Es ist eher nicht davon auszugehen, dass sich Jürgen Klopp nach Deutschland zurücksehnt, zu sehr wird der Trainer beim FC Liverpool verehrt, zu erfolgreich ist er in England. Aber sollte es tatsächlich so kommen, dass er auch in seinem vierten Jahr in der Premier League trotz hervorragender Leistungen seiner Mannschaft keinen Titel gewinnt, weil Manchester City am Ende Meister wird, dann wird er vielleicht mal auf die Bundesligatabelle schauen, und vielleicht wird er wehmütig werden. Liverpool hat in der ganzen Saison bislang nur ein Spiel verloren. In Deutschland wird der Meister am Saisonende mindestens vier Niederlagen aufweisen, das ist die Bilanz des FC Bayern zwei Runden vor Schluss.
Borussia Dortmund, Klopps alter Klub, kann trotz vier Punkten Rückstand auch nach dem 32. Spieltag noch Meister werden. Am Samstag hatte der BVB ja nur deshalb ein besonders wichtiges Spiel bei Werder Bremen, weil der FC Bayern vor einer Woche die Dortmunder Niederlage gegen Schalke nicht zur Entscheidung nutzte und nur 1:1 beim Tabellenvorletzten Nürnberg spielte. Dortmund hätte also weiter dranbleiben können an den Bayern. Aber der BVB spielte nur unentschieden - und verspielte dabei eine 2:0-Führung.
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Den Gelsenkirchenern genügt das Remis gegen den FC Augsburg zum vorzeitigen Klassenerhalt.
Wenn in Dortmund eine Mannschaft Ambitionen auf den Titel hegt, dann vergleicht man sie unweigerlich mit jenem Team in schwarzgelb, dem das zuletzt gelang: dem unter Klopp im Jahr 2012. Es sah in dieser Saison oft ähnlich schön aus wie damals, wie der BVB rasant angriff, traumhafte Tore schoss, mit jugendlicher Leichtigkeit, am Samstag wieder: Christian Pulisic' Solo, Paco Alcácers Freistoß. Doch in Klopps Mannschaften gibt es eine Prämisse, die der Dortmunder Mannschaft 2019 fehlt. Ralph Gunesch, ein TV-Experte, dem man im Gegensatz zu vielen seiner Branchenkollegen mit sehr viel Gewinn zuhört, hat neulich bei Dazn erzählt, worauf Klopp besonders Wert legt. Gunesch, der in Mainz ein Klopp-Spieler war, sagte sinngemäß: Die Lust zu gewinnen müsse immer größer sein als die Angst zu verlieren.
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In der Dortmunder Mannschaft scheint es anders zu sein, umgekehrt. Beim knappen, in den Schlusssekunden erzitterten Sieg gegen Mainz vor ein paar Wochen war das genauso zu sehen wie bei der Niederlage gegen Schalke vor einer Woche und nun in Bremen. Roman Bürki, die ganze Saison lang ein fabelhafter Torhüter, ließ beim 1:2 einen harmlosen Schuss durch die Beine. Manuel Akanji, in Zukunft wahrscheinlich ein Weltklasseverteidiger, schenkte vor dem 2:2 dem Bremer Ludwig Augustinsson den Ball, weil er ihn schlecht abschirmte anstatt ihn einfach zu klären. Und in der Schlussviertelstunde war kein Dortmunder zu erkennen, der sich verantwortungsvoll gegen den Punktverlust wehrte. Kapitän Marco Reus saß draußen, weil er eine Woche zuvor gegen Schalke an genau dieser Aufgabe gescheitert war und die rote Karte gesehen hatte.
Der FC Liverpool und Jürgen Klopp haben übrigens in England mit nun 94 Punkten immer noch die Chance auf den Titel im Fernduell mit Manchester City. Am Samstag wehrten sie sich in Newcastle gegen ein 2:2, das die Ambitionen beendet hätte. Das 3:2 fiel in der 86. Minute.