Champions League:Juves 80-Millionen-Stürmer stellt sich vor

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Kam für viel Geld im Winter aus Florenz: Dusan Vlahovic. (Foto: Nicolo Campo/Imago)

Durch ein Traumtor nach 33 Sekunden von Winter-Zugang Dusan Vlahovic trotzt Juventus Turin dem FC Villarreal ein 1:1 ab. Die Spanier beklagen bitterlich eine Entscheidung des deutschen Schiedsrichter-Teams.

Von Javier Cáceres, Berlin/Villarreal

Edu Iturralde war außer sich. Und sein Zorn traf gar nicht einmal den Schiedsrichter Daniel Siebert, der die Champions-League-Partie zwischen dem FC Villarreal und Juventus Turin leitete; Iturralde war ja selbst lang genug internationaler Referee gewesen, um zu wissen, dass einem auf dem Platz schon mal etwas durchgeht. Aber dieser VAR, der ja ebenfalls aus Alemania stammte, dieser Bastian Dankert aus Rostock also! "Unglaublich", rief Iturralde als Regeldeuter des Radiosenders Cadena SER - und strafte Dankert ab. Die Entscheidung, nicht einzugreifen, sei ein Ausweis dessen, dass der VAR keine Ahnung vom Fußball habe, sagte Iturralde nicht bloß sinngemäß, sondern ziemlich wörtlich.

Nun: Im Lichte der Bilder, die das Foul von Adrien Rabiot an Villarreals Samu Chukwueze in der 70. Minute des Achtelfinal-Hinspiels hinterließ, konnte man Iturraldes These etwas abgewinnen. Wie der Franzose mit gestrecktem Bein das Knie des Standbeins von Chukwueze nur knapp verfehlte, aber seine Stollen mit Wucht auf den Oberschenkel des Mittelfeldspielers von Villarreal drückte, das hatte zwingend Rot verdient. Das Foul war so empörend, dass es - fast - eine Aktion in den Schatten stellte, die beim 1:1 im Estadio de la Cerámica von Villarreal großes Raunen hervorrief. Das Tor des Dusan Vlahovic.

Der Serbe, 22, war vor wenigen Wochen von der Fiorentina nach Turin gewechselt, und in Florenz vermisst man ihn gerade nur deshalb nicht, weil der von Hertha BSC ausgeliehene Krzysztof Piatek in fünf Pflichtspielen sechs Mal getroffen hat. Vlahovic war in einem guten halben Jahr auf 17 Tore gekommen. Der Serbe ist ein X-beiniger Nurejew, bei dem man nicht weiß, ob er auf einer Ballett-Bühne besser aufgehoben wäre als auf dem Rasen. Der mitunter imstande ist, all die Hoffnungen seiner Freunde und die Ängste seiner Feinde zu übertreffen. Und die sind groß. Was hatten sie sich beim Europa-League-Sieger Villarreal nicht die Hände gerieben, als sie die Juve zugelost bekamen! Bis das Wintertransferfenster offen war und Vlahovic in die Juve-Arena wechselte, für 80 Millionen Euro, als teuerster Wintertransfer überhaupt.

Mit seinem Blitztor löste Vlahovic Andreas Möller als Rekordhalter ab

Schon bei seinem Debüt hatte er gegen Hellas Verona in der Serie A getroffen. Am Dienstag dauerte es 33 Sekunden, bis er unter Beweis gestellt hatte, warum ihn die spanische Zeitung El País als "psychomotorisches Paradoxon" besungen hatte. In einem Artikel, der sich am Rande einer Doktorarbeit über die Beschaffenheit der Beine von Fußballern bewegte. O-Beine sind die Regel, die Beine von Vlahovic sind nach innen geknickt.

Dusan Vlahovic erzielte nach wenigen Sekunden das erste Tor für Juve. (Foto: Javier Soriano/AFP)

Villarreal hatte Anstoß gehabt, aber ein Ballverlust in des Gegners Hälfte und einen lang geschlagenen Ball später war Vlahovic da. Der Serbe kontrollierte die Kugel an der Strafraumgrenze mit der Brust und zog dann mit rechts ab, ehe sich Villarreals Innenverteidiger Raúl Albiol und Pau Torres sortiert hatten. Torwart Rulli hatte keine Chance. Vlahovic, der sein erstes Königsklassenspiel bestritt, ist nun der Champions-League-Debütant mit dem schnellsten Treffer. Er löste Andreas Möller ab. Der Weltmeister von 1990 hatte im September 1995 als Offensivkraft von Borussia Dortmund beim 1:3 gegen Juventus Turin nach 37 Sekunden getroffen. Das schnellste Champions-League-Tor überhaupt ging auf das Konto von Roy Makaay: 2007 traf er nach sieben Sekunden gegen Real Madrid für den FC Bayern.

"Das hat uns nicht geschreckt", freute sich Unai Emery, denn es bewies ihm die Reife seines Teams. Villarreal übernahm die Kontrolle, weil Juve sich tief staffelte, und kam durch Dani Parejo zum Ausgleich (66.). Begünstigt durch den ersten Aussetzer von Adrien Rabiot, der vergaß, dass er Parejo bewachen sollte und damit einen Stellungsfehler der Juve-Verteidigung zum Drama hochjazzte. Parejo, einst bei Real Madrid ausgebildet (und als Jüngling Lieblingsspieler von Alfredo Di Stéfano), nutzte einen Pass von Étienne Capoue in das Herz des Juve-Strafraums, um direkt mit links abzuschließen. "Die Mannschaft hat sich nicht nur erholt und ausgeglichen, sondern hat sich damit nicht zufriedengegeben und den Sieg gesucht", sagte Emery.

Dazu reichte es nicht mehr, trotz einiger Chancen, unter anderem setzte der Argentinier Giovani Lo Celso einen Ball ans Aluminium. Andererseits hätte Vlahovic fast noch ein zweites Tor erzielt. Auch Emery beklagte, allerdings in gemäßigtem Ton, die Passivität des Videoschiedsrichters, er hätte gern gesehen, was gegen zehn Turiner möglich gewesen wäre. Dem Feldschiedsrichter Siebert bescheinigte er eine gute Leistung. "Im Rückspiel sind alle Chancen offen", sagte er, und das war Emery am Dienstag genug.

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