Laura Dahlmeier bei Olympia:"Geht es denn noch besser?"

Lesezeit: 3 min

Zweimal Gold, einmal Bronze: Laura Dahlmeier präsentiert ihre Olympia-Ausbeute. (Foto: dpa)
  • Laura Dahlmeier hat sich mit zwei Olympiasiegen in Pyeongchang einen Kindheitstraum erfüllt.
  • Trotz all des Trubels konnte sie die Spiele auch ein bisschen genießen.
  • Ob sie bei Olympia in vier Jahren noch einmal startet, lässt sie offen.

Von Saskia Aleythe, Pyeongchang

Laura Dahlmeier ließ sich erst mal einen Espresso bringen. Eingemummelt in zwei Daunenjacken übereinander hatte man sie schon gesehen spät abends in der Biathlon-Arena, auch mal mit extra Schlauchschal über die Mütze gezogen, wenn sie ihre Rennen bestritt. Nun knallte die Sonne auf das deutsche Haus in Pyeongchang, das neben einem Golfplatz gelegen ist, es war ihre erste Pressekonferenz im Warmen. Etwas Müdigkeit lag in ihrem Blick, sie hatte ja erst am Vortag ihr letztes Rennen bestritten, nippte nun am Kaffee und sagte: "Es sind für mich gigantische Olympische Spiele."

Gigantisch, das war dann schon eine interessante Wortwahl. Zwei Goldmedaillen und eine bronzene, das würde einem niemand im Sportduden als Definition für gigantisch wegstreichen. Doch bei sechs Rennen in 13 Tagen war dann schon die Frage, ob sich diese zwei Wochen Olympiaerlebnis genauso angefühlt hatten, wie sie sie sich das damals vorgestellt hatte, als sie auf dem Kinderbett schon mal das Hüpfen aufs Siegerpodest geübt hatte.

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Konnten sie die Zeit in Pyeongchang genießen, Frau Dahlmeier? "Das ist wirklich sehr spannend, die Frage", sagte sie. Und dann deutete sich an, dass so ein Olympiasieg im Biathlon nicht nur beim Erarbeiten, sondern auch beim Verarbeiten eine Herausforderung ist. Vor allem wenn man danach noch fünf Mal an den Start geht.

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Gleich am ersten Tag der Spiele wurde Dahlmeier zur ersten Olympiasiegerin aus Team Deutschland, sie war danach so gelöst und vom Erwartungsdruck von außen und innen befreit, dass man sie fast nicht wiedererkannte. "Danach war ich absolut happy und habe versucht, den Moment zu genießen", sagte Dahlmeier nun, "das habe ich in Hochfilzen gar nicht so geschafft, weil ich immer von einem Rennen zum nächsten geschaut habe."

In Hochfilzen war vor einem Jahr die Weltmeisterschaft, sie hatte damals fünf Gold- und eine Silbermedaille gewonnen - aber auch das Gefühl, sich gar nicht so über die Erfüllung ihrer sportlichen Ziele freuen zu können. Und nun? "Hier war auch immer im Hinterkopf: Okay, es sind sechs Rennen, ich muss weiter trainieren, Fokus halten. Das war sicherlich keine leichte Situation", sagte Dahlmeier. Aber man merkte ihr an, dass sie nicht nur Kraft gelassen hatte in den Eiswinden von Pyeongchang, sondern auch etwas gewonnen hatte, über ihre Medaillen hinaus.

Man dachte ja schon hin und wieder an Magdalena Neuner bei diesen Spielen, die 2010 in Vancouver zwei Gold- und eine Silbermedaille gewann und dann zwei Jahre später ihre Karriere mit 25 Jahren beendete, auch wegen zu viel Trubel bei Olympia. "Ich konnte im deutschen Haus keine drei Worte mit meinen Eltern reden", sagte Neuner damals. Auch Dahlmeiers Eltern waren nun nach Pyeongchang gereist, nach dem Sprinterfolg, gesehen haben sie die Tochter dann aber nicht oft. Beim Joggen habe sie sie mal getroffen, "eher zufällig", berichtete Dahlmeier. Auch von anderen Veranstaltungen bekam sie nicht sonderlich viel mit.

Zum einen, weil die Biathleten mit ihren späten Rennen einen Tagesrhythmus haben, bei dem Aufstehen erst zur Mittagszeit angedacht ist, zum anderen wegen des engen Wettkampf- und Trainingsplans. "Aber beim Essen läuft immer das Handy mit dem Livestream", erzählt Dahlmeier, die trotz Terminhatz vor allem im deutschen Haus ihre Olympiamomente fand, nach ihren eroberten Medaillen. "Man trifft sich danach und kann auch mal abklatschen, das beflügelt einen, das ist das Schöne an Olympia", sagte Dahlmeier. Nach ihrem Erfolg im Sprint veranstaltete sie mit Skispringer Andreas Wellinger Sektduschen auf der Bühne.

"Was Laura hier an Biathlon in Perfektion zeigt, habe ich in der Art und Weise noch nicht gesehen", hatte Gerald Hönig nach dem zweiten Gold gesagt, jedes ihrer vier Einzelrennen stand für eine besondere Facette. Der Sprint: Ein Gedicht in Sachen Schießkunst. Die Verfolgung: Eine Demonstration ihrer Nervenstärke und der Fähigkeit, ein Rennen zu lesen. Das Einzel: Ein Erfolg der Regeneration. Der Massenstart: Ein Zeichen dafür, dass auch Dahlmeier "keine Maschine" ist, wie sie sagte.

Ihre Ziele hatte sie da schon übererfüllt, aber für die Staffeln machte sich das ganze Team noch Hoffnungen, eine "Geilheit auf den Sieg" nannte das Gerald Hönig. Dahlmeier war weiter Dahlmeier, aber die anderen patzten. Aus ihrer Sicht hatten ihre Spiele zwei Teile: Eine "grandiose erste Woche" mit drei Medaillen aus vier Rennen - und einer zweite Woche, die ein "kleiner Dämpfer" war, mit einem vierten und achten Platz in den Staffeln.

Doch geändert hat auch die zweite Woche nichts daran, dass sie nun alles erreicht hat, was sie sich vorgenommen hat und was man als Biathlet ohnehin erreichen kann. Allein die vergangenen zwölf Monate lassen sich ja so zusammenfassen: Sechs WM-Medaillen, Weltcup-Gesamtsieg, Olympiasieg. "Dann fragt man sich als Sportler natürlich schon: Geht es denn noch besser?", sagte Dahlmeier nach ihrem letzten Rennen, der Espresso war da längst ausgetrunken. Klar, an Kleinigkeiten lasse sich immer arbeiten, "aber ich hinterfrage mich schon, was noch möglich ist". Ob man sie in Peking 2022 wiedersehen wird, konnte sie nicht beantworten, "alles ist offen", sagte sie. "Ich mache Biathlon, seit ich neun bin", bis zum Olympiasieg habe sie ihr Leben geplant, nicht darüber hinaus. Was dann auch irgendwie nach einer normalen 24-Jährigen klang.

© SZ vom 24.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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