Ernüchterung in Köln:Zwei Elfer, zwei Tore - Nürnberg siegt

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Heftige Aufregung in Köln: Beim 2:1-Auswärtssieg des 1. FC Nürnberg kommt es zu zwei Elfmetern, zwei Platzverweisen und einem nicht gegeben Abseitstor. Die Kölner ärgern sich über einige Schiedsrichter-Entscheidungen.

Milan Pavlovic

Die wichtigste Frage wurde beim Einlaufen der Mannschaften beantwortet: Der 1. FC Nürnberg war wirklich mit Torwart nach Köln gereist. Nach dem Ausfall der Nummer eins (Raphael Schäfer) und der Nummer zwei (Patrick Rakovsky) stand beim Club diesmal Alexander Stephan zwischen den Pfosten - obwohl der an gleicher Stelle vor eineinhalb Jahren ein denkwürdiges Spiel erlebt hatte: Nach dem 0:3 im Dezember 2009 bei zum Teil dichtem Schneetreiben musste der damalige Nürnberger Trainer Michael Oenning gehen. Und Stephans Karriere wurde unterbrochen, noch bevor sie begonnen hatte.

Kölns Torwart Michael Rensing ist stinksauer auf seinen Mitspieler Adil Chihi, weil der ihm zu oft und zu viel vor dem eigenen Strafraum dribbelt. (Foto: dapd)

Sein zweiter Ausflug nach Köln war erfolgreicher: Durch einen 2:1 (2:1)-Erfolg in Köln rückte der Club auf Platz sieben vor. Stephan und beide Trainer waren sich danach einig, dass es "ein verdienter Erfolg" war, und während Nürnbergs Coach Dieter Hecking sein junges Team für seine Disziplin und Ruhe lobte, zeigte sich FC-Trainer Stale Solbakken am Spieltag nach dem ersten Saisonsieg (4:3 in Hamburg) "sehr, sehr enttäuscht. Dies war ein großer Rückschritt nach zwei guten Leistungen. Es war inakzeptabel."

Der offensiv ausgerichtete FC wirkte bräsig, während der Club von Beginn an flott kombinierte. Bereits nach 40 Sekunden wurde ein Einwurf in den Kölner Strafraum verlängert, wo Alexander Esswein nach einer schnellen Drehung direkt abschloss, aber nur den rechten Pfosten traf. Die Gastgeber versuchten nach kurzer Schockphase, sich ins Spiel zu ackern.

Vor allem Lukas Podolski entwickelte in seiner etwas zurückhängenden Position ein großes Vergnügen daran, Zweikämpfe zu suchen und auf dem nassen Geläuf zu grätschen - der Boden war nach stundenlangem Gewitterregen fast so tief wie der Rhein.

Chancen ergaben sich dabei aber zunächst nicht, Stephan wurde fast 40 Minuten lang nur durch Rückgaben der Mitspieler beschäftigt. Aufregende Szenen gab es bis dahin nur vor dem Tor des genesenen Kölner Torwarts Michael Rensing. Dabei bereiteten den Gästen zwei Varianten besonderen Spaß: der Wechsel zwischen horizontalem und vertikalem Spiel. Wenn es durch die Mitte ging, erkannten sie schnell, dass zwischen dem neuen Innenverteidiger-Paar der Kölner (Geromel und Henrique Sereno) große Räume klafften. In der 19. Minute nutzte das Markus Mendler für einen feinen Steilpass auf Tomas Pekhart, dessen Geschoss aus 14 Metern hart an der Unterkante der Latte landete.

Wenn die Nürnberger über die Außen angriffen, so wie in der ersten Minute, probierten sie an der Strafraumlinie gerne den Querpass, womit sie die schlecht sortierte Defensive der Kölner mehrmals auf dem falschen Fuß erwischten. In der 31. Minute traf Geromel im Strafraum mit dem anderen Fuß Markus Feulner. Den fälligen Elfmeter verwertete Timmy Timmy Simons cool in das von ihm aus linke untere Eck - ebenso wie vier Minuten später den zweiten Strafstoß, der ähnlich zustande kam, nur dass Geromel diesmal Pekhart zu Fall gebracht hatte.

Damit sind in dieser Saison bereits vier Elfmeter gegen den FC ausgesprochen worden, aber so ungerechtfertigt Solbakken die Strafstöße gegen seine Elf in Schalke und Hamburg fand, "so korrekt waren die beiden Elfmeter heute", gab er zu.

Angestachelt von den Gegentoren 13 und 14 in dieser Saison wurden die Kölner Bemühungen wütender - und besser. Nach der ersten gescheiten Hereingabe des vorher indisponierten Slawomir Peszko kam Podolski aus sieben Metern zum Abschluss; Alexander Stephan konnte abwehren, doch den Nachschuss schob Adil Chihi zum 1:2 ein. Endgültig zurück ins Spiel schienen die Kölner durch die zweite Doublette des Nachmittags gebracht zu werden: Pekhart, früh für einen Fallrückzieher am Kopf von Martin Lanig verwarnt (19.), wurde für einen hohen Fußeinsatz gegen Geromel (42.) des Feldes verwiesen. "Zunächst war ich darüber stocksauer", sagte Hecking, "aber jetzt muss ich zugegeben, dass es zweimal gefährliches Spiel war."

Eine Nürnberger Unterzahl war freilich nicht zu erkennen. Die ersten Großchancen nach dem Wechsel hatte der Club, doch Rensing parierte gegen Hegeler (51.) und Esswein (54.). Statt die Überzahl durch Kombinationen auszuspielen, verlegten sich die Kölner darauf, brachial in den gegnerischen Strafraum zu stürzen - im Wortsinn, denn beim geringstem Lufthauch lagen sie auf dem Boden.Einen Elfmeter würde man ihnen wohl zugestehen.

Doch Referee Weiner tat ihnen den Gefallen nicht. Im Gegenteil: Nachdem die Kölner lange erschreckend einfallslos gewirkt hatten, foulte Rechtsverteidiger Brecko an der Mittellinie Feulner - und wurde vom Platz geschickt (75.). Eine überharte Entscheidung, denn Rot durfte es nur geben, wenn Dummheit generell bestraft wird.

Nürnbergs Torwart musste nun noch weniger tun als vorher. Als es einmal eng wurde (nach einer harten, flachen Hereingabe von Lanig in der 60. Minute), entschieden die Unparteiischen auf Abseits. Am Ende hatte der FC eine einzige Großchance gehabt: jene zum 1:2. Und Alexander Stephan durfte sagen: "Ich war früh davon überzeugt, dass wir hier heute gewinnen." Niemand konnte ihm widersprechen

© SZ vom 12.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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