Bundesliga:Hallo, hier Hoffenheim!

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Sebastian Hoeneß muss nach Platz elf und neun in Hoffenheim gehen. (Foto: Michael Weber/Imago)

Dass Trainer Sebastian Hoeneß nach zwei Jahren gehen muss, zeigt die Probleme am Standort im Kraichgau. Der Klub braucht sportliche Erfolge oder wenigstens ein bisschen Spektakel - sonst wird er überregional kaum wahrgenommen.

Von Christoph Ruf, Karlsruhe

Alexander Rosen ist kein Funktionär, der sich voreilig von einem Trainer trennt. Schon Alfred Schreuder durfte die Saison 2019/2020 zu Ende bringen, ehe er abgefunden wurde. Und auch Sebastian Hoeneß, von dem sich die TSG Hoffenheim am Dienstag trennte, bekam zwei volle Spielzeiten. Er schloss sie auf Platz elf und neun ab. Zu wenig, wie wohl auch Hoeneß selbst zugeben würde.

Dabei ist Rosen, "Direktor Profifußball" im Kraichgau, eigentlich einer, der von Kontinuität nicht nur redet. Das Gerüst der Mannschaft um Oliver Baumann, Kevin Akpoguma, Benjamin Hübner, Kevin Vogt, Pavel Kaderabek, Andrej Kramaric und (mit Unterbrechungen) Sebastian Rudy hat irgendwann zwischen 2010 und 2016 bei der TSG angeheuert. Rosen selbst amtiert seit mehr als neun Jahren und er wurde in der vergangenen Saison regelrecht wütend, als in einer Phase über den Trainer diskutiert wurde, in der die halbe Mannschaft mit Corona ausfiel. Er werde nie einen Trainer nur aufgrund einer Ergebniskrise rausschmeißen, ließ er wissen. "Julian Nagelsmann, der hier dreieinhalb Jahre als Cheftrainer gearbeitet hat, hat hier einmal fünf und einmal sieben Spiele nicht gewonnen..."

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Wenn einer wie Rosen sich nun doch von seinem Trainer trennt, liegt das also nicht alleine an den jüngsten Resultaten, so deprimierend die auch sind. Nach dem 25. Spieltag stand die TSG auf einem Champions-League-Platz. Doch dann folgten neun sieglose Spiele. 13 Gegentreffer kassiert man in den letzten drei Spielen. Fünf davon allein am letzten Spieltag in Gladbach. Es war nicht der einzige Offenbarungseid der letzten Wochen, in denen die TSG oft dilettantisch verteidigte und sich wehr- und kraftlos in ihr Schicksal fügte. Die TSG, die zwar diese und auch in der vergangenen Saison unter Hoeneß phasenweise schön anzusehenden, variablen Offensivfußball zeigte, hatte zuletzt erkennbar ihre Linie verloren. Und wenn die TSG ihre sportliche Identität verliert, bleibt ihr nicht mehr viel.

Dass Hoffenheim zu den Vereinen zählt, die derzeit den dramatischsten Zuschauereinbruch verzeichnen, sagt viel aus

Es dürfte deshalb durchaus auch weiche Faktoren gegeben haben, die bei den Verantwortlichen um Rosen den Entschluss befördert haben, es in der kommenden Saison mit einem anderen Trainer zu probieren. Zu dessen Anforderungsprofil dürfte dann auch etwas mehr Charisma und rhetorisches Geschick gehören. Selbst in den erfolgreichsten Zeiten beschränkten sich Hoeneß' Spielanalysen auf Standardsätze.

Zuletzt, als er zusehends kritisch beäugt wurde, beließ er es beim Herunterrattern der Verletztenliste. Dass er selbst nach dem 1:5 in Gladbach behauptete, die "Einstellung der Mannschaft" habe "gestimmt", war sicher dem Versuch geschuldet, sich vor seine Spieler zu stellen. Die hatten zuletzt jedoch offenbar andere Bedürfnisse. Torwart Baumann beispielsweise hat immer wieder gefordert, man müsse die Niederlagen schonungslos aufarbeiten. "So" könne man "nicht in die neue Saison gehen." Wenn Rosen nun sagt, man wolle "eine neue Energie für die kommende Saison entfachen", geht das in diese Richtung.

Hinzu kommt, dass der Standort Hoffenheim auch im 14. Jahr seiner Bundesligazugehörigkeit mit Wahrnehmungsproblemen zu kämpfen hat. Der Verein präsentiert sich selbst als familiärer, ökologisch-nachhaltiger Klub, und er ist in seinem Kerngeschäft in vielen Bereichen (Scouting, Datenanalyse) eher ein Vorreiter der Branche. Und dennoch hat er es nicht geschafft, außerhalb eines engen Radius um sein Stadion Sympathien zu generieren. Dass die TSG zu den Vereinen zählt, die derzeit den dramatischsten Zuschauereinbruch verzeichnen, ist da genauso vielsagend wie die Tatsache, dass noch heute die Auswärtsspiele weitgehend ohne Unterstützung aus dem Gästeblock stattfinden.

Zu Zeiten von Nagelsmann konnte die TSG immerhin durch ihre Art und Weise Fußball zu spielen und die Figur des Trainers überregional auf sich aufmerksam machen. Aus den 24 Monaten, die Hoeneß amtierte, ist hingegen kaum eine Äußerung überliefert, die im Gedächtnis geblieben wäre. Schlimmer: Wenn Hoeneß die Chance hatte zu emotionalisieren - wie vor dem Spiel in Freiburg im Dezember -, vergab er sie. Dass es dabei auch um die "Vorherrschaft in der Region" gehe, gehört möglicherweise zu den Dingen, die man halt so sagt, wenn man mitbekommen hat, dass beide Standorte in der Region Baden liegen. Man muss dann aber damit rechnen, in beiden Fanlagern Gelächter zu auszulösen. Schließlich gibt es im Kraichgau kaum SC- und in Freiburg keine Hoffenheim-Fans.

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