Kreuzband-Verletzung bei Leroy Sané:Die Stabilitätsverbindung des Knies

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Die Kreuzbänder stabilisieren das Kniegelenk. (Foto: imago/MiS)
  • Leroy Sané fällt mit einem Kreuzbandriss monatelang aus. Ein Transfer zum FC Bayern steht in Frage.
  • Kaum eine Sportverletzung hat einen so langen Heilungsverlauf - dabei sind Profi-Sportler oft vergleichsweise schnell nach einem Kreuzbandriss wieder auf dem Platz.
  • Viele "Laien" werden gar nicht mehr operiert - doch dafür fehlt Fußballern die Zeit.

Von Werner Bartens

Die Geheimniskrämerei hat diese Woche groteske Ausmaße angenommen. Man gewann den Eindruck, alle bisherigen, künftigen und vielleicht irgendwann mal an der Behandlung beteiligten Ärzte von Leroy Sané fürchteten ein schlimmes Schicksal, falls sie ihre Erkenntnisse verrieten. Wurden nicht die Architekten der Pyramiden in ihr Werk eingemauert und dem Konstrukteur der astronomischen Uhr zu Prag die Augen ausgestochen, damit sie ihr Wissen nicht weitergeben, wie alten Legenden zu entnehmen ist? Ärzte unterliegen der Schweigepflicht. Andererseits: Es ist ein Kreuzbandriss. Was dem Noch-Stürmer Manchester Citys und Vielleicht-bald-Angreifer der Bayern passiert ist, passiert hunderttausend Mal im Jahr in Deutschland, statistisch alle fünf Minuten. Meistens ist eine Verdrehung des Unterschenkels bei gebeugtem Knie die Ursache, oft bei Richtungswechseln, weshalb Ski, Fußball, Handball und Tennis so riskant sind. Ein falscher Tritt oder ein Sturz am Skilift können das Band auch reißen lassen, das Lasten bis 200 Kilogramm aushält. Sané trat am Sonntag im Spiel gegen Liverpool nach acht Minuten und zwölf Sekunden im Laufduell in Schräglage schief auf, die Bewegung sah auf den ersten Blick harmlos aus.

"Mit Flüssigkeit im Gelenk, die dabei fast immer auftritt, lässt sich ein Kreuzbandriss im Kernspin gut bewerten", sagt Hartmut Gaulrapp, Vorsitzender des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) in München. "Das ist wie ein natürliches Kontrastmittel."

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Fast immer ist das vordere Kreuzband betroffen. In der Folge wird das Knie instabil, es kommt zum "Schubladenphänomen": Im Sitzen lässt sich der Unterschenkel bei gebeugtem Knie vor- und zurück schieben. Das unstete Gefühl rührt aber nicht nur daher, dass die Bandverbindung zwischen Ober- und Unterschenkel beeinträchtigt ist. Von den Kreuzbändern gehen Nervensignale aus, die Stand und Lage des Knies ans Gehirn übermitteln. "Mit dem Verlust an Kraft und Stabilität geht auch ein Verlust der Koordination einher", sagt Orthopäde Gaulrapp.

Die häufigste Operationstechnik besteht darin, aus einem Beugemuskel an der Rückseite des Oberschenkels mit dem schönen Namen Semitendinosus eine Sehne zu entnehmen und als Kreuzbandersatz im Gelenk zu verankern. Nach sechs Wochen kommt es zum narbigen Umbau, nach sechs Monaten sind Belastungen möglich, nach neun Monaten können Profis wieder einsatzfähig sein.

Während die Verletzung früher oft das Karriere-Aus bedeutete, werden heute Listen geführt, wie schnell welcher Profi zurück ist. Sami Khedira wurde weniger als ein halbes Jahr nach seinem Kreuzbandriss in den WM-Kader 2014 berufen, während des Turniers verletzte er sich erneut. Holger Badstuber riss das Band und dann während der Reha noch einmal. Danach erlitt er weitere Verletzungen.

Dabei gibt es ein Leben ohne Kreuzband. Steter Muskelaufbau und Stabilisierungsübungen auf dem Wackelbrett geben Kontrolle über das Knie zurück. Viele Breitensportler lassen sich nicht operieren. "Dazu braucht es aber Zeit", sagt Mediziner Gaulrapp. "Und die fehlt den meisten Profis und ihrem Umfeld."

© SZ vom 10.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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