Schade für den Zettl, dass der Zettl schon gestartet ist. Denn jetzt wird diese detailverliebte Narretei aus der Berliner Republik, die seit kurzem im Kino läuft, von den großen Entwürfen des Lebens rücksichtslos überholt. Die Realität kennt keine Gnade. Sie hat keinen Respekt vor einem genialischen Grübler wie Helmut Dietl, der in jahrelanger Arbeit im Kämmerlein einen Filmstoff entwarf, kreiselnd um die Grundidee: "Die Berliner Mitte ist für Satiriker ein Geschenk. So viele Narren gibt es sonst nirgendwo."
Und dann das: An einem Wochenende, an dem die Berliner Republik wieder einmal den Super-Präsidenten sucht, erhebt sich ein ewig junger und auch deshalb niemals ergrauter 73-Jähriger von seinem Stammplatz im Promi-Tempel Borchardt in der Französischen Straße 47, lässt sich auf den Schild heben, durch die gebeutelte Stadt tragen, um seine Botschaft zu trompeten: "Ab Montag bin ich bei Hertha das Gesetz und alle hören auf mein Kommando!"
Hallo, Entwarnung, dies ist eine Realsatire aus der Mitte des Lebens (Otto wird noch 146, garantiert), und deshalb muss jetzt auch niemand die Hacken zusammenschlagen. Sondern darf sich freuen am Charme einer starken Idee: König Otto muss die Hauptstadt retten! Preußens Comeback auf dem Rasen, denn etwas militärisch wird's werden, wenn Otto wieder auf den Fingern pfeift.
Gut, an ihr S-Bahn-Chaos hat sich diese Stadt gewöhnt. Aber am 2. Juni ist die Nacht der Nächte, an diesem Tag wird der Großflughafen Berlin Brandenburg eröffnet. Wenn das mit dem Flughafen jedoch nicht pünktlich klappt, und wenn zuvor, Mitte Mai, auch noch die Hertha absteigen sollte, Berlin also wieder mal die einzige Welt-Hauptstadt ohne Großflughafen und Erstligist wäre, dann . . .
Dann doch lieber den Aufbruch ins Moderne unterbrechen und erneut die Retro-Karte spielen. So wie 2004: Damals gelang es Hans Meyer, heute 69, nach einem ähnlichen Notruf, die Hertha in der Liga zu halten. Auch die Rettungsaktion von Udo Lattek, heute 77, im Jahr 2000 bei Borussia Dortmund ist ein Beispiel für die vitale Erweckungskraft der Senioren. Rehhagel wird in Berlin das Spiel und sich selbst nicht neu erfinden, schon die Griechen ließ er antiken Fußball spielen, der felsenfest auf Säulen stand.
So wurde er 2004 Europameister, wurde zu Rehhakles und noch ein bisschen mehr als ohnehin erleuchtet. Sein Comeback stärkt die Bundesliga als Unterhaltungsbetrieb, als Alternative zum Kino.