Basketballer Ja Morant:Rückkehr aus dem Gangster-Leben

Basketballer Ja Morant: Ja Morant musste für acht Spiele aussetzen bei den Memphis Grizzlies - gegen Dallas war er zumindest wieder auf der Bank dabei.

Ja Morant musste für acht Spiele aussetzen bei den Memphis Grizzlies - gegen Dallas war er zumindest wieder auf der Bank dabei.

(Foto: Petre Thomas/USA Today Network/Imago)

Nach seinem Live-Video mit Schusswaffe in einem Striplokal ist NBA-Spieler Ja Morant reumütig zurück bei seinem Team. Sein Fall zeigt, wie zweifelhafte Einflüsse aus dem persönlichen Umfeld eine Profikarriere gefährden können.

Von Jonas Beckenkamp

Ja Morant trug Weiß, die Farbe der Unschuld, so machen das Angeklagte vor Gericht ja gerne. Nur dass der Basketballer Morant, 23, in seinem Schlabbershirt nicht vor der Justiz auftrat, sondern an seinem Arbeitsplatz, in der Halle der Memphis Grizzlies. Die Zuschauer fungierten als Jury - und sie johlten, einige richteten sogar "Welcome back"-Banner an ihren Lieblingsspieler. Ein Eindruck der Läuterung umgab Morant bei seiner Rückkehr nach zwei Wochen Absenz. Aber ob er sich auch wirklich als Reingewaschener fühlte? Fest steht, dass er beim 112:108-Sieg seines Klubs gegen die Dallas Mavericks durchaus vergnügt wirkte, endlich wieder bei seinem Team zu sein.

Die Geschichte dieses wilden und auch streitbaren Athleten hat die US-Profiliga NBA zuletzt ganz schön beschäftigt: Der millionenschwere Jungprofi mit Knarre im Stripclub, das ganze direkt ins Internet gestreamt - doch wenn es nach Morant und den Grizzlies geht, steht nun ein fast schon zu kitschiges Happy End bevor. Am Mittwoch gegen die Houston Rockets soll der Übeltäter nach Verbüßung einer Acht-Spiele-Sperre nicht nur in zivil dabei sein, sondern wieder als Aktiver auf dem Parkett - im Memphis-Trikot.

"Wir sind zuversichtlich, dass er wieder spielen kann", sagte sein Trainer Taylor Jenkins, "wenn bei ihm medizinisch alles gut ist." Zuletzt hatte Morant nur alleine trainieren können, er benötigt noch etwas Zeit, um sich seine Form zurückzuholen. Aber der Sport war zuletzt nebensächlich, in dieser Spätphase der Saison, in der Memphis eine der aussichtsreichsten Mannschaften auf den Titel ist. Es ging vielmehr darum, dass er auf dem Weg war, sich als erster namhafter Profi wegen einer außerordentlichen Social-Media-Dummheit eine Karriere in der Elite des US-Sports zu vermasseln.

Dass zuletzt so viele Menschen Anteil nehmen konnten an seiner Krise, hat sich Morant, einer der archetypischsten Basketballer Amerikas, selbst zuzuschreiben. Er hatte schließlich eigens über seinen Instagram-Kanal live ins Netz gesendet, wie er sich am 4. März nahe Denver in einer Tabledance-Bar vergnügte. Offensichtlich angetrunken, in Gesellschaft einer zwielichtigen Entourage - mit einer Schusswaffe in der Hand.

Morant hat sich womöglich mit den falschen Leuten umgeben - das will er ändern, um seine NBA-Karriere weiter zu verfolgen

Insbesondere bei letzterem Vergehen kennt die NBA nach zahlreichen Vorfällen in der Vergangenheit keine Gnade. Washington-Wizards-Profi Gilbert Arenas wurde 2010 für 50 Partien gesperrt, als er mit einer Pistole in der Kabine herumfuchtelte. Letztlich entging Morant einer ähnlichen Rüge und damit einem nachhaltigen Karriereknick nur knapp. Die Polizei stellte nach kurzer Untersuchung die Ermittlungen ein, weil niemand zu Schaden gekommen war. Zu seinem Glück konnte auch die Liga keine Belege finden, dass die Waffe Morant gehörte oder dass er sie zuvor im Mannschaftsumfeld mit sich trug. Gut möglich, dass sich der Hip-Hop-Fan Morant schlicht mit den falschen Leuten umgibt. Mit Menschen, die ihre Revolver mal gerne zeigen.

Dabei stammt der Spielmacher, groß geworden in einer Kleinstadt in South Carolina, aus geordneten Verhältnissen. Seine Familie ist komplett dem Basketball verschrieben, schon als Kind bekam Morant von seinen Eltern einen Korb in den Garten gehängt, seine jüngere Schwester Teniya ist ebenso auf dem Weg in den Profibasketball. Trotzdem geriet Ja Morant jüngst öfter in Schwierigkeiten: Mal bedrohte er einen Teenager nach einem Zock auf dem Freiplatz, mal musste die Polizei ihn und sein Gefolge nach einer Auseinandersetzung in einem Einkaufszentrum vernehmen. Und im Februar dieses Jahres sollen Mitglieder seiner Clique nach einem Spiel aus ihrem Fahrzeug heraus Mitarbeiter der Indiana Pacers bedroht haben - mit auf sie gerichteten roten Laserpunkten, angeblich von einer Schusswaffe.

Basketballer Ja Morant: Die Fans in Memphis bejubeln Ja Morant in der eigenen Halle - am Mittwoch wird er wieder spielen, wenn die Grizzlies auf Houston treffen.

Die Fans in Memphis bejubeln Ja Morant in der eigenen Halle - am Mittwoch wird er wieder spielen, wenn die Grizzlies auf Houston treffen.

(Foto: Justin Ford/Getty Images via AFP)

Es ist die klassische Erzählung vom "thug life", dem Leben als Gangster. Doch diesmal entschuldigte sich Morant für sein Gebaren, löschte vorübergehend seine Social-Media-Konten, nahm den Verlust eines Werbedeals mit einem Getränkehersteller zur Kenntnis und verbrachte eineinhalb Wochen in einer Therapie-Einrichtung in Florida. Er gab zu verstehen, dass er erkannt habe, seine zweite Chance ergreifen zu wollen. Nach einem Gespräch mit NBA-Boss Adam Silver erklärte er seine Reue nun auch vor seinen Mitspielern.

"Er hat Verantwortung übernommen", bilanzierte Kollege Dillon Brooks, "er versucht, Dinge in seinem Leben zu regeln und wird daran wachsen." Er jedenfalls sei überzeugt, dass man künftig einen anderen Ja Morant erleben werde. Einen, der mit ähnlicher Energie und Flugkünsten Freude auf dem Parkett verbreitet, wie er es bereits als zweimaliger Allstar bewiesen hat. Memphis nimmt Morant also mit offenen Armen zurück, südstaatliche Wärme von den Fans inklusive, es geht schließlich bald in die Playoffs. "Das war toll", fand auch Flügelspieler Desmond Bane, "wir halten zu ihm, und es freut uns, dass die ganze Stadt hinter ihm zu stehen scheint." Und Morant selbst? Der rappte im Vorbeigehen ein paar Reime ins Mikrofon, als sein Kollege Santi Aldama nach dem Sieg über Dallas interviewt wurde.

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