NBA-Spielmacher Ja Morant:Denkpause für 25 Spiele

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Ja Morant kann fliegen wie kaum ein anderer Basketballer, seine Sprungkraft ist enorm - nun stockt seine Karriere. (Foto: Brandon Dill/dpa)

Schusswaffen und Gangsterkumpels: Ja Morant, einer der aufregendsten Basketballer der NBA, manövriert sich in aller Öffentlichkeit selbst ins Aus.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Nun hat die NBA also ihre Strafe für Ja Morant veröffentlicht, nur wenige Tage nach dem Titelgewinn der Denver Nuggets in der nordamerikanischen Profiliga. In einer Liga, in der die Basketballer nicht nur enorm viel Geld kriegen, sondern aufgrund der Strukturen auch enorm viel Macht haben, war die unmissverständliche Botschaft von Ligachef Adam Silver: Niemand ist wichtiger als das große Ganze - selbst wenn er noch so irres Spektakel liefert. Also kürten sie erst einmal den Meister, dann kümmerten sie sich um den Problemfall.

Mindestens 25 Spiele Sperre sind es also, das war so erwartet worden. Danach kann sich Morant, 23, um eine Rückkehr bewerben - sofern er bestimmte Bedingungen erfüllt, die Silver aber erst zu einem späteren Zeitpunkt verkünden will. Experten schätzen, dass der Vorfall Morant alles in etwa 60 Millionen Dollar kosten dürfte.

Seine Aktionen wirken so leicht, als herrsche keine Schwerkraft mehr

Man muss die Geschichte von vorne erzählen, weil es die Sperre und auch die mögliche Einbuße bei den Einkünften erklärt: Morant ist 2019 in die Profiliga NBA gekommen, aufgrund spektakulärer Aktionen, bei denen er die Grenzen der Schwerkraft auszuhebeln schien, wurde er zur Attraktion und nach der ersten Saison zum "Rookie of the Year" gewählt. Seinetwegen ist Memphis zum Titelkandidaten geworden; der Verein gab ihm vor dieser Saison einen Fünf-Jahres-Vertrag, bei dem 193 Millionen Dollar garantiert sind - über Boni könnten es 231 Millionen werden. Sportartikel-Hersteller Nike und Getränkeproduzent Powerade (gehört zum Coca-Cola-Konzern) haben ihn als Werbefigur verpflichtet.

Basketballer Ja Morant
:Rückkehr aus dem Gangster-Leben

Nach seinem Live-Video mit Schusswaffe in einem Striplokal ist NBA-Spieler Ja Morant reumütig zurück bei seinem Team. Sein Fall zeigt, wie zweifelhafte Einflüsse aus dem persönlichen Umfeld eine Profikarriere gefährden können.

Von Jonas Beckenkamp

Eine Bilderbuchkarriere also, daran änderte auch das Aus in der ersten Playoff-Runde gegen die Los Angeles Lakers nicht viel; die Zukunft, da waren sich alle einig, gehöre Morant. Mittlerweile sind sich viele Beobachter nicht mehr so sicher, und es hat nichts mit seinen Leistungen auf dem Spielfeld zu tun. Im März hatte Morant ein Live-Video von sich auf sozialen Medien veröffentlicht, wie er in einem Stripclub in der Nähe von Denver mit einer Pistole wedelt.

Im Zuge dessen kam heraus, dass es in der Sommerpause zwei weitere Vorfälle gegeben hatte: Nach einer Basketball-Zockerei in seinem Garten mit Jugendlichen aus der Gegend hatte er einen 17-Jährigen mit einer Waffe bedroht. Und er geriet zusammen mit Begleitern in einen Streit mit dem Sicherheitspersonal eines Einkaufszentrums. Beide Male wurde die Polizei gerufen, es gibt Protokolle; verhaftet oder strafrechtlich angeklagt wurde aber niemand. Der Teenager hat mittlerweile Zivilklage eingereicht.

Morant wurde von der NBA für acht Partien suspendiert, er gelobte Besserung, Verein und Sponsoren standen zu ihm. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass er auch wegen des ersten Videos mit der Pistole nicht ins "All-NBA-Team" gewählt wurde - was wegen seiner Vertragsstruktur eine Einbuße von 39 Millionen Dollar für Morant bedeutete.

Am 13. Mai erschien dann noch ein Film, diesmal auf dem Account seines Freundes Davonte Pack, der immer dabei zu sein scheint, wenn Morant in Probleme abseits des Spielfelds gerät: Morant im Auto, erneut mit Knarre in der Hand. Die Memphis Grizzlies haben ihn erneut suspendiert - diesmal auf unbestimmte Zeit.

Morants PR-Team versuchte nach dem zweiten Vorfall beinahe verzweifelt, diese Waffe als Spielzeugpistole darzustellen. In einem weiteren Video, das einen Tag nach der Fuchtelei im Auto aufgenommen und später dem Promi-Portal TMZ zugespielt worden ist, hält Morant eine Fake-Waffe und sagt: "Du hältst sie nur, und alles kommt raus!" NBA-Chef Silver hatte jedoch klargestellt, dass ihn herzlich wenig interessiert, ob die Waffe echt war: "Du sendest live, dass du was in der Hand hast, das genau so aussieht wie eine Pistole - spielt es wirklich ein Rolle, ob die Pistole echt ist oder nicht?"

"Ich weiß jetzt, was ich zu verlieren habe", sagte Morant nach dem zweiten Pistolen-Vorfall. Wirklich?

In der Urteilsbegründung wird Silver nun so zitiert: "Morants Entscheidung, nochmals mit einer Schusswaffe auf sozialen Medien zu wedeln, ist beunruhigend, zumal er wegen eines ähnlichen Vorfalls kurz davor bereits für acht Partien gesperrt worden ist." Das bedeutet: Morant fehlen die 39 Millionen an Boni; für die 25 verpassten Spiele erhält er kein Gehalt, das sind weitere 7,6 Millionen Dollar. Powerrade strahlt keine Reklame mehr mit ihm aus, was ihn etwa zehn Millionen Dollar kosten dürfte; Nike hat den neuesten Morant-Sneaker aus dem Internet-Shop entfernt, den Vertrag aber nicht gekündigt.

"Ich weiß jetzt, was ich zu verlieren habe", sagte Morant nach dem zweiten Pistolen-Vorfall. Nach der Verkündung der Strafe veröffentlichte er ein Statement, das so weichgespült nach Ego-PR klingt, dass es sich erübrigt, daraus zu zitieren. Was nämlich klar ist, auch wenn die Spielergewerkschaft über die Höhe der Strafe lamentiert (das muss sie - das ist ihr Job): Die ersten 25 Partien einer Saison sind die unwichtigsten; zur zweiten Saisonhälfte und dann natürlich in den Playoffs wird Morant wieder dabei sein. Auf Spektakel zur besten Einschaltquotenzeit will die NBA dann doch nicht verzichten.

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