Handball-WM:Zuschauer müssen doch draußen bleiben

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Sebastian Firnhaber (links) hat Österreichs Daniel Dicker ganz gut im Griff. (Foto: Marius Becker/dpa)

Die deutschen Handballer siegen locker gegen Österreich, die wichtigere Entscheidung wird jedoch in Ägypten getroffen: Die WM findet nun doch ohne Zuschauer statt.

Von Carsten Scheele, Köln/München

Am Sonntagabend absolvierten die deutschen Handballer ein ziemlich lockeres Länderspiel gegen Österreich. So locker, dass die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason zur Halbzeit schon 19:5 (!) führte; so locker, dass ein Leistungsabfall direkt nach der Pause nicht mehr groß ins Gewicht fiel. 34:20, so lautete das Ergebnis im letzten Test vor der Weltmeisterschaft, mit dem das Team des Deutschen Handball-Bundes (DHB) nebenbei auch gleich die Qualifikation für die Europameisterschaft 2022 in Ungarn und der Slowakei perfekt gemacht hat. Bis zur EM ist es noch ein Jahr hin, doch was geschafft ist, ist nun mal geschafft.

Sehr unmittelbar vor der Nase haben die Handballer dagegen die WM in Ägypten, sie beginnt am Mittwoch - und für die wurde, während die Handballer gegen Österreich Tor um Tor herauswarfen, eine ziemlich wichtige Entscheidung verkündet. Wochenlang hatte es Streit gegeben, ob bei einer WM für 32 Mannschaften mitten in der Corona-Pandemie tatsächlich Zuschauer in die Hallen gelassen werden sollen. Hassan Moustafa, der Präsident des Welthandballverbands (IHF), hatte dafür geworben, die Arenen zumindest zu 20 Prozent auszulasten, zuletzt stellten sich jedoch einige der weltbesten Spieler, darunter der deutsche Kapitän Uwe Gensheimer, gegen ihn und drängten ihn per offenen Brief zum Umdenken.

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Mit Erfolg, denn am Sonntagabend gab die IHF nach einem Spitzentreffen mit Vertretern der ägyptischen Regierung bekannt: Die WM findet ohne Zuschauer statt. Die Hallen in Kairo sind zwar nagelneu, Fans sollen jedoch draußen bleiben. "Das wird die Blase, die in Kairo gebildet wird, deutlich sicherer machen", freute sich Bundestrainer Gislason.

Mehr als zehn Corona-Fälle im tschechischen Team

Wobei das mit einer coronafreien WM trotzdem schwierig wird: Allein aus dem tschechischen Team, das am Donnerstag sein erstes Gruppenspiel gegen Schweden abhalten soll, werden mehr als zehn positive Fälle gemeldet, darunter die Trainer Jan Filip und Daniel Kubes. Sollten die Tschechen antreten, würden sie dies mit einer kaum konkurrenzfähigen Mannschaft tun. An Training ist gerade nicht zu denken, aktuell fehlt es vor allem an gesunden Kreisläufern. Müsste schon vor dem WM-Start das erste Spiel verlegt werden, wäre das ein weiterer herber Rückschlag für die Organisatoren.

Die deutsche Mannschaft spielt in Kairo zunächst ohne Druck auf. Nach zahlreichen Absagen wurde die Mannschaft neu formiert; spannend wird insbesondere, wie sich der frisch gebaute Abwehr-Innenblock aus Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt) und Sebastian Firnhaber (HC Erlangen) im WM-Modus bewährt. Gegen Österreich klappte das Zusammenwirken vor allem in der ersten Halbzeit gut, wobei die überforderten Österreicher kaum als echter Gradmesser gezählt werden dürfen. In der Vorrundengruppe A warten zunächst zwei leichtere Partien zum Einspielen, am Freitag gegen Uruguay und am Sonntag gegen WM-Neuling Kap Verde, ehe es am Dienstag darauf gegen die starken Ungarn mutmaßlich zum Duell um den Gruppensieg kommt.

Und dann? Alles kann, nichts muss, so das Motto für diese WM. Ein Medaillenziel hat der Verband vorsorglich nicht ausgegeben. Vizepräsident Bob Hanning hat stattdessen am Wochenende seinen neuen Masterplan verraten: Er finde die ganzen Absagen deutscher Spitzenspieler gar nicht so schlimm, sagte Hanning der Welt am Sonntag. Er sei über die personelle Situation vor der WM "eher erfreut als verärgert", sagte Hanning und erklärte dies mit den - seiner Ansicht nach - gestiegenen Chancen auf eine Olympia-Medaille.

Im Juli und August werden in Tokio die Sommerspiele nachgeholt, der Traum des deutschen Teams ist es, eine Medaille zu gewinnen. "Um das zu schaffen, brauchen wir Spieler, die ein Stück weit ausgeruht sind", findet Hanning. Wenn Weltklassekräfte wie Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek oder Steffen Weinhold die WM also auslassen und drei Wochen ihre Kräfte schonen, könnte im Sommer der ganze deutsche Handball profitieren.

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