Tour de France:Wie eine große Virus-Verteilermaschine

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Die Tour de France liefert auch immer schöne Bilder: Vorjahressieger Egan Bernal passiert den Arc de Triomphe. (Foto: imago images / Panoramic Interna)

In Frankreich herrscht erhöhter Corona-Alarm, die Tour de France soll trotzdem starten. Der Grand Départ im Hotspot Nizza könnte der Anfang vom großen Ende werden.

Kommentar von Johannes Aumüller

Die Verantwortlichen der Tour de France versuchen es dieser Tage mit demonstrativer Gelassenheit. Wer sich bei der Amaury Sport Organisation (Aso) erkundigt, wie sicher sie sich seien, dass sie ihr großes Rennen über Frankreichs Straßen wirklich durchziehen können, der bekommt als Antwort den Satz: "Nichts im Leben ist sicher."

An diesem Samstag soll in Nizza mit dem Grand Départ die 107. Tour beginnen, der Höhepunkt eines jeden Radsportjahres und eines jeden französischen Sommers. Aber wie das diesmal etwas mit den 21 Etappen, 176 Fahrern und 3500 Rennkilometern quer durchs Land werden soll, ist ungewiss.

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Von Johannes Aumüller

In Frankreich herrscht erhöhter Corona-Alarm, die Behörden konstatieren eine ungünstige Entwicklung, und die Zahl der Positivtests lag in dieser Woche mehrfach über 4000 pro Tag. Just im Departement um Nizza und in der Hauptstadt Paris, also dem Start- und dem Zielort der Rundfahrt, ist die Lage besonders angespannt - die deutsche Regierung erklärte die beiden Regionen am Montagabend sogar zu Risikogebieten und flaggte eine Reisewarnung aus.

Bei zwei positiven Tests ist ein Team raus

Jeder Sport-, jeder Kulturveranstalter versucht dieser Tage durchzuführen, was sich irgendwie durchführen lässt. Und für die Tour gilt das erst recht, weil sie so eine ungewöhnliche Melange ist, als Wirtschaftsfaktor und Volksfest und nationales Heiligtum. Die Aso hat sich ein umfangreiches Sicherheitskonzept überlegt, das Peloton soll sich in einer Art Blase ohne Kontakt zur Außenwelt über die Landstraßen bewegen. Wenn es in einem Team - acht Fahrer plus ca. 20 Betreuer - trotzdem zwei Positivfälle gibt, ist es raus. Wie schnell das gehen kann, erfuhr die deutsche Bora-Equipe am Dienstag. Da war der Start bei einem Eintagesrennen in der Bretagne geplant. Doch nach einem (am Ende falschen) positiven Corona-Befund im Team musste sich Bora zurückziehen - wobei keiner der dort angemeldeten Fahrer im Tour-Aufgebot steht.

Aber es geht ja nicht nur um die Sportler und die Teambetreuer. Elementarer Bestandteil der Tour sind die Zuschauer. Die werden diesmal zwar nicht überall und wohl in geringerer Zahl als sonst, aber dennoch in Scharen an die Strecke kommen. Und vom Hotspot Nizza aus bewegt sich der Tross mit all den Fans und all seinen Begleitern quer durchs ganze Land. Wie eine große Virus-Verteilermaschine kann das wirken.

Mancher Vertreter des Radsports hofft, dass die Tour ein Symbol werden kann. Aber sie müssen sich gewahr sein, dass auch das Gegenteil eintreten kann. Und dass der Grand Départ, der große Auftakt, der normalerweise der festliche Anfang eines dreiwöchigen Spektakels ist, sich dieses Mal als der Anfang vom großen Ende erweist.

© SZ vom 26.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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