Julian Green in Fürth:Gleich hinter Messi

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Zum ersten Mal spielt er regelmäßig, in einem System, das seinen Stärken entgegenkommt: Julian Green (rechts). (Foto: Wolfgang Zink/Sportfoto Zink /Po)

Die Jahre von Julian Green als FC-Bayern-Talent sind vorüber, beim Zweitligisten Fürth soll er nun Anführer sein. Doch eine Karriere als Zweitligaspieler ist für ihn immer noch "nicht okay".

Von Thomas Gröbner

Es gibt eine Liste, in der taucht Julian Green zusammen mit Pelé, mit Michael Owen und gleich hinter Lionel Messi auf, als siebtjüngster Torschütze der WM-Geschichte. 19 Jahre und 25 Tage alt ist Green, als er bei der WM 2014 in Brasilien für die USA das späte Anschlusstor im Achtelfinale gegen Belgien schießt, ein schmächtiger junger Mann, der sich mit einem Volleyschuss auf die Fußballbühne katapultiert. Und man fragte sich: Wohin soll es gehen mit einer jungen Karriere, die so spektakulär beginnt?

Julian Green ist mittlerweile 25, er ist immer noch jung, wie er findet. Er hat immer noch spektakuläre Momente, aber die Zeitspannen dazwischen wurden länger, und die Welt sieht nicht mehr zu. Weil er oft nicht spielte, nicht beim FC Bayern, wo ihn Pep Guardiola zur Leihe nach Hamburg riet. Nicht beim HSV, wo Josef Zinnbauer ihn in die zweiten Mannschaft schicken wollte und Green sich weigerte.

Zurück in München kündigte Carlo Ancelotti an, dieser Green werde noch wichtig werden - dann gab man ihn nach Stuttgart ab, wo er unter Hannes Wolf kaum zum Zug kam und Anfang 2018 nach Fürth ausgeliehen wurde. Dort taumelte die SpVgg der dritten Liga entgegen, das Lebenswerk von Präsident Helmut Hack schien in Gefahr. Bis Leihspieler Green am 34. Spieltag gegen Heidenheim traf und blieb, seit vier Jahren heißt es Laubenweg statt Säbener Straße. Die Bühne wurde kleiner, aber seine Rolle größer, so könnte man es sehen.

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In Fürth schwärmen die Verantwortlichen von Green als einen "sehr wichtigen Baustein", eine "Säule", so sieht sein Trainer Stefan Leitl ihn, vor der Saison wurde sein Vertrag verlängert. Green kam als Talent nach Fürth, nun soll er dort ein Anführer sein einer jungen Mannschaft, die ohne die prägenden Figuren der vergangenen Saison auskommen muss: Kapitän Marco Caligiuri (Karriereende), Angreifer Daniel Keita-Ruel (Sandhausen) und Maximilian Wittek (Arnheim). Stattdessen sollen jetzt andere vorangehen, wenn die Liga an diesem Sonntag gegen Osnabrück beginnt (13.30 Uhr), der Schwede Branimir Hrgota, der zum Kapitän ausgerufen wurde, zum Beispiel. Und eben Julian Green. Wäre der Transfermarkt eine Dating-Plattform, dann wäre es zwischen Green und Fürth ein "Match". Warum klappt es ausgerechnet zwischen Green und Fürth?

Das Vertrauen, "das wurde mir hier gegeben, das war das wichtigste", sagt Green. Zum ersten Mal spiele er regelmäßig, in einem System, das seinen Stärken entgegenkommt. "Wir möchten den Ball haben, hoch pressen und versuchen dominant zu sein. So habe ich es bei Bayern kennen gelernt, und das kommt hier wieder zurück, deshalb passt das so gut", glaubt Green. Früher war er auf den Flügeln zuhause, inzwischen ist der technisch Begabte im Zentrum angekommen; einen "Box-zu-Box-Spieler" nennt sich Green, der in der rauen zweiten Liga gelernt hat, sich zu wehren in vielen Zweikämpfen.

Eine Karriere als Zweitligaspieler, das wäre "nicht okay"

"Ich bin ein besserer Spieler als noch vor drei Jahren", sagt Green heute, ein scheinbar banaler Satz im Fußballgeschäft, in dem es immer nach vorne gehen muss. Aber diese Selbstverständlichkeit war eben abhanden gekommen, bevor Green nach Fürth gekommen war. "Julian hat vielleicht nicht den Weg genommen, den wir alle erwartet haben, aber er kann noch ein Top-Spieler werden", sagte sein ehemaliger Bayern-II-Trainer Erik ten Hag damals, der selber mittlerweile ein Top-Trainer ist, bei Ajax Amsterdam.

Jürgen Klinsmann, Pep Guardiola, Carlo Ancelotti, das waren andere wichtige Trainer, die Green aufzählt, "jeder hat seine Idee von Fußball, und ich habe von jedem etwas mitgenommen". Aber aufgeblüht ist er nun unter Stefan Leitl, keiner hat ihn länger trainiert als er. "Die Spielidee von unserem Trainer liegt mir", sagt Green, und irgendwie ist der Münchner fußballerisch wieder zuhause, auch wenn die zweite Liga nie sein Ziel war: "Das ist nicht das Limit, ich sehe noch so viel Potenzial in der Mannschaft und auch bei mir."

Wer im Fußball arbeitet, muss wohl aushalten, ständig bewertet zu werden, gerade, wenn mal das Label "Talent des FC Bayern" angeheftet war. Was aber gut genug ist, das muss am Ende jeder für sich selbst entscheiden. Eine Karriere als Zweitligaspieler, das wäre "nicht okay", sagte Green vor zwei Jahren. Und heute, sieht er es immer noch so? "Ja."

© SZ vom 19.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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