Leichtathletik-WM:Endlich Stimmung in der Bude

Lesezeit: 4 min

Mutaz Essa Barshim feiert seine Gold-Medaille. (Foto: REUTERS)
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Leichtathletik-WM.
  • Hier geht es zum Zeitplan.

Hochsprung, Männer: Lokalmatador Mutaz Essa Barshim hat bei der Leichtathletik-WM in Doha unter dem Jubel der Fans seinen Titel im Hochsprung erfolgreich verteidigt und dem Gastgeberland Katar damit das erste Gold bei dieser WM beschert. Nach einer bisher schwachen Saison war der 28-Jährige zum richtigen Zeitpunkt topfit und sicherte sich mit 2,37 m Gold. Angetrieben von den Zuschauern stieg Barshim nach Weltrekordler Javier Sotomayor (1993 und 1997/Kuba) zum zweiten Hochspringer der Geschichte auf, der zwei WM-Titel gewinnen konnte.

Silber und Bronze gingen an die neutralen Athleten Michail Akimenko und Ilja Iwanjuk, die beide mit 2,35 m persönliche Bestleistungen schafften. Akimenko leistete sich allerdings weniger Fehlversuche. Der als Jahresweltbester nach Katar gereiste Maxim Nedasekau (2,33/Weißrussland) landete auf dem undankbaren vierten Platz.

Zu einer Farce kam es später bei der "Siegerehrung", die abgebrochen wurde. Die meisten Zuschauer hatten nach dem Wettkampf das Khalifa-Stadion verlassen, Barshim, Akimenko und Iwanjuk standen oben auf ihrem Podium vor leeren Rängen - minutenlang passierte gar nichts, offenbar war die Lautsprecheranlage ausgefallen. Eigentlich sollte WM-Organisationschef Dahlan Al Hamad die Medaillen überreichen, doch nach fünf Minuten wurde das unwürdige Schauspiel abgebrochen. Barshim und Co. wurden wieder in die Katakomben geschickt, die Siegerehrung wurde auf Samstag verschoben.

Zehnkampf-Gold für Niklas Kaul
:Weltmeister, er?

Niklas Kaul überrascht die ganze Welt mit seinem Zehnkampf-Gold bei der WM. Er ist gerade erst 21 Jahre alt - und könnte eine Ära prägen.

Von Saskia Aleythe

Europameister Mateusz Przybylko (Leverkusen) war in der Qualifikation ausgeschieden. Der von Verletzungen geplagte Rio-Olympiasieger Derek Drouin (Kanada) hatte seine Saison frühzeitig beendet.

400 Meter Hürden, Frauen: Die Amerikanerin Dalilah Muhammad hat bei der Leichtathletik-WM in Doha für den ersten Einzel-Weltrekord gesorgt. Die 29 Jahre alte Olympiasiegerin setzte sich über 400 m Hürden in 52,16 Sekunden durch und blieb vier Hundertstel unter der bisherigen Bestmarke, die sie selbst erst Ende Juli aufgestellt hatte.

Muhammad kassiert für den Rekord 100.000 Dollar. Zuvor hatte in Doha die US-Staffel im erstmals bei der WM ausgetragenen Mixed-Wettbewerb über 4x400 m einen Weltrekord aufgestellt. Hinter Muhammad holte ihre 20 Jahre alte Landsfrau Sydney McLaughlin Silber und blieb in 52,23 Sekunden nur knapp über der vorherigen Bestmarke. Bronze ging mit großem Abstand an die Jamaikanerin Rushell Clayton (53,74). Die deutsche Meisterin Carolina Krafzik (Sindelfingen) war im Halbfinale ausgeschieden, Titelverteidigerin Kori Carter (USA) bereits im Vorlauf.

4x100-Meter-Staffel: Die vom Verletzungspech gebeutelten deutschen Sprinterinnen haben bei der Leichtathletik-WM in Doha mit einiger Mühe das Finale über 4x100 m erreicht. Das DLV-Quartett um Vize-Europameisterin Gina Lückenkemper kam im zweiten Vorlauf in 42,82 Sekunden auf Platz vier und verpasste damit den zur direkten Qualifikation für den Endlauf (Samstag, 21.05 Uhr MESZ) benötigten dritten Platz. Als eine der beiden zeitschnellsten weiteren Staffeln kam die deutsche Auswahl dennoch in den Endlauf.

"Heute hatten wir das Glück auf unserer Seite. Hoffentlich brauchen wir das morgen nicht, sondern zeigen das, was wir können", sagte Lückenkemper im ZDF. Die deutsche Männerstaffel schied hingegen wie schon 2017 im Vorlauf aus. Der deutsche Rekordhalter Julian Reus (Erfurt), Joshua Hartmann (Köln), Roy Schmidt und Marvin Schulte (beide Leipzig) belegten im zweiten Rennen in 38,24 Sekunden Platz sieben. Großbritannien zog in 37,56 Sekunden als Vorlaufschnellster ins Finale am Samstag (21.15 Uhr MESZ) ein. Die USA mit dem neuen 100-m-Weltmeister Christian Coleman und Christian Coleman kamen als Dritte ihres Vorlaufs weiter, erzielten aber mit 38,03 nur die insgesamt neuntbeste Zeit.

Ohne die deutsche Jahresbeste Tatjana Pinto vermieden Lückenkemper, Lisa-Marie Kwayie (beide Berlin), Yasmin Kwadwo (Leverkusen) und Jessica-Bianca Wessolly (Mannheim) das erste Vorlauf-Aus seit 2011 in Osaka um 19 Hundertstel. Zunächst hatte es noch enger ausgesehen, doch die vor Deutschland platzierten Brasilianerinnen wurden nachträglich disqualifiziert Die letzte WM-Medaille für eine deutsche Frauenstaffel gab es 2009 in Berlin mit Bronze.

Die beste Vorlaufzeit erzielte Jamaika mit Einzel-Weltmeisterin Shelly-Ann Fraser-Pryce (42,11) vor Großbritannien (42,25), das noch auf Topläuferin Dina Asher-Smith verzichtete. Die ebenfalls noch nicht in Bestbesetzung angetretenen Titelverteidigerinnen aus den USA (42,46) kamen auf Gesamtplatz vier. Deutschland hält mit 41,67 Sekunden die Jahresweltbestzeit.

Pinto hatte wegen einer über 200 m erlittenen Muskelverletzung nicht im Vorlauf antreten können. "Wir hoffen, dass es Tatjana schnell wieder besser geht. Wir wollen morgen nochmal angreifen", sagte Lückenkemper. Im Vorfeld der WM hatten schon Lisa Mayer (Wetzlar), Laura Müller (Rehlingen) und Rebekka Haase (LV Erzgebirge) ihre Teilnahme verletzungsbedingt abgesagt. Weitsprung-Ass Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) kam wegen der Terminkollision mit ihrem Wettbewerb (Qualifikation am Samstag) nicht für die Staffel in Frage.

Diskus, Frauen: Die deutschen Diskuswerferinnen haben im Finale der Leichtathletik-WM in Doha eine Topplatzierung klar verfehlt. Beim Sieg der Kubanerin Yaime Perez (69,17 m) belegte die EM-Zweite Nadine Müller (Halle/Saale) als beste der drei DLV-Starterinnen mit 61,55 m den achten Rang.

"Von Platz zehn in der Welt auf Platz acht, damit kann ich zufrieden sein", sagte Müller im ZDF: "Das war kein Wettkampf, der normal ablief - alle sind schwer reingekommen. Es hätte natürlich ein bisschen weitergehen können."

Die deutsche Jahresbeste Claudine Vita (Neubrandenburg), die 2019 bereits 66,64 m erreicht hatte, wurde mit 60,77 m Neunte. Die deutsche Meisterin Kristin Pudenz (Potsdam) landete mit 57,69 m auf Rang elf. Die Jahresweltbeste Perez setzte sich in einem hochklassigen Wettkampf vor ihrer Landsfrau Denia Caballero (68,44) durch, die 2015 in Peking WM-Gold geholt hatte. Titelverteidigerin und Olympiasiegerin Sandra Perkovic (Kroatien) kam mit 66,72 m auf Rang drei, damit musste sich Perkovic erstmals seit vier Jahren wieder in einem großen Finale geschlagen geben. Die 33 Jahre alte Müller, die ihre siebte WM seit 2007 bestritt, hatte die letzten Medaillen für die deutschen Diskuswerferinnen geholt. 2011 war sie in Daegu Zweite, 2015 in Peking Dritte geworden.

400 Meter, Männer: Steven Gardiner von den Bahamas hat bei der Leichtathletik-WM in Doha Gold über 400 m gewonnen. Der 24 Jahre alte Vizeweltmeister von 2017 setzte sich in 43,48 Sekunden souverän durch und bescherte seinem Heimatland 24 Stunden nach der unerwarteten Niederlage seiner Landsfrau Shaunae Miller-Uibo (Silber) doch noch den ersehnten Titel über die Stadionrunde. Gardiner, der auf Platz sechs der "ewigen" Bestenliste vorrückte, siegte vor Anthony Zambrano aus Kolumbien (44,15) und Fred Kerley (USA/44,17). London-Olympiasieger Kirani James (Grenada), wurde acht Jahre nach seinem WM-Triumph von Daegu Fünfter (44,54).

Der Jahresschnellste Michael Norman (USA) war überraschend im Halbfinale gescheitert. Olympiasieger, Weltrekordler und Titelverteidiger Wayde van Niekerk (Südafrika) ist nach seinem im Oktober 2017 bei einem Prominenten-Rugby-Spiel zugezogenen Kreuzbandriss für die WM nicht rechtzeitig fit geworden. Ein deutscher Sprinter war in Katar nicht am Start.

3000 Meter Hindernis, Männer: Rio-Olympiasieger Conseslus Kipruto (Kenia) hat bei der Leichtathletik-WM in Doha seinen Titel nach einem packenden Schlussspurt über 3000 m Hindernis erfolgreich verteidigt. Der 24-Jährige setzte sich in 8:01,35 Minuten nur mit einer Hundertstelsekunde Vorsprung auf den Äthiopier Lamecha Girma im Foto-Finish durch. Es war die engste Entscheidung der WM-Geschichte über diese Distanz, die seit 1991 stets ein in Kenia geborener Läufer gewonnen hat. Bronze sicherte sich der als Jahresschnellster nach Katar gereiste Soufiane El Bakkali (8:03,76/Marokko). Der deutsche Meister Karl Bebendorf (Dresden) und Martin Grau (Erfurt) waren im Vorlauf ausgeschieden.

© Sz.de/dpa/sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Leichtathletik-WM
:"Ein kleines Gold nach diesem Jahr"

Mutter, Studentin, Bronzegewinnerin: Kugelstoßerin Christina Schwanitz belohnt sich in Doha für den Aufwand, drei Leben in einem zu vereinen.

Von Johannes Knuth

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: