Javier Martínez beim FC Bayern:Sozialarbeiter in der Bayern-Welt

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Im Fußball gibt es oft zu sehende "Zeitlupenspieler" und seltener gezeigte "Bildrandspieler" - zu letzterer Spezies gehört etwa der für viel Geld nach München gekommene Spanier Javier Martínez. Wie sehr der Mittelfeldmann inzwischen das Spiel des FC Bayern prägt, erschließt sich erst bei genauerem Betrachten im Stadion.

Von Claudio Catuogno

Wer sich Fußball im Fernsehen ansieht, der bekommt immer nur einen kleinen Ausschnitt des Spiels präsentiert - den aber aus fast allen Perspektiven. Das führt dazu, dass bestimmte Akteure besonders oft im Bild sind. Man könnte sie die Zeitlupenspieler nennen: Ihre Dribblings und Torschüsse werden in jeder Spielunterbrechung in Superslowmotion wiederholt.

Die Zeitlupenspieler sind für das Spektakel zuständig. Kaum zu erkennen ist in einer TV-Übertragung hingegen, was jene zum Erfolg beitragen, die man demnach als Bildrandspieler bezeichnen müsste.

Während das Fernsehen noch die Aktionen der Zeitlupenspieler ausleuchtet, postieren sich die Bildrandspieler schon wieder strategisch im Raum, stellen Passwege zu, lauern auf den nächsten Ballgewinn. Spektakulär ist das erst auf den zweiten Blick. Wie sehr etwa der Spanier Javier Martínez, 24, das Spiel des FC Bayern München prägt, erschließt sich nur, wenn man eine Partie des Klubs im Stadion anschaut.

Etwa beim 1:0-Sieg der Bayern am Mittwochabend gegen Borussia Dortmund. Einem Spiel, das nominell bloß ein Pokal-Viertelfinale war, das von den Münchnern aber als Zeitenwende interpretiert wurde - hatte ihnen der Ruhrgebiets-Verein doch die letzten zwei Meistertitel weggeschnappt.

Vorne dribbelte und traf für die Bayern der Exzentriker Arjen Robben. Entschieden wurde die Partie aber auch auf der "Sechser"-Position, also im defensiven Mittelfeld. Im Reich des Javier Martínez.

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Als der FC Bayern im Sommer nach langem Poker 40 Millionen Euro für Martínez an den Basken-Klub Athletic Bilbao überwies, war das ein Rekordtransfer. Nie zuvor hatte ein deutscher Verein so viel Ablöse für einen Spieler bezahlt. Doch die Münchner hatten gerade das Champions-League-Finale im eigenen Stadion verloren, und zwar nicht, weil es ihnen an Künstlern gefehlt hätte.

Sondern an Robustheit, Spielkontrolle, an einem strategischen Zentrum. Deshalb holten sie Martínez - und dazu noch den brasilianischen Verteidiger Dante aus Mönchengladbach. Wer gegen die Bayern ein Tor schießen will, muss nun an diesen beiden Männern vorbei. In 23 Ligaspielen ist das erst acht Mal gelungen.

Javier Martínez ist eine Art Sozialarbeiter in der Bayern-Welt. Eine umsichtige Autorität im Hintergrund, immer hellwach - und wenn irgendwo seine Hilfe gebraucht wird, ist er zur Stelle. Der Sozialarbeiter Martínez perfektioniert gerade eine Rolle, ohne die kein Gefüge funktionieren kann - weit über den Fußballplatz hinaus.

Kann ein Fußballer 40 Millionen wert sein? Den Bayern ist das egal, auf ihrem Festgeldkonto liegt ja genug Geld herum. Aber für einen Spieler können 40 Millionen eine Last sein, ein Betrag, an dem er ständig gemessen wird.

Das Erstaunliche ist deshalb, wie rasch Martínez sich von dieser Summe entkoppelt hat. Geld wird im Fußball schnell zum Thema, wenn ein Stürmer das Tor nicht trifft. Es wird zur Nebensache, wenn einer rackert, damit andere glänzen können.

© SZ vom 01.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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