Aktuelles Lexikon:Handspiel

Eine klare Sache? Von wegen. Wie am Mittwoch in der Münchner Arena wieder zu sehen war.

Von Martin Schneider

Das mit dem Handspiel sollte im Fußball eigentlich viel einfacher werden. Diejenigen, die die legislative Macht besitzen, haben den Regeltext nämlich erst vor Kurzem auf drei Kriterien reduziert. Strafbar ist, wenn ein Spieler den Ball absichtlich mit der Hand berührt. Strafbar ist auch, wenn ein Spieler die Arme vorm Handspiel so weit vom Körper wegstreckt, dass man von einer "unnatürlichen Vergrößerung" der Körperfläche sprechen kann. Und unmittelbar vor dem eigenen Tor darf der Ball die Hand gar nicht berühren, egal mit welcher Intention. In der täglichen Praxis kommt es vor allem auf die Kriterien eins und zwei an, und das Problem ist: Ob etwas "Absicht" oder "unnatürlich" ist, ist Interpretationssache des Schiedsrichters. Und da interpretiert gerade jeder Schiedsrichter und - was die Sache noch komplizierter macht - manchmal auch jeder Videoschiedsrichter quer über den europäischen Kontinent nach seiner eigenen Laune. Der französische Schiedsrichter Clement Turpin, der im Champions-League-Spiel der Bayern gegen Manchester City zwei Handelfmeter pfiff, legte etwa Kriterium zwei extrem streng zum Nachteil der Verteidiger aus. Andere Unparteiische gestehen Abwehrspielern mehr Bewegungsfreiheit zu. Ohne klare Leitlinien der Verbände kann man als Schiedsrichter aktuell fast jeden Handspielpfiff irgendwie begründen, was auch bei Spielern und Trainern zunehmend den Eindruck der Willkür erzeugt. Vor Gericht, auf hoher See und bei der Handspielentscheidung ist man in Gottes Hand.

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