Turn-WM:Nur Biles II schlägt Biles

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Flugschau in Antwerpen: Der Biles II, vorgeführt von seiner Erfinderin Simone Biles, ist eine Weltneuheit mit Anlauf und drei Breitenachsendrehungen. (Foto: Kenzo Tribouillard/AFP)

Die Ausnahmeturnerin gewinnt in Antwerpen den 23. WM-Titel ihrer phänomenalen Karriere. Ein Spektakel liefert sie auch beim Sprung - weil ihre Erfindung, der Biles II, noch nicht ganz gelingt.

Von Volker Kreisl, Antwerpen

Es war einer der Höhepunkte bei dieser Weltmeisterschaft. Von dieser Turnübung hatten ja noch nicht viele Zuschauer etwas gesehen, genauer gesagt nur jene, die am Montag, bei der Qualifikation im Sportpaleis von Antwerpen gut aufgepasst hatten. Ein Sprung sollte da zur Uraufführung kommen, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte. Und tatsächlich, Simone Biles, die Urheberin, hat ihn sauber gestanden. Dann hüpfte der gesamte Sprung, vom Anlauf bis zum Verlassen der Matte erstmal ins Internet.

In der Halle war ein paar Tage nichts von ihm zu sehen, nicht im Teamwettkampf, nicht im Mehrkampf. Und als er endlich wieder in der echten Welt auftauchte, da zeigte er, wie anspruchsvoll er sein kann- so schwer, dass ihn selbst seine Erschafferin nicht immer vollständig beherrscht. Simone Biles stürzte am Ende, was deutliche Abzüge nach sich zog. Am Ende wurde die US-Amerikanerin Zweite, knapp hinter der Brasilianerin Rebeca Andrade und vor der Südkoreanerin Yeo Seojeong.

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Am zweiten Samstag dieser WM, am Tag des ersten Blocks der Einzel-Entscheidungen, hatte der Biles II also die Biles selbst bezwungen. So ein akrobatischer Sprung ist ja ein Ablauf, der wegen seiner kurzen Bühnenphase enorm verdichtet ist. Wenn der zirka fünfsekündige Anlauf auf dem Sprungbrett in die zweisekündige Akrobatik-Darbietung übergeht, kann in der Luft nicht mehr viel korrigiert werden, das menschliche Flugobjekt zieht seine Bahn und landet besser oder schlechter.

Die ausgeknockte Boxerin stand schnell wieder auf

An irgendeiner Stelle dieses bis ins Detail vorab noch zigmal trainierten Kunststücks schlich sich der Fehler ein. Biles zeigte wie immer ihre Neuigkeit, mit der sie an diesem Gerät den Rest der Konkurrenz wohl bald hinter sich lassen dürfte. Noch aber müssen Springerin und Sprung sich aneinander gewöhnen. Vom Abdruck am Brett aus macht Simone Biles gebückt drei Breitenachsendrehungen, zweieinhalb davon in der Luft. Das hat noch keine Turnerin als Projekt gemacht, auch nicht in der leichteren gehockten Version.

Nun aber zeigte sich, dass auch Biles nicht immer schafft, was von ihr erwartet wird. Sie hat die ganze Woche fehlerfrei ihr Programm durchgezogen, hat ihr Team, das auch von Patzern nicht verschont war, im Finale an allen Geräten an der Spitze gehalten. Und auch im Mehrkampf am Freitag bewies sie Nerven und holte ihre 21. Goldmedaille, womit sie nun Rekord-Goldmedaillen-Gewinnerin ist. "Die Goldmedaille bedeutet alles. Es bedeutet Stärke, Mut, Kampf, Hartnäckigkeit", sagte sie danach in Antwerpen.

Springerin und Sprung müssen sich noch aneinander gewöhnen: Kurz geriet Simone Biles in Rücklage - und landete auf der Matte. (Foto: Zheng Huansong/Xinhua/Imago)

Doch Biles überrascht auch immer wieder. Sie hatte sich eine Auszeit genommen, ist nun mit großem Ehrgeiz zurückgekommen, nicht grundlos hat sie diese neue Attraktion ins Programm genommen. Viele Beobachter hofften, dass sie nun, mit 26 Jahren auch etwas gelassener wird, sich die eigenen Fehlschläge mehr und mehr verzeihen kann. Der vorletzte WM-Tag hat dies nun bestätigt. Biles verpasste das nächste Gold, weil ihr Körper bei ihrem Sprung wohl ein kleines Detail ungenau programmiert hatte. Kurz vor der Landung jedenfalls geriet sie um wenige Zentimeter in Rücklage und lag dann kurz wie eine k.-o.-gegangene Boxerin rücklings in der Matte.

Weitere zwei ihrer besten Geräte kamen am Sonntag noch in Biles' Erfolgsbilanz hinzu. Nachdem sie am Stufenbarren das Podest verpasst hatte, kam sie einen Tag später zurück. Am Sonntag wurde sie mit üblicher kurzer und dichter Übung noch Weltmeisterin am Schwebebalken - WM-Gold Nummer 22. Und am Abend gewann sie auch mit ihrer Bodenkür - WM-Gold Nummer 23.

Wie eine echte Boxerin war sie auch Samstag gleich wieder auf den Beinen: Sofort war sie aufgesprungen und zurück zum Start der Anlaufbahn gegangen, um ihren zweiten Final-Sprung zu bewältigen. Es war abermals einer der ganz hohen Kategorie, den Biles tadellos absolvierte und der ihr trotz des Sturzes noch die Silbermedaille einbrachte.

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