Laura Dahlmeier bei Olympia:Bronze und trotzdem glücklich

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Erschöpft und glücklich: Laura Dahlmeier gewinnt Bronze. (Foto: AFP)
  • Nach zwei Olympiasiegen gewinnt Laura Dahlmeier beim Einzelrennen in Pyeongchang ihre dritte Medaille: Es ist Bronze.
  • Dabei muss sie erneut ihre Erschöpfung überwinden.
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Von Saskia Aleythe, Pyeongchang

Für die Sache mit der Medaille haben sie in Pyeongchang eine kreative Lösung gefunden. Es ist ja nicht so, dass man die Plakette für erbrachte Leistungen gleich nach dem Zielsprint um den Hals geworfen bekommt, stattdessen wird erst ein oder zwei Tage später das Edelmetall auf der sogenannten Medal Plaza ausgehändigt, vor genauso wenig Fans, aber immerhin wehenden Fahnenmasten. Bei der Siegerpressekonferenz direkt nach dem Rennen stehen dafür Helfer bereit, die ein selbstgebasteltes Schild in der Hand haben: ein weißes Blatt, DIN A3, darauf gedruckt ein Bild der Medaille, laminiert, befestigt an einem Plastikstock. Laura Dahlmeier konnte so am Donnerstagabend schon mal einen Eindruck bekommen, wie sie aussieht: die Bronzemedaille.

Bisher war die 24 Jahre alte Biathletin bei diesen Olympischen Spielen nur mit zwei Goldmedaillen behängt worden, nun nahm eine andere Athletin den Platz in der Mitte des Siegerpodests ein. Zwischen Dahlmeier und der Silbergewinnerin Anastasiya Kuzmina saß Hanna Öberg aus Schweden. Wer sie sei, sie möge sich bitte mal vorstellen, bat ein Journalist bei der Pressekonferenz, also sagte Öberg: "Ich bin 22 Jahre alt, die letzte Saison war meine erste im Weltcup, ich habe zwei Goldmedaillen bei der Junioren-WM vor zwei Jahren gewonnen, das war das letzte Mal, dass ich bei vier Schießen null Fehler hatte." Es war klar, dass dieses Einzel von Pyeongchang ein Rennen der besonderen Geschichten war. Auch weil Franziska Preuß beinahe Bronze gewonnen hätte - wäre da nicht Laura Dahlmeier gewesen.

"Der Fehler ist schnell vergessen gewesen"

Weil sie eine späte Startgruppe gewählt hatte, konnte Dahlmeier noch im Aufwärmbereich beobachten, was die Konkurrenz vor ihr anstellte. Die Slowakin Anastasiya Kuzmina galt schon vorab als beobachtenswert, sie hatte die besten Laufzeiten in Sprint und Verfolgung gezeigt - aber als Dahlmeier loslief, hatte sie das Schießen schon mit zwei Fehlern beendet. Für die Deutsche begann das Rennen um 17.55 Uhr Ortszeit, zehn Minuten später gab es schon einen prägenden Moment: Dahlmeier verschoss. Liegendschießen, fünfter Versuch, die Scheibe blieb stehen und bescherte ihr eine Strafminute. "Da war ich vielleicht nicht so konsequent und nicht so konzentriert", sagte sie später. Aber an solchen Patzern beißt sie sich nicht fest. "Der Fehler ist schnell vergessen gewesen", sagte Dahlmeier, "ich habe mich daran erinnert: Bei der WM in Hochfilzen war es letztes Jahr auch ein Fehler im Einzel, und ich habe es trotzdem noch geschafft, ganz nach vorne zu kommen." Sie beherrscht eben ihre Gedanken. Die weiteren drei Besuche am Schießstand meisterte sie in Pyeongchang tadellos.

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Laura Dahlmeier gewinnt im dritten Rennen ihre dritte Olympia-Medaille und ist "überglücklich". Sie verdrängt Franziska Preuß auf den vierten Platz - aber auch das ist für den Bundestrainer "fast wie eine Wiedergeburt".

Von Saskia Aleythe

Hanna Öberg saß da schon längst im Wartebereich für die vermeintlichen Sieger, sie zitterte vor Aufregung und Überforderung. Die Eins war ja neben ihrem Namen aufgeleuchtet, und weil sie wusste, dass sie die Gesamtweltcup-Zweite Kuzmina schon geschlagen hatte, war das ein recht sicheres Zeichen: Sie hatte eine Medaille. Teamkolleginnen kamen zur Umarmung vorbei, sie hielten sich fest und dann weinten sie erst mal. Nur Dahlmeier hätte ihr die Partie noch vermiesen können, doch es sollte sich bewahrheiten, was Gerald Hönig vermutet hatte: "Mit einem Fehler wird man hier heute keine Olympiasiegerin."

Dahlmeier kam als Dritte ins Ziel, Kuzmina war trotz eines Fehlers mehr schneller unterwegs als sie. Und Öberg konnte ihr Glück noch lange nicht fassen. Im Verfolgungsrennen hatte sie schon mit einem fünften Rang geglänzt, sie war ja in der aktuellen Saison überhaupt nur dreimal gestartet, ein 21. Platz beim Sprint von Annecy als bestes Ergebnis. "Ich bin beeindruckt von dem, was ich heute gezeigt habe, ich bin super happy mit meinem Schießen", sagte Öberg. Bei der Siegerehrung wäre sie fast wieder in Tränen ausgebrochen.

Das schwedische Team erlebt ohnehin famose Momente in Pyeongchang, im Verfolgungsrennen am Montag hatte Sebastian Samuelsson Silber gewonnen, auch ein Überraschungsmoment. Trainiert wird die Truppe von Wolfgang Pichler, er hat schon diverse Olympiamedaillengewinner betreut und ist auch mit 63 Jahren noch ein Erfolgstrainer. "Das läuferische Niveau hätte ich ohne Wolfgang nicht", sagte Öberg noch, "er trainiert sehr hart mit uns." Und dann wurde sie gefragt, wer ihre Vorbilder im Weltcup seien. Öberg sagte: Zu den beiden neben ihr schaue sie zum Beispiel auf. Kuzmina und Dahlmeier also.

Letztere konnte sehr gut damit leben, in ihre Medaillensammlung nun einen neuen Farbton aufzunehmen. "Es ist nicht selbstverständlich, dass man eine Medaille gewinnt", sagte Dahlmeier, "auch nicht für mich. Drei Medaillen in drei Rennen sind doch einfach nur grandios." Noch am Montag nach ihrem Verfolgungsrennen war sie so erschöpft gewesen, dass sie einen Fernsehauftritt absagen musste, die Kälte machte auch ihr zu schaffen. Dass das Einzel dann von Mittwoch auf Donnerstag verschoben wurde, kam ihr entgegen. "Beim Training hatte sie sich noch ziemlich schwach gefühlt", berichtete Hönig, "aber man sieht natürlich auch, was diese kleine zierliche Frau aus ihrem Körper rausholen kann, tagtäglich."

Auch für Hönig waren es wieder glückliche Minuten in Pyeongchang. Die Olympia-Debütantin Maren Hammerschmidt wurde 17., Franziska Hildebrand lief auf Rang zwölf, Franziska Preuß absolvierte ihr erstes Rennen in Südkorea und wurde Vierte. "Dass ich viermal Null geschossen habe, hat mich so überrascht, dass ich meine Waffe erst mal nicht raufgebracht habe auf den Rücken", sagte die 23-Jährige.

Die Olympia-Norm hatte Preuß erst beim letzten Weltcup in Antholz geknackt, schon das war für sie Belohnung für eine schwierige Zeit: Im vergangenen Jahr war die WM-Zweite im Massenstart von 2015 so oft krank, dass sie ans Aufhören dachte. Immer wieder machten ihr Infekte zu schaffen, sie war kaputt. "Ich bin morgens aufgestanden und konnte mich sofort wieder hinlegen", hat sie einmal erzählt. Was Gerald Hönig dann auch zu dem Satz führte: "Für Franziska ist das heute eine Wiedergeburt."

© SZ vom 16.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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