Handball:Unter dem Schwert

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Umsonst geackert: Max Horner (re.) erzielte neun Tore, an der Heimniederlage gegen Pfullingen konnte der Rückraumspieler nichts ändern. (Foto: Günther Reger)

Drittligist TuS Fürstenfeldbruck verliert ohne den Corona-infizierten Trainer Martin Wild das Spitzenspiel gegen Pfullingen und fällt auf den dritten Platz zurück. Mit den Infektionszahlen steigt auch die Unsicherheit.

Von Heike A. Batzer

"Die Einschläge kommen gefühlt immer näher", sagt Hendrik Pleines ein wenig sibyllinisch, aber eingedenk der Tatsache, dass er an diesem Handballabend in Fürstenfeldbruck Cheftrainer Martin Wild vertritt, ist eigentlich klar, warum dieser beim Auftakt ins neue Jahr fehlt: Wild habe sich mit Corona infiziert, bestätigt Pleines, "und sofort in Isolation begeben".

Pleines, der die Brucker Panther seit Saisonbeginn als Co-Trainer begleitet und früher dort selbst mal Handball spielte, hatte sich seine Rückkehr in verantwortungsvoller Position freilich anders vorgestellt als mit einer 32:35-Niederlage: "Schade, dass wir so aus der Winterpause gekommen sind." Das Drittliga-Team hat mit Gegner Pfullingen die Plätze getauscht, ist vorerst auf Platz drei abgerutscht und würde damit die Aufstiegsrunde verpassen.

Bislang ist die Mannschaft gut durch die Pandemie gekommen. Vor knapp zwei Jahren gab es einen Fall, das einjährige Gastspiel in Liga zwei wurde infektionsfrei überstanden, obwohl Fürstenfeldbrucks Handballer neun Monate lang in ganz Deutschland unterwegs waren und sich als Studenten oder Berufstätige in keine Blase begeben konnten wie manche unter Profibedingungen arbeitenden Konkurrenzklubs. Doch derzeit sei wegen Omikron unklar, wie sich die Pandemie in den nächsten Wochen entwickeln werde, weiß Pleines: Ob die Runde überhaupt zu Ende gespielt werden könne oder wie lange man vor Zuschauern spielen dürfe - alles unsicher.

Im Duell mit dem VfL Pfullingen um Platz zwei und damit um den einen Platz für die Aufstiegsrunde, den der souveräne Tabellenführer Konstanz (30:0 Punkte) übrig lassen wird, sind 200 Zuschauer erlaubt - mit Nachweis der 2-G-plus-Regel, mit FFP2-Masken und ausreichend Abständen auf der Tribüne. Doch auch dem Publikum, das aus Jahreskarteninhabern und ein paar Gästefans besteht, ist an diesem Abend eine gewisse Erschöpfung anzumerken. Die Unterstützung von den Rängen gerät weniger enthusiastisch als sonst, das Spiel der Gastgeber tut ein Übriges. Fürstenfeldbrucks Handballer kommen nur schwer in die Partie, in der ersten Viertelstunde will so gar nichts klappen. Sie liegen bereits 8:13 zurück (19.), ehe sie sich herankämpfen auf einen knappen und doch noch aussichtsreichen 16:17-Pausenrückstand.

"Wir müssen zusehen, dass wir den negativen Flow durchbrechen", sagt Interimscoach Pleines

Dass sie später sogar zweimal in Führung gehen (21:20, 22:21), bleiben Kurzzeiterfolge, eine Wendung können sie dem Spiel nicht geben. Nach dem 25:25 (43.) setzt die Konfusion der ersten Viertelstunde wieder ein, acht Minuten lang gelingt den Gastgebern kein Treffer mehr, die Gäste ziehen auf 31:25 davon (50.). Das Aufbäumen bleibt aus, auch weil im Angriff zu viele Bälle den beiden gegnerischen Torhütern in die Hände fallen, auch weil am Ende drei Siebenmeter vergeben werden. "Es war unser Unvermögen", urteilt deshalb Mittelmann Yannick Engelmann über die Teamleistung: "Wir haben Fehler gemacht, die dürfen in der dritten Liga nicht passieren. Wir haben uns das Leben selber schwer gemacht."

Die Zweikampfqualität, die den Zweitliga-Absteiger normalerweise auszeichnet, lässt dieser gegen Pfullingen über weite Strecken vermissen. In der Mannschaft von der Schwäbischen Alb indes zeigen sich vor allem einzelne Protagonisten enorm durchsetzungsstark: Niklas Roth (elf Tore) und Christopher Rix (zehn) machen zu zweit 60 Prozent aller Pfullinger Tore. Und wenn es schon mal nicht läuft, dann mag auch das Glück nicht mehr helfen: Wie beim neunfachen Torschützen Max Horner, als dieser zu seinem vierten Siebenmeter ansetzt und der Ball von der Lattenunterkante auf die Torlinie springt, dort ein wenig entlangtänzelt und sich dann entscheidet, wieder zurück ins Spielfeld zu rollen. Oder bei Tobias Prestele, der in der Schlussminute einen weiten Pass von Philipp Hlawatsch aufnimmt, den Ball aber dann unglücklich ins Aus springen lässt. Pfullingens Daniel Brack greift die Szene später, als beide Trainer ihre Statements abgeben, sogar als Beispiel dafür auf, was bei den Fürstenfeldbruckern diesmal alles schief ging, was ihnen beim 33:30-Hinspielsieg noch gelungen war.

Noch immer freilich fehlen dem TuS Fürstenfeldbruck einige Langzeitverletzte, nach und nach sollen die nun im Februar und März zurückkehren aufs Spielfeld. Trotz eines knappen Kaders sind sie überraschend gut mit neun Siegen hintereinander in die Saison gestartet. Seit der Niederlage gegen Konstanz Mitte November aber stockt die Erfolgsserie, alle sieben Minuspunkte haben sie sich seither eingefangen. "Wir müssen zusehen, dass wir den negativen Flow der letzten Wochen durchbrechen", sagt deshalb Interimscoach Pleines. Vielleicht ist ihnen auch Bracks Resümee Trost und Ansporn. Die Brucker Panther seien "ein fantastisches Team", lobt der Pfullinger Trainer noch in der Halle: "Bei keiner Mannschaft sehe ich eine so klare Struktur und Rollenverteilung. Das ist beeindruckend." Aber auch Brack schaut mit Sorge auf die Pandemie: "Über uns schwebt aktuell schon irgendwie ein Schwert, und wir können nicht zu hundert Prozent sagen, wie es aussieht und wann es fällt."

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