Basketballer Karim Jallow:Wenn die Kontrolleure morgens klingeln

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Karim Jallow in den Finals der Bundesliga: Gegen Bonn war er im vergangenen Juni einer der Besten, er trug entscheidend zum Ulmer Titelgewinn bei. (Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty)

Hat der Ulmer Meisterspieler Karim Jallow gegen Meldepflichten der Anti-Doping-Agentur verstoßen? Sein Fall zeigt, welche Schwierigkeiten das Testsystem für Basketball-Nationalspieler mit sich bringt.

Von Jonas Beckenkamp

Wer den Basketballer Karim Jallow vor drei Wochen in den Finalspielen der Bundesliga gesehen hat, durfte beeindruckt sein. Dass er mit Ulm gegen Bonn zur allgemeinen Überraschung deutscher Meister wurde, war nur die eine Sache. Die andere war, wie dieser 1,98-Meter-Flieger aufspielte: Seine pure Kraft und Athletik sowie seine Siebenmeilenschritte zum Korb - da konnte man sich mit etwas Fantasie an einen der besten Spieler der Welt erinnert fühlen: an Giannis Antetokounmpo, den griechischen NBA-Dominator.

Der gebürtige Münchner Jallow, 26, hat es nach einer verzwickten Anfangszeit beim FC Bayern weit gebracht im deutschen Basketball. Auch wenn er trotz aller Muskeln in Wahrheit kein Antetokounmpo ist, gilt er als Deutschlands explosivster Springer - eine Nominierung in den vorläufigen WM-Kader des Nationalteams verpasste er nur knapp. Und wie sich nun zeigt, gilt das mit dem Verpassen bei ihm vielleicht auch an anderer, empfindlicherer Stelle.

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Wie die Bild diese Woche berichtete, läuft gegen den 18-maligen Nationalspieler ein Ermittlungsverfahren der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada). In den Fokus der Nada geriet Jallow, weil er möglicherweise wiederholt nicht für unangekündigte Tests anzutreffen war. Offenbar wurde der Profi mit drei sogenannten "Strikes" in der Saison 2021/22 aktenkundig, damit könnte er gegen die Meldepflichten bestimmter Spieler verstoßen haben. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm zwei Jahre Sperre, was seine Karriere empfindlich stören könnte.

Während Jallow (der sich im Urlaub befindet) schweigt, meldete sich nun sein Verein zu Wort: "Wir als Club haben keinerlei Informationen von offizieller Seite bekommen", lässt der Sportdirektor des deutschen Meisters, Thorsten Leibenath, mitteilen. "Wir sind nicht am Verfahren beteiligt", sagt der frühere Ulmer Coach, der in der Angelegenheit ein ganz anderes Problem sieht: dass der Fall überhaupt bekannt wurde. "Wir sind verwundert, dass die Nada Medien über ein laufendes Verfahren unter Nennung des Namens informiert, ohne dass klargestellt ist, ob überhaupt ein Meldepflichtverstoß vorliegt."

Basketballer müssen in einem abgesteckten Zeitraum täglich verfügbar sein für Dopingtests - und zwar von 6 bis 23 Uhr

Jallows Verhängnis ist, dass die Nada ihn als U20- und A-Nationalspieler in die Kategorie RTP (Registrierter Test-Pool) einstuft. Zu dieser Gruppe zählen Athleten mit Kaderstatus eines nationalen Sportverbandes. Wer sich in dieser Testliste befindet, muss eigenverantwortlich sicherstellen, Dopingkontrollen zu ermöglichen - indem er in einer App quartalsweise im Voraus darlegt, wo er pro Tag für eine Stunde für einen Test anzutreffen ist. Kompliziert wird das Prozedere durch einen weit gesteckten Zeitraum: Das Fenster muss zwischen 6 und 23 Uhr liegen und gilt auch für Freizeit oder Urlaub. Hat Jallow also dreimal geschludert bei der Koordination seiner Termine und der Befüllung des Online-Kalenders? Hat er Kontrolleure an der Haustür ignoriert? Wollte er sich bewusst Tests entziehen, weil er einen Positivbefund wie kürzlich der Chemnitzer Basketballer Jason George befürchtete?

An dem Kontrollverfahren gibt es seit längerem Kritik, so berichtete 2013 der damalige Ulmer Nationalspieler Per Günther ausführlich von den Zwängen der unangemeldeten Besuche. Er habe nichts gegen Dopingtests, aber die Nada wisse "seit zehn Jahren, wo ich mich an jedem Tag befunden habe, wo ich geschlafen habe. Es ist Wahnsinn", sagte er bei Radio 7 - einmal habe er um 6.25 Uhr morgens einen Kontrolleur in seinem Wohnzimmer sitzen gehabt.

Ähnlich erging es zuletzt offenbar auch Jallow. Laut seines Vereins habe er "auf Nachfrage bestätigt, dass er in der abgelaufenen Saison mehrfach vorschriftsmäßig für Dopingtests angetroffen wurde, die allesamt negativ waren". Aber was ist mit der vorvergangenen Saison, um die sich die Ermittlungen drehen? Jallows Berater wollte der Deutschen Presse-Agentur dazu nichts sagen, "da es sich um ein schwebendes Verfahren handelt".

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