Handball:Immer wieder von vorne

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Abschied voller Emotionen: Ein halbes Dutzend Spieler feiert ein letztes Mal mit den Fans in Fürstenfeldbruck. (Foto: Leonhard Simon)

Der TuS Fürstenfeldbruck ist der klassenhöchste Verein Südbayerns. Weil ihm für Profihandball die Mittel fehlen, muss er seine besten Spieler regelmäßig ziehen lassen - diesmal verlassen ihn gleich sechs.

Von Heike A. Batzer

Sisyphos muss einen Felsbrocken immer wieder nach oben rollen. Eine Aufgabe, die nie zu Ende ist und immer wieder von vorne beginnt. Ein bisschen wie der tragischen Figur aus der griechischen Mythologie ergeht es Martin Wild. Der ist Handballtrainer beim Drittligisten Fürstenfeldbruck, formt seit Jahren aus jungen Talenten formidable Nachwuchshandballer und weckt damit das Begehr höherklassiger Vereine. Seine Besten muss er dann abgeben und danach den Stein erneut nach oben rollen. "Es ist ein Stück weit immer wieder frustrierend, die Spieler nicht halten zu können", bekennt der 43-Jährige, der eine A-Lizenz besitzt. Gerade eben ist die Lage wieder besonders entmutigend. Gleich sechs Stammkräfte verlassen den Verein in zwei Wochen, wenn die Saison zu Ende ist. Das sind außergewöhnlich viele, und bis auf Korbinian Lex - der 30 Jahre alte Kapitän hört auf - drängen alle nach oben. Stephan Seitz, Max Horner, Tim Kaulitz, Benedikt Hack und Torhüter Louis Oberosler sind allesamt erst zwischen 19 und 23 Jahre alt und wollen sich nun Vereinen der ersten und zweiten Bundesliga anschließen.

Beim letzten Drittliga-Heimspiel gegen Oppenweiler/Backnang, das die Brucker Panther mit 40:27 Toren gewinnen und sich damit einen Startplatz in der DHB-Pokal-Hauptrunde für die nächste Saison sichern, werden sie verabschiedet. Die Zuschauer, die nach den Corona-Beschränkungen wieder in die Halle dürfen und sich bemühen, die euphorische Stimmung der Vor-Corona-Zeit abzurufen, huldigen ihnen ein letztes Mal. Schon Minuten vor dem Ende der Partie erheben sie sich von ihren Plätzen und begleiten die letzten Spielszenen mit Dauerapplaus. Stephan Seitz ist schon in dieser Saison per Doppelspielrecht an den Erstligisten HC Erlangen gebunden gewesen und wird künftig nur noch für die Franken spielen. Max Horner (Lübeck-Bad Schwartau) und Benedikt Hack (Rimpar) zieht es in die zweite Liga, Tim Kaulitz soll ebenfalls Optionen aus dem Bereich Bundesliga haben, und auch Louis Oberosler kann oder will seinen neuen Verein noch nicht bekannt geben. SZ-Informationen zufolge ist es Erstligist Bergischer HC.

Trainer Wild weiß, dass das Interesse anderer Klubs auch die eigene Arbeit bestätigt

Schon in der Zweitligasaison ein Jahr zuvor haben die jungen Handballer aus Fürstenfeldbruck auf sich aufmerksam gemacht. Zum Klassenerhalt hatte es damals zwar nicht gereicht, doch immer wieder hatte die Konkurrenz ihre Hochachtung vor den Leistungen der Brucker Panther kundgetan. Seit Jahren zeichnet sich Martin Wilds Team dadurch aus, dass es stets an seine Grenzen zu gehen bereit ist. Nur selten kommt ein Spiel dazwischen, in dem so gar nichts gelingen will. Als sie nach dem Abstieg zurück waren in Liga drei, mischten sie ihre Spielgruppe gleich einmal mit neun Siegen nacheinander auf. "Die Hinrunde war herausragend", sagt deshalb Martin Wild. Dass es am Ende nicht zur Teilnahme an der Aufstiegsrunde gereicht hat, führt er auch auf die vielen Corona-Fälle im Team ausgerechnet in der entscheidenden Saisonphase zurück. Doch ein neuerlicher Aufstieg wäre personell und finanziell kaum zu stemmen gewesen. Seit Jahren müht sich der klassenhöchste Handballverein Südbayerns, seine finanzielle Basis zu verbessern, um professionellen Handball irgendwann einmal dauerhaft möglich zu machen. Die Corona-Zeit war dabei ein Rückschlag.

Für Trainer Wild geht es deshalb in der dritten Liga wieder von vorne los: Neue Spieler akquirieren, sie an die Spielklasse gewöhnen. Valentin Schell (Rechtsaußen), Marco Silvestri (Linksaußen) und Ivan Bilic (Torhüter) sind Zugänge aus dem Nachwuchsreservoir des TSV München-Allach, aus dem unter anderem Seitz und Oberosler stammen. Ja, auf ihn warte viel Arbeit, weiß Wild. Und die Gefahr, dass die jungen Leute den Verein dann alsbald wieder verlassen könnten. Doch er weiß auch, "dass das schon auch total für uns spricht".

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