Handball-WM:"Sehr, sehr kritisch"

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Einer der besten Handball-Torsteher der Welt: Andreas Wolff. (Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

Nationaltorwart Andreas Wolff äußert sich zum WM-Verzicht seiner Handball-Kollegen. Seine Worte dürften einige Unruhe auslösen.

Von Carsten Scheele

Patrick Wiencek war der Erste. Er wolle seine Familie in der Corona-Pandemie nicht alleine lassen, nur um in Ägypten ein Handballturnier zu spielen, hatte Wiencek erklärt; die Absage des Abwehrspielers für die Weltmeisterschaft ist nun einen Monat her. Seiner Haltung schlossen sich kurz darauf auch Hendrik Pekeler, Steffen Weinhold und Finn Lemke an. Vier Absagen, die der Mannschaft sportlich wehtun, über die beim Deutschen Handballbund (DHB) aber kaum ein kritisches Wort verloren wurde.

Stattdessen gab es: viel Verständnis. Jedem Spieler werde freigestellt, ob er zur WM reise oder nicht, jede Absage sei persönlich nachvollziehbar. Jetzt offenbart sich, dass dies zwar die offizielle Haltung des Verbandes ist, in Teilen der Mannschaft aber kritischer gesehen wird. Andreas Wolff, der Torwart, hat in einem Podcast des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen erklärt, dass er mit den Absagen der Kollegen überhaupt nicht einverstanden ist.

Wolffs Vorwurf trifft vor allem die Kieler Spieler

Er sehe den WM-Verzicht solch wichtiger Spieler "sehr, sehr kritisch", sagte Wolff. Gedanken an die Gesundheit seien zwar wichtig, "gerade für Familienväter ist es natürlich etwas Schweres, seine Kinder diesen Monat zurückzulassen", räumte Wolff ein. Aber: Die Spieler habe es zuvor auch nicht gestört, mit ihren Vereinen monatelang durch halb Europa zu reisen; ein Vorwurf, der vor allem die Kieler Wiencek, Pekeler und Weinhold trifft, die Ende Dezember mit ihrem Klub noch die Champions League gewannen.

"Und jetzt auf einmal bei der WM ist es dann so ein großes Problem, obwohl da die Hygienemaßnahmen, die Sicherheitsmaßnahmen, deutlich höher sind als beispielsweise in den internationalen Wettbewerben", sagte Wolff, der selbst in Polen für Vive Kielce spielt.

Bis 2019 hatte Wolff in Kiel unter Vertrag gestanden, den Klub aber nicht gerade im Guten verlassen. Möglich scheint deshalb auch zu sein, dass er sich von den Absagen persönlich getroffen fühlt: Wolff, 29, zählt zu den besten Torhütern der Welt, er möchte in seiner Karriere noch mal Weltmeister werden. Ein Vorhaben, das zumindest bei dieser WM ohne mehrere Topkräfte ein Stück unwahrscheinlicher geworden ist, zumal die Spitzenspieler anderer Nationen fast ausnahmslos anreisen werden. Wolff sagt, er finde es "bedenklich, dass sich nur die deutschen Spieler so um ihre eigenen Familien sorgen". Die Antwort aus Kiel dürfte bald folgen.

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