auszuschließen. Eishockey gilt als die Lieblingssportart Putins. Die Basketball-Vereinigung ECA, die sich zunächst dagegen gestemmt hatte, russische Klubs aus der Euroleague und dem Eurocup auszusperren, tat am Montag nun genau das - und illustrierte damit auch, wie sehr der Druck aus Gesellschaft und Politik zuletzt angeschwollen war.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) stimmte in diesen Chor ein, als sie der SZ am Montag sagte: "Sport vereint Menschen, Sport fördert Integration und Verständigung." Die internationalen Sportverbände stünden auch deshalb tief in der Verantwortung, sich eindeutig und klar für den Frieden und gegen Putins Krieg zu positionieren. "Das muss auch einen Ausschluss russischer Mannschaften von den internationalen Top-Events des Sports bedeuten", sagte Faeser.

Die Fifa knickte ein, nachdem der Ausschluss der Russen durch die Uefa als ausgemachte Sache galt

In den Fokus gerieten am Montag in dieser Hinsicht vor allem der Fußballweltverband (Fifa) und dessen Präsident Gianni Infantino, der sich zuletzt als besonders großer Bremsklotz erwiesen hatte. Infantino beugte sich dem Druck, der vom polnischen Fußballverband PZPN ausging und überwältigend wurde. Die Polen hatten angekündigt, unter keinen Umständen gegen Russland antreten zu wollen. Sie waren zuvor für das Ende März anstehende Halbfinale der WM-Playoff-Qualifikationsspiel gegen die Russen gelost worden. Schweden und die Tschechische Republik, die im Finale gegen die Russen antreten sollten, folgten der Argumentation der Polen. Am Montag wurden sie unter anderem von England und der Schweiz unterstützt. Diese kündigten an, mit ihren Männer-, Frauen- und Jugendteams vorerst nicht mehr gegen Russland anzutreten. Der Sportinformationsdienst meldete, auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) würde einen Ausschluss mittragen. Ein offizielles Statement oder eine eindeutige Forderung nach einem Ausschluss gab es zunächst nicht.

Sportpolitik: Das polnische Nationalteam mit Bayerns Robert Lewandowski wird in der WM-Qualifikation nicht gegen Russland antreten. Man werde an keiner Veranstaltung teilnehmen, die dem Zweck diene, "den Schein zu wahren", teilte Polens Fußballverband mit.

Das polnische Nationalteam mit Bayerns Robert Lewandowski wird in der WM-Qualifikation nicht gegen Russland antreten. Man werde an keiner Veranstaltung teilnehmen, die dem Zweck diene, "den Schein zu wahren", teilte Polens Fußballverband mit.

(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Und die Fifa? Der Weltverband hatte am Sonntag noch verkündet, die anstehenden WM-Qualifikationsspiele Russlands gegen Polen sowie Schweden oder Tschechische Republik "auf neutralem Boden" stattfinden zu lassen. Die Fußballer sollten nicht unter ihrer Nationalflagge antreten, sondern als Vertreter der "Russischen Fußball-Union", unter dem Wappen des Verbandes. Polen lehnte dies umgehend ab: Man werde an keiner Veranstaltung teilnehmen, die dem Zweck diene, "den Schein zu wahren", hieß es in einem Brief, der an alle europäischen Verbände ging - mit Ausnahme Russlands. Am Montagabend knickte die Fifa dann ein - auch im Lichte der sich deutlich abzeichnenden Haltung der Uefa pro Ausschluss. Für die Uefa hängt daran viel Geld. Der Vertrag mit Gazprom war seit 2012 in Kraft und soll für die Uefa Einnahmen von weit mehr als 40 Millionen Euro pro Saison bedeuten.

Dass der Ausschluss der Uefa schon am Montag feststand, hatte man unter anderem daran abgelesen können, dass Oliver Mintzlaff, der Boss des Fußball-Bundesligisten RB Leipzig, der Bild am Montag erklärte, sein Klub gehe von einer Absage der Partien gegen Spartak Moskau aus - dem Gegner von RB in der Europa League und letzten russischen Vertreter in einem europäischen Pokalwettbewerb der Uefa. Zuvor hatte Mintzlaff die öffentliche Kommunikation weitgehend den Sportlern überlassen. Stürmer Yussuf Poulsen und Trainer Domenico Tedesco sahen sich zuletzt Fragen nach einem etwaigen Boykott gegenüber. Tedesco, der vor seinem Engagement in Leipzig bei Spartak beschäftigt war, sprach sich nach dem 1:0-Sieg beim VfL Bochum gegen Boykottforderungen aus. Nun ist Leipzig kampflos ins Viertelfinale vorgerückt.

Russische Sponsoren geraten ebenfalls unter Druck - und mit ihnen ihre einstigen Partner

Der Energiekonzern Gazprom, einer wichtiger russischer Geldgeber des internationalen Fußballs, geriet am Montag weiter unter Druck: Nicht nur die Uefa, auch FC Schalke 04 trennte sich von seinem langjährigen Werbepartner. Der Zweitligist ließ wissen, dass die vor 15 Jahren begonnene Partnerschaft mit dem Energiekonzern beendet worden sei.

Damit war spätestens zu rechnen gewesen, als der Traditionsverein zuletzt das Werbelogo des Unternehmens vom Trikot entfernt hatte. Die Entscheidung ist mit massiven finanziellen Einbußen für den hoch verschuldeten Klub verbunden. Gazprom steuerte als Hauptsponsor etwa neun Millionen Euro zum aktuellen Jahresetat bei; der Vertrag lief ursprünglich bis 2025. "Die vollständige finanzielle Handlungsfähigkeit des Vereins bleibt von dieser Entscheidung unberührt", teilte der Verein nun mit - und verband das mit der Hoffnung, "zeitnah einen neuen Partner präsentieren zu können".

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